Retro 2020 / Das Jahr der Denunzianten und Privatsheriffs: Corona dominiert Missionen von Polizei und Militär
Corona-Einsätze und die ewige Grundsatzdiskussion über den Personalmangel und die daraus resultierenden Folgen: Eigentlich wäre es unfair der Polizei gegenüber, das Jahr 2020 bei den Luxemburger Ordnungskräften nur auf diese Punkte herunterzubrechen. Damit würde man Hunderte Einsätze ignorieren, bei denen die Beamten ihr eigenes Wohlbefinden zurückstellen, um den Bürger vor Schaden zu schützen.
Kein Beruf, sondern eine Berufung. Was auf viele Beschäftigungen zutrifft, gilt insbesondere für den Dienst zum Schutz der Bürger. Letztere wissen das auch durchaus zu schätzen: Von allen staatlichen Instanzen genießt die Polizei in der Bevölkerung das höchste Ansehen. Laut Statec haben 87 Prozent der Bürger Vertrauen in die Luxemburger Ordnungskräfte.
In dieser Hinsicht dürfte es wohl ein gutes Jahr für die Polizei gewesen sein. Im Gegensatz zu 2019 nämlich – Stichwort geheime Datenbanken – blieben pikante Berichte oder negative Schlagzeilen aus. Auch die Diskussionen um den Einsatz privater Sicherheitsbeamte im Bahnhofsviertel der Hauptstadt dürften wohl kaum am guten Ansehen der Ordnungskräfte gekratzt haben. Letztendlich sind die Sicherheitsprobleme an den Brennpunkten der Stadt nicht auf die Beamten und ihre Arbeit zurückzuführen.
Selten werden im Gespräch mit Anwohnern und Geschäftsleuten die Polizisten als Grund für die brenzlige Lage in den Straßen rund um den Hauptbahnhof und Bonneweg genannt. In der Öffentlichkeit besteht vielmehr der Konsens, dass die Politik versagt hat sowie die Gesellschaft im Allgemeinen. Repressive Instrumente können im Kampf gegen die Drogenkriminalität kaum etwas ausrichten. Oft sind die Beamten der Dienststelle Gare mehr Sozialarbeiter und Streetworker als Strafverfolger und ausführende Gewalt des staatlichen Machtmonopols. Ähnliches gilt natürlich auch für die Beamten in anderen Städten des Landes.
Kaum negative Schlagzeilen
Somit schrieb 2020 eigentlich nur der Ex-Polizist Gilles L. negative Schlagzeilen. Und zwar wegen der Giftmorde von Bereldingen. Der 30-Jährige musste sich im Juni wegen des Doppelmordes an seiner Schwester und deren Partner am 25. September 2016 vor Gericht verantworten. Ende Juli wurde der junge Mann in erster Instanz zu lebenslanger Haft verurteilt. Die Tat an sich hatte er gestanden. Eine Tötungsabsicht aber nicht.
In Krisenzeiten können sich Ordnungs- und Sicherheitskräfte durch ein außergewöhnliches Engagement hervortun. So auch in Luxemburg während der Pandemie. Dabei sahen sich Polizeibeamte in den letzten Monaten oft mit Anrufen von Bürgern konfrontiert, die beim Gegenüber eine Person zu viel im Hause wähnten oder den Nachbarn nebenan nach Mitternacht noch im Freien erwischten.
„In Krisenzeiten kommt die Bedeutung einer Armee zum Tragen“, unterstrich indessen der neue Stabschef der Luxemburger Armee, General Steve Thull, bei seinem Antrittsinterview. Und tatsächlich: Selten zuvor konnten sich die Luxemburger Soldaten und Offiziere so öffentlichkeitswirksam bei Missionen in Szene setzen wie in den letzten neun Monaten.
Im Ausland, vor allem aber zu Hause konnte das Militär „dem Bürger zeigen, was man zu leisten imstande ist“, so General Thull. Etwa bei der Einrichtung der Pandemie-Zentren, dem Bau zusätzlicher Versorgungszentren und logistischer Strukturen oder der Betreuung der Corona-Hotline. Als Belohnung durfte das Militär im Oktober den fast 200 Millionen Euro teuren Airbus A400M am Findel in Empfang nehmen. Damit geht 2020 zumindest als das Jahr in die Geschichte ein, in dem die Luxemburger Air Force Realität wurde.
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