„Art Libre“Der älteste Kunstverein der Stadt darf endlich (wieder) in Esch ausstellen

„Art Libre“ / Der älteste Kunstverein der Stadt darf endlich (wieder) in Esch ausstellen
Die Spannung steigt: letzte Vorbereitungen am Tag vor der Vernissage  Foto: Editpress/Alain Rischard

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Der mit 75 Jahren älteste Kunstverein der Stadt Esch trägt stolz den Namen „Art Libre“. An die 50 Hobbykünstler verwandeln zwei Mal wöchentlich die Kellerräume der Bruchschule in kreative Werkstätten. In ausnehmend guter Atmosphäre wird getöpfert, gemalt und auch Kurse in Seidenmalerei werden angeboten. Leider war es dem Klub bis dato verwehrt, eine Ausstellung mit seinen Kunstobjekten in seinem Heimatort zu veranstalten. Das ist aber ab heute vorbei.

Seit der Schließung der kleinen städtischen Kunstgalerie nahe des Stadthausplatzes wurden sämtliche Anfragen der Vereinsverantwortlichen abgeschmettert. Für Amateurkünstler stünden keine entsprechenden Ausstellungsräumlichkeiten zur Verfügung, war stets die lapidare Antwort.

Am Freitag ist es nun doch so weit. In der Galerie des Escher Theaters werden unter dem Motto „Hommage un de Minette“ eine Vielfalt an Werken aus den Sparten Malerei, Töpferei und Seidenmalerei einen Überblick über das vielfältige Schaffen und Können der Freizeitkünstler des „Art Libre“ geben. „Wir freuen uns über die Anerkennung, die wir erfahren. Und dies im Kulturjahr Esch22!“, begeistert sich Präsidentin Gisèle Hentges. „Auch wenn uns umliegende Gemeinden die Gelegenheit zu kleineren Präsentationen boten, so geht jetzt ein Herzenswunsch in Erfüllung. Es wurde allmählich frustrierend, unsere Kreationen nie vor heimischem Publikum und nur im kleinen Kreis zeigen zu können. Unsere drei Sparten Malerei, Töpferei und Seidenmalerei werden in der Theatergalerie vertreten sein“.

Gründung 1947

In der Tat hat der kurz nach dem Zweiten Weltkrieg 1947 unter dem Namen „Amis de la Peinture“ gegründete Verein im Laufe der Jahre mit der Moderne Schritt gehalten. Sollte der Klub laut Statuten anfangs den Hobbykünstlern „zur Stütze und zur weiteren Ausbildung auf dem Gebiet der Maler- und Zeichenkunst“ dienen, so wurden mit der Umbenennung in „Art Libre“ die Aktivitäten auf weitere künstlerische und kunsthandwerkliche Bereiche ausgedehnt. So kamen das Töpfern und nachfolgend die Seidenmalerei hinzu.

Als nun Kulturschöffe Pim Knaff Ende letzten Jahres die gute Nachricht überbrachte, „Art Libre“ könne eine Ausstellung im Escher Theater vorbereiten, war die Begeisterung groß. Knaff hatte sich seit seiner ersten Begegnung mit dem dynamischen Verein dafür starkgemacht, eine passende Stätte zu finden. Die alteingesessene kulturelle Organisation sollte nicht außen vor bleiben. Sofort gingen die Hobbykünstler das doch beachtliche Vorhaben mit viel Enthusiasmus und in bester Stimmung an. Knappe acht Monate blieben zur Umsetzung. Zuerst galt es ein Motto zu finden und ein Konzept zu erstellen. Die Teilnehmer waren sich bereits nach der ersten Zusammenkunft einig. „Art Libre“ wollte dem Minett Ehre zollen und das Thema „rote Erde“ sollte sich wie ein roter Faden durch die Werke ziehen.

