Das Ringen im Europaparlament geht weiter: Schützenhilfe für Vestager, Streit um Weber

Das Ringen im Europaparlament geht weiter: Schützenhilfe für Vestager, Streit um Weber

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Wer wird der nächste Präsident der EU-Kommission? Das Europaparlament, die europäischen Parteien und die Staats- und Regierungschefs ringen um die Macht.

Von unserem Korrespondenten Eric Bonse, Brüssel

Zwei Tage nach der Europawahl herrscht in Brüssel schon wieder Wahlkampf-Stimmung: Die europäischen Parteienfamilien und die Staats- und Regierungschefs der 28 Mitgliedstaaten buhlen um den begehrten Posten des EU-Kommissionspräsidenten.

Um die Nachfolge von Jean-Claude Juncker bewerben sich drei Spitzenkandidaten: Manfred Weber, Frans Timmermans und Margrethe Vestager. Nur sie können sich nach der Europawahl noch Chancen ausrechnen, eine Mehrheit im neuen Europaparlament zu erhalten.

Die Grüne Ska Keller und ihr Mitbewerber Bas Eickhout hingegen, die bei der EU-Wahl eine „grüne Welle“ losgetreten hatten, sehen sich eher als Königsmacher. So ließ Keller erstmals durchblicken, dass sie Vestager als Spitzenkandidatin anerkennen will. Zudem sprach sich die deutsche Grünen-Politikerin für eine Frau an der Spitze der EU-Kommission aus. Es sei „höchste Zeit“, dass es bei den Spitzenposten ein ausgewogenes Verhältnis von Männern und Frauen gebe: „Wenn wir die Europäer vertreten wollen, können wir nicht die Hälfte der Bevölkerung ignorieren.“

Grünes Licht für Vestager

Die grüne Schützenhilfe für Vestager ist nicht selbstverständlich. Die liberale Dänin hat nämlich als Teil eines mehrköpfigen Teams kandidiert, nicht als einsame „Spitze“. Die Liberalen lehnen das System der Spitzenkandidaten als undemokratisch ab, weil es keine EU-weiten Wahllisten gibt. Außerdem sehen sie die großen Parteien durch das 2014 eingeführte System bevorzugt. Um gewählt zu werden, braucht Vestager allerdings nicht nur eine Mehrheit im Parlament, sondern auch grünes Licht der EU-Staaten. Das ist jedoch längst nicht sicher. Die Staats- und Regierungschefs, die sich am Dienstag Abend in Brüssel zu einem informellen Abendessen trafen, sind heillos zerstritten.

Hinter Vestager stand bisher vor allem der niederländische Premier Mark Rutte. Bei einem liberalen Vor-Gipfeltreffen in Brüssel am Nachmittag äußerte er sich jedoch ausweichend. „Selbstverständlich haben wir mit Frau Vestager eine sehr starke Kandidatin“, sagte dagegen Luxemburgs Premier Xavier Bettel. Unterstützung signalisierte auch der finnische Premier Juha Sipilä. Gesunken sind hingegen die Chancen des deutschen Spitzenmanns Manfred Weber. Seine konservative Europäische Volkspartei konnte bei der Europawahl zwar wie gewohnt die meisten Sitze erobern. Die EVP-Fraktion ist jedoch kräftig geschrumpft – und der Widerstand gegen Weber wächst.

Weber mit null Chancen?

Nach Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron sprach sich am Dienstag auch der portugiesische Ministerpräsident António Costa gegen Weber aus. Der CSU-Politiker habe „null Chancen“, zum Kommissionschef aufzusteigen, sagte er in einem Interview. Im Rat, der Vertretung der 28 EU-Länder, stoße er auf „fast absolute Zurückweisung“.

Das sieht die deutsche Kanzlerin Angela Merkel natürlich völlig anders. „Es wird heute ein erster Austausch, bei dem ich mich als Mitglied der EVP für Manfred Weber einsetzen werde“, erklärte sie vor Beginn des EU-Gipfels. Sie traf sich zudem mit dem spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sanchez, der für den sozialdemokratischen Spitzenkandidaten Timmermans wirbt.

Wie das Rennen ausgehen wird, ist unklar. Fest steht nur eins: Das Europaparlament will niemanden wählen, der kein Spitzenkandidat war. Darauf haben sich die Fraktionschefs am Dienstagmorgen verständigt. Nur die Liberalen scherten aus. Sie wollen auf jedem Fall an Vestager festhalten – auch ohne das Prädikat „Spitzenkandidat“.

J.C.KEMP
30. Mai 2019 - 20.01

Hoffentlich keinen Bajuwarensttammesführer als EU-Häuptling. Der Gedanke daran ist mir einfach unerträglich.

de Prolet
30. Mai 2019 - 19.05

Ich glaube, Weber war sich seiner Sache von vorneherein zu sicher.

boufermamm
29. Mai 2019 - 12.59

Eine gute Kandidatin und hoffentlich, endlich mal eine Frau an der Spitze der EU Kommission!