EditorialDen Weg in die EU wird die Ukraine in einem Marathon bewältigen, nicht im Sprint

Editorial / Den Weg in die EU wird die Ukraine in einem Marathon bewältigen, nicht im Sprint
V.l.: der Präsident des Europäischen Rates Charles Michel, der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, während des EU-Ukraine-Gipfels am Freitag in Kiew Foto: Uncredited/Ukrainian Presidential Press Office/AP/dpa

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Die ukrainische Regierung hat es eilig. Im Rekordtempo will sie der Europäischen Union beitreten. Noch in diesem Jahr sollen die Beitrittsverhandlungen beginnen, sagte der ukrainische Regierungschef Denys Schmyhal. Bereits Ende des Jahres 2024 könnte sein Land für den Beitritt zur Union bereit sein, meinte er diese Woche in einem Interview. Die EU-Spitzen dürften ihre Mühen gehabt haben, bei ihrem Gipfeltreffen dieser Tage in Kiew die Erwartungen ihrer ukrainischen Gesprächspartner in realistischere Zeithorizonte zu lenken. Denn allein die Ambitionen und Überzeugungen reichen nicht für eine EU-Mitgliedschaft.

Die Entschlossenheit, mit der es die Ukraine in die EU drängt, beschränkt sich nicht allein auf die Regierung des Landes. Vor rund zehn Jahren entschieden sich die Menschen auf den Straßen Kiews bereits für den EU-Kurs ihres Landes, als sie mit wochenlangen Protesten auf dem Maidan-Platz ihren damaligen Präsidenten Wiktor Janukowitsch dazu zwingen wollten, das ausgehandelte Assoziationsabkommen mit Brüssel zu unterzeichnen. Schon damals war klar, dass der russische Machthaber Wladimir Putin die Ukraine verloren hatte. Ab diesem Moment hat er die ukrainische Bevölkerung für ihre Entscheidung unter Druck gesetzt. Sein Versuch, mit äußerster Gewalt die Ukraine von ihrem Drang nach Westen abzuhalten, ist gescheitert. Die Ukrainerinnen und Ukrainer wollen nicht in Putins „russischer Welt“ leben, bloß damit er seine imperialen Träume ausleben und die Ukraine gemeinsam mit Belarus quasi als Puffer gegen einen vermeintlich „dekadenten Westen“ einsetzen kann. Die Menschen in der Ukraine wollen Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und bürgerliche Freiheiten. Putin jedoch bietet nur staatliche Willkür, Gewalt, Unterdrückung.

Doch kein Land hat je einen so hohen Preis gezahlt für seinen Wunsch, der Europäischen Union und allem, was sie ausmacht, anzugehören, wie die Ukraine. Dieser Umstand bringt Kiew ein weitgehendes Wohlwollen der EU-Staaten entgegen. Was sicherlich auch die Erlangung des Kandidatenstatus beschleunigt hat, der dem Land im Juni vergangenen Jahres verliehen wurde. Dennoch wird es, bei allem Eifer, den die Regierung in Kiew an den Tag legt, weitaus länger dauern, bevor der Beitritt vollständig vollzogen werden kann, als es Präsident Wolodymyr Selenskyj und seinem Premierminister lieb ist. Und es ist die Aufgabe der EU-Spitzen, dies klar und deutlich zu sagen. Andere Beitrittskandidaten taten sich bereits in Friedenszeiten schwer damit, alte Laster zu beseitigen und ihre staatlichen, politischen und wirtschaftlichen Strukturen derart umzubauen, dass sie den in der EU geltenden Ansprüchen entsprachen. Und doch geraten manche Mitgliedstaaten immer noch auf die schiefe Bahn.

Die Ukraine hat dieser Tage zwar gezeigt, dass sie beispielsweise den Kampf gegen die Korruption auf höchster staatlicher Ebene konsequent angeht. Anders etwa als Ungarns Regierung unter Viktor Orban. Dennoch sollte die ukrainische Regierung nicht zu sehr drängen und sich stattdessen auf das derzeit Wesentliche konzentrieren: so schnell wie möglich diesen Krieg hinter sich zu bringen. Derweil erhält das Land nicht nur dazu jede Unterstützung von den EU-Staaten, die es braucht. Die Ukraine dürfte zudem als Beitrittskandidat eine privilegierte Behandlung erhalten. Ansonsten bleibt es dabei: Den Weg in die EU wird die Ukraine in einem Marathon bewältigen, nicht in einem Sprint, wie der EU-Haushaltskommissar Johannes Hahn dieser Tage im EU-Parlament erklärte.

Romain
6. Februar 2023 - 20.43

Warum nicht in die EU beitreten. Sie sind genau so korrupt wie EU und Staatsbeamte.

carlomathias.goebel
4. Februar 2023 - 19.06

Weder in die EU noch in die NATO. Denn diese beiden Institutionen sind mit Schuld an diesem Krieg, wegen ihrer Expansionspolitik gen Osten.

Puschkin
4. Februar 2023 - 16.04

Hoffentlich dauert es noch s e h r lange. Kurzfristig wäre Europa dann endlich im Krieg und nicht mehr nur Zuschauer, Freund, Waffen-und Geldlieferant.