Doch wie bringen es neun Malerinnen in so kurzer Zeit fertig, jede Menge Bilder zu realisieren? „Kein Problem für uns“, sagt die bekannte Künstlerin Milly Delage-Richter, die bereits seit 20 Jahren die Acryl-Malkurse bei „Art Libre“ betreut und für diesen Teil der Ausstellung verantwortlich zeichnet. „Wir deckten uns mit den notwendigen Materialien wie spezieller roter Farbe und tauglichen Rostpartikeln ein. Dann ließ jeder seiner Fantasie und Kreativität freien Lauf. Hilfestellung gab es jederzeit, wenn gewünscht, von mir.“ Und Nadia Viola verrät: „Auch wenn es gegen Schluss manchmal eng zu werden schien, konnten alle Werke fertiggestellt werden. Wir blieben immer guten Mutes und die hervorragende Atmosphäre in der Gruppe gab uns Antrieb.“ Nathalie Rosenbaum, die ihren ersten Malkurs belegt hatte, gesteht ihrerseits: „Ich bin jetzt kurz vor der Vernissage doch sehr aufgeregt. Ich wurde regelrecht ins kalte Wasser geworfen, doch die Gruppe – alles Frauen – konnte mich immer wieder motivieren. Die meisten sind schon Jahrzehnte dabei und sehr erfahren. So gelang es mir, etwas ganz Annehmbares auf die Leinwand zu bringen.“ Insgesamt opferten die Hobbymalerinnen an zwanzig Abenden jeweils drei Stunden. Jede Hobbykünstlerin gestaltete zwei Bilder. Die Wände der Theatergalerie sind demzufolge wohl bestückt, zudem noch einige ältere Werke die Vorstellung abrunden.

Etwas Besonderes

Die Künstlerinnen sind guter Dinge
Die Künstlerinnen sind guter Dinge Foto: Editpress/Alain Rischard

Wie steht es um die Abteilungen Keramik und Seidenmalerei? Ganz „cool“ geben sich die Keramiker und Keramikerinnen kurz vor dem großen Tag der Eröffnung. Je nach Größe der entworfenen Objekte haben sie pro Person sechs bis ein Dutzend Exponate entworfen. Auch hier dominiert die rostrote Farbe und man spürt, dass den Künstlern in ihrer Fantasie keine Grenzen gesetzt waren. Ausgestellt werden die manchmal doch erstaunlichen Kreationen auf Sockeln und in Vitrinen. So bekommt man einen hervorragenden Überblick über das beachtliche handwerkliche Geschick der Amateure. „Wir wollten für diese Ausstellung etwas Besonderes schaffen“, erläutert Marie-Jeanne Leider. „Das ist uns gelungen. Doch bis zum Schluss sind wir nicht auf der gewonnenen Seite. Wir können erst aufatmen, wenn unsere Stücke heil aus dem Ofen kommen. Und nicht in tausend Scherben zersplittert sind. Das Brennen bleibt immer eine große Unbekannte. Doch wir sind zuversichtlich, das Publikum in Erstaunen versetzen zu können.“

Die vier Seidenmalerinnen ihrerseits wollten etwas ganz Neues bringen. „Wieder einmal Schals oder bemalte Stoffstücke zu zeigen, schien uns für eine solche Ausstellung zu langweilig“, sagt Eliane Petesch. „So gingen wir neue Wege, zerschnitten fertige Objekte und arrangierten sie zu modernen Schöpfungen, häkelten mit den geschnittenen Streifen und wendeten verschiedene Techniken an, um Ungewohntes zu schaffen“.

Es lohnt sich auf jeden Fall, den ältesten Kunstverein Eschs näher kennenzulernen. „Wir wünschen uns viele interessierte Besucher und freuen uns, dass „Art Libre“ über die Mauern der Bruchschule hinaus etwas sichtbarer wird. Denn Amateurkunst ist absolut nicht gleichbedeutend mit Dilettantismus. Obwohl unsere Kurse und kreativen Abende gut besucht sind und auch zahlreiche junge Leute den Weg zu uns gefunden haben, freuen wir uns, unser Können und unsere Kreativität einem weitgefächerten Publikum vorstellen zu können. Diese Ausstellung bedeutet eine große Anerkennung für uns“, schließt Präsidentin Hentges.

„Art Libre“ im Escher Theater

23. September bis 8. Oktober
Escher Theatergalerie
122, rue de l’Alzette
Dienstags bis samstags von:
14.00-18.00 Uhr