Demonstrieren, um die Justiz zu retten

Demonstrieren, um die Justiz zu retten
Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Die Unabhängigkeit der Justiz liegt für viele Polen wortwörtlich in der Hand ihres Präsidenten. In Windeseile trieb die nationalkonservative Warschauer Regierung eine umstrittene Reform zum Obersten Gericht durch den Sejm. Am Freitag debattierte bereits der Senat über den Entwurf. Seine Zustimmung galt als sicher, weil auch dort die Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) die Mehrheit hat. Dann muss nur noch Präsident Andrzej Duda unterschreiben.

Aber bisher stoßen alle Einwände gegen die Reform der polnischen Justiz auf taube Ohren: Unbeirrt treibt die Regierung den Umbau voran. Am Freitag debattierte bereits der Senat über den Entwurf. Seine Zustimmung galt als sicher, weil auch dort die Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) die Mehrheit hat. Dann muss nur noch Präsident Andrzej Duda unterschreiben.

„Wir wollen ein Veto“

Um das Staatsoberhaupt davon abzuhalten, hatten am Donnerstag Zehntausende vor dem Warschauer Präsidentenpalast demonstriert. „Freies europäisches Polen“, riefen um Demokratie und EU-Mitgliedschaft ihres Landes besorgte Bürger auch in Städten wie Krakau, Breslau und Posen. Sie forderten: „Wir wollen ein Veto!“

Die umstrittene Justizreform Polens sorgt auch in Luxemburg für Proteste. Die Demonstranten vor der polnischen Botschaft versuchten, ihren Sorgen und Ängsten Gehör zu verschaffen. Die Stimmung bei den Protestlern in Luxemburg sei bedrückt, die Gesichter angespannt, schilderte ein Anwesender.

Europaweit hagelt es Kritik

Für Empörung sorgen die Reformpläne auch in befreundeten Nachbarländern Polens. In einer gemeinsamen Erklärung warnten die höchsten Richter Tschechiens am Freitag vor der Zerstörung des Rechtsstaates. Es komme nun in Polen zu einem beispiellosen Angriff auf die Unabhängigkeit des Gerichtswesens, erklärten die Vorsitzenden des Verfassungsgerichts, des Obersten Gerichts und des Oberverwaltungsgerichts in Tschechien.

Ähnlich äußerten sich auch die höchsten Richter der Slowakei. Das Oberste Gericht in Bratislava veröffentlichte eine in dieser Form bisher ungekannte Kritik an einem befreundeten Land: „Das beschlossene Gesetz über das Oberste Gericht der Republik Polen kann dessen Unabhängigkeit bedrohen und würde so dessen Unterordnung unter die Exekutivgewalt ermöglichen.“

Die EU droht Warschau wegen des Justizumbaus Sanktionen an. Die EU-Kommission könne ein Verfahren nach Artikel 7 des EU-Vertrages einleiten. Dieser sieht bei „schwerwiegender und anhaltender Verletzung“ der im EU-Vertrag verankerten Werte als schwerste Sanktion eine Aussetzung der Stimmrechte des Mitgliedstaates vor. Am kommenden Mittwoch will die EU-Kommission erneut über Polen beraten.