/ 40 Jahre Rehazenter: „Das Schönste ist ein glücklicher Patient“
Das Rehazenter in Luxemburg feiert 40-jähriges Bestehen. 38 Jahre davon war Dr. Gérard Grenot Leiter der Einrichtung. Vor zwei Jahren hat Dr. Anja Dekant diese Position übernommen. Sie erzählt von der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft des Rehazenters.
Tageblatt: Wie hat sich das Rehazenter seit seinen Anfängen entwickelt?
Dr. Anja Dekant: Die Entwicklung ist aus meiner Sicht sehr positiv. Unter Dr. Gérard Grenot, der die ersten 38 Jahre Direktor war, ist das Rehazenter langsam gewachsen. Sehr adäquat im Zusammenhang mit den Möglichkeiten, die die Einrichtung im Land hatte. Nach und nach wurden Kompetenzen entwickelt und es wurde sich auf verschiedene Bereiche spezialisiert. Eine große Entwicklung nach vorn war der Umzug nach Kirchberg, wo dann auch mehr Räumlichkeiten zur Verfügung standen.
Was sind die wichtigsten Fälle, die das Rehazenter heute behandelt?
Polytraumatisierte Patienten. Also jene, die meist bei Unfällen mehrere Verletzungen an mehreren Körperstellen davontragen. Menschen, die unter komplexen Krankheitsbildern leiden. Aber auch Patienten mit neurologischen und chronischen Erkrankungen oder Lähmungen und solche, die Hüft- oder Knieendoprothesen haben.
Was sind die Behandlungsmethoden?
Begonnen wird mit einer ärztlichen Visite. Dann wird ein Behandlungsprogramm vom Arzt festgelegt. Wir arbeiten multidisziplinär – die Behandlung wird von mehreren Spezialisten durchgeführt. Darunter befinden sich zum Beispiel Krankengymnasten, Psychomotoriker, Ergotherapeuten, Logopäden und Orthoptisten. Wir haben zudem Psychologen und Sozialarbeiter mit an Bord. Und nicht zu vergessen die Pfleger, die sowohl die ambulanten als auch die stationären Patienten betreuen.
Welche Art von Patienten wird im Rehazenter behandelt?
Verschiedene. Der Altersdurchschnitt unserer Patienten liegt bei 52 Jahren. Wir haben aber auch ältere Patienten. Das hängt vom körperlichen Zustand ab. Wenn jemand älter und noch in guter Verfassung ist, sodass er mehrere Therapien am Tag machen kann, dann nehmen wir diesen auch auf. Wir haben viele Patienten, die berufstätig sind. Eine unserer Hauptaufgaben ist es, diese sowohl wieder zurück in das soziale als auch in das professionelle Leben zu bringen.
Gibt es eine Warteliste für das Rehazenter?
Wir haben manchmal noch Wartelisten. Diese sind aber kürzer geworden. Wie arbeiten daran, sie noch weiter zu reduzieren. Genauso arbeiten wir daran, intern unsere Prozesse massiv zu verbessern – damit wir Patienten schneller aufnehmen und sie ihrem Zustand entsprechend über Netzwerke an nachgeordnete Einrichtungen überweisen können. Die Betreuung von Kindern wird in Zukunft ebenfalls verbessert.
Was ist mit den Patienten, die nicht warten können?
Diese versuchen wir natürlich, unterzubringen. Was die Aufnahme betrifft, arbeiten wir mit Kriterien. Die Ärzte besuchen von unserer Seite aus die Kliniken und sehen sich die Patienten an. Im Hausgremium gibt es dann die sogenannten „réunions de lits“, in denen die Ärzte einer Fachrichtung untereinander besprechen, welcher Patient prioritär behandelt werden muss. Auch hier ist eine gute Kommunikation mit den Krankenhäusern sehr wichtig.
Was sind die größten Herausforderungen der Zukunft?
