EditorialDas neue Abfallgesetz und seine Schwachstellen

Editorial / Das neue Abfallgesetz und seine Schwachstellen
Mit dem neuen Abfallgesetz wird „Littering“ stärker bestraft

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Laut dem deutschen „Plastikatlas 2019“ (einem Projekt von Heinrich-Böll-Stiftung und Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland) produziert jeder Einwohner Luxemburgs 50,5 Kilogramm Plastikverpackungsabfälle jährlich. Damit wären wir Spitzenreiter in Europa. Offensichtlich geht die Abfallquantität einher mit dem Wohlstandsniveau, denn in Deutschland, Dänemark und der Schweiz fallen ähnlich hohe Abfallmengen an.

Plastik ist aus unserer Gesellschaft nicht wegzudenken und es komplett zu verteufeln, wäre falsch, denn etliche Plastikprodukte dienen dem Wohl des Menschen, wie z.B. Einwegspritzen oder Infusionsflaschen im medizinischen Bereich. Doch alles in allem ist die weltweite Plastikproduktion zu einem großen Problem geworden. Der Abfall führt zu einer Verdreckung der Meere; die Fläche des großen Müllstrudels im Pazifik soll bereits 4,5 Mal die Fläche von Deutschland betragen. Plastikreste finden sich im Magen von Tieren und damit früher oder später auch in unserer Nahrung wieder. Zudem ist die Plastikproduktion wegen hoher CO2-Emissionen auch klimaschädlich.

Weg vom Plastik und hin zum Ende der Wegwerfgesellschaft ist definitiv ein Ziel, das sich alle Politiker in ihre Agenda schreiben sollten. Abfallgesetze, so wie sie am Dienstag von der Chamber verabschiedet wurden, sind notwendig und richtig für unser aller Gesundheit. Einige Maßnahmen haben durchaus Sinn, wie z.B. das Verbot von Einwegbesteck ab 2023.

Doch wie so oft im Leben ist nicht alles gut, was auch richtig ist. Nehmen wir als Beispiel den Verpackungsmüll, die Sorte Plastik, um die es in erster Linie geht. Laut dem neuen Gesetz dürfen Obst und Gemüse bis zu einem Gewicht von 1,5 Kilogramm ab Juli 2023 nicht mehr verpackt verkauft werden. Sofern wir nicht alles lokal einkaufen können, sind wir abhängig von Lieferketten aus dem Ausland. Luxemburg wird aber ausländischen Großkonzernen kaum seine Regeln diktieren können. Also müssen die nationalen Händler die Ware auspacken, was zusätzliche Kosten mit sich bringt, aber nicht die Menge an Plastikabfall reduziert. Die Bedenken des Handels diesbezüglich sind berechtigt. Die Zeche wird wohl wieder einmal der Endverbraucher zahlen.

Plastikmüll vermeiden ist ein Lösungsansatz, ein anderer ist es, ihn zu recyceln. In Luxemburg ist in dieser Hinsicht offensichtlich noch viel Luft nach oben, da zu viel Abfall im Haushaltsmüll landet. Recyceln ist zwar längst nicht die Lösung aller Probleme – ein Großteil der Verpackungsmaterialien ist schwer wiederverwertbar, weil sie aus unterschiedlichen Materialien bestehen –, doch nicht zu vernachlässigen.

Die neuen Abfallgesetze sehen Verbote und Gebote vor, doch warum nicht auch belohnen? Der europäische Grüne Deal sieht vor, dass bis zum Jahr 2030 55 Prozent der Kunststoffverpackungsabfälle recycelt werden. Um das Ziel zu erreichen, hat die EU u.a. als Anreiz eine Senkung der Mehrwertsteuer auf recycelte Produkte vorgeschlagen. Recycling bedeutet, aus altem Material ein neues Produkt zu schaffen, und dieses muss auch benutzt werden, was man aber nicht erzwingen kann.

HTK
30. April 2022 - 9.08

Wenn wir alle Umweltsünder soweit hätten den Müll eben nicht aus dem Fenster zu werfen (siehe Straßenrand) oder nachts im Wald abzulegen wären wir auch schon weiter. Tip:Fleisch und Käse frisch vom Händler kaufen und nicht in diesen (giftigen)Plastikverpackungen die später im Müll landen und dessen Weichmacher im Lebensmittel gelandet sind. PS. Ich trage ein Shirt aus 100% recycelten PET-Flaschen. Sehr angenehm.

Bux /
29. April 2022 - 12.26

Ursache und Wirkung: Wäre der Handel dazu verpflichtet auf alle Getränkebehälter, egal ob aus Blech, Glas oder Plastik, 50 cent Pfand zu nehmen, gäbe es auch kein "Littering" mehr.

DanV
29. April 2022 - 11.34

"Also müssen die nationalen Händler die Ware auspacken, was zusätzliche Kosten mit sich bringt" Vorauseilender Gehorsam? Nation-branding? Das wird nach hinten losgehen. Erst wenn dieses Gesetz in den EU-Anbauländern in Kraft getreten ist macht es Sinn. Vorher ist es eine Schikane, die gegen die Händler gerichtet ist anstatt gegen den Plastikmüll und wird nichts ändern. Oder doch, es wird sich was ändern - wie im Artikel vorhergesagt: Die Preise werden noch mehr steigen - auf den nachweislich gesündesten Lebensmittel ! Schäme dich, Luxemburg ...