Eine älter werdende Bevölkerung adäquat zu versorgen. Und auch die wachsende Bevölkerungszahl. Für die Zukunft brauchen wir etwas mehr Betten. Die immer älter werdenden Patienten leiden auch öfter unter mehr als nur einer Erkrankung gleichzeitig. Aufgrund dieser Multimorbidität ist es auch sehr wichtig, dass wir landesweit gut mit den anderen Gesundheitseinrichtungen vernetzt sind und zusammenarbeiten. Wir müssen Netzwerke bilden, die den Patienten dem Stadium ihrer Erkrankung entsprechend behandeln. Gute Partnerschaften auf Landesebene sind unumgänglich.
Und technologisch?
Es muss eine höhere Bereitschaft entstehen, elektronische Patientenakten in einem Netzwerk schnell auszutauschen. Dadurch kann der Patient zügig und effizient behandelt werden. Insgesamt beschäftigen wir uns fortlaufend mit neuen Technologien, um unseren Patienten bestmöglich helfen zu können.
Was sind Ihre Wünsche für die Zukunft?
Im „Plan hospitalier“, der am 1. April in Kraft treten wird, sind etwas mehr Betten für uns vorgesehen. Wir möchten gerne mehr wachsen. Auch wollen wir ein noch besserer Partner für alle Kliniken in Luxemburg werden – natürlich als autonome Struktur. Mein Ziel ist eine wirklich gute Zusammenarbeit mit Kranken- und auch Pflegehäusern.
Was ist ein Erfolgserlebnis aus Ihren zwei Jahren als Direktorin?
Das schönste Erlebnis ist immer ein glücklicher Patient, wenn wir ihm helfen konnten. Und dass mir meine Mitarbeiter, der Verwaltungsratspräsident und Gesundheitsministerin Lydia Mutsch das Gefühl geben, dass ich in Luxemburg und im Rehazenter zu Hause bin.
Von Melody Hansen
Ein Patient berichtet
An den 15. April 2014 kann sich Christian genannt „Tittes“ Ewertz, 58, erinnern, als wäre es gestern gewesen. Es war der Tag, an dem er einen Schlaganfall erlitt. Drei Tage verbrachte der gelernte Elektriker zunächst auf der Intensivstation. An diese Zeit kann er sich allerdings nicht mehr erinnern. An den Rest schon.
Als er wieder bei Bewusstsein war, musste er feststellen, dass sein Leben nicht mehr so war wie davor. „Ich konnte nicht mehr sprechen und war rechtsseitig gelähmt. Es war ein echter Schock für mich.“ Nach drei Tagen Intensivstation folgte zunächst ein monatelanger Krankenhausaufenthalt. Dann kam Ewertz ins „Rehazenter“. Nach und nach ging es wieder bergauf. Stück für Stück verbesserte sich sein Gesundheitszustand. „Im Rehazenter war ich zunächst vier Wochen lang. Ich musste wieder sprechen und gehen lernen.
Den Bewegungsablauf sozusagen wieder neu erlernen.“ Auf dem Programm standen u.a. Massagen und Übungen beim Physiotherapeuten. Nach vier Wochen setzte Ewertz die Therapie ambulant fort. Drei Mal die Woche fuhr er zur Rehabilitation dorthin. Es ging weiter aufwärts. Irgendwann konnte er den Rollstuhl, auf den er seit dem Schlaganfall angewiesen war, verlassen. „Ich bekam Krücken und erlangte damit einen Teil meiner Bewegungsfreiheit wieder“, so Ewertz, der früher einmal ein ganz guter Fußballspieler war.
Und wie geht es ihm heute? Die rechte Hand kann er immer noch nicht ganz bewegen. Aber er wusste sich zu helfen. Aus dem Rechtshänder ist mittlerweile ein Linkshänder geworden. Er ist künstlerisch tätig geworden und malt. Über seine Zeit im „Rehazenter“ sagt er, dass sie prima war. „Das Personal dort ist sehr kompetent und zuvorkommend. Mir wurde da richtig gut geholfen. Ich bin einfach nur dankbar, dass ich nach dem Schlaganfall wieder zurück ins Leben gefunden habe.“
Von Laurent Graaff
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