Das Ende der Kohle – Preis für Emissionszertifikate verdoppelt sich

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Seit Beginn dieses Jahres hat sich der Preis für ein Emissionszertifikat mehr als verdoppelt. Moody’s hat den Markt für Verschmutzungsrechte unter die Lupe genommen und erwartet steigende Strompreise.

Im Jahr 2020 sollen die Treibhausgas-Emissionen der EU um 20 Prozent unter den Werten aus dem Jahr 1990 liegen; 20 Prozent des Energieverbrauches sollen aus erneuerbaren Energien stammen und die Energieeffizienz um 20 Prozent gesteigert werden.

Um die Entkarbonisierung zu erreichen, wurde der EU-Emissionshandel (ETS) eingeführt. Die Stromerzeuger und weitere Industrien, die zusammen für mehr als die Hälfte der Emissionen verantwortlich sind, brauchen nun Verschmutzungsrechte. Je höher der Preis für diese Rechte steigt, desto unrentabler werden CO2-intensive Energieträger.

Die Wirksamkeit dieses Emissionsrechtehandels-Systems steht und fällt mit dem Preis eines Zertifikates. Als im Laufe der Wirtschafts- und Finanzkrise viele europäische Unternehmen die Produktion stilllegten und die Verschmutzungsrechte nicht nutzten, häuften sich die Zertifikate an und der Preis ging in den Keller.

CO2-Zertifikate

Laut Moody’s befanden sich Gegen Ende des Jahres 2013 Zertifikate für zwei Milliarden Tonnen Emissionen zu viel auf dem Markt. Dies sei vergleichbar mit der gesamten Nachfrage eines Jahres. In der Folge fiel der Preis auf unter fünf Euro.

Damit das Instrument seine Wirksamkeit zeige, müsse der Preis jedoch mindestens bei 20 Euro pro Tonne liegen, meint Moody’s. Dann würde die Stromerzeugung mit Gas wirtschaftlich interessanter werden und die Steinkohle verdrängen. Um die billigere Braunkohle zu verdrängen, müsste ein Zertifikat um die 30 Euro kosten.

Dass die Dekarbonisierung durchaus mit einem CO2-Handelssystem zu erreichen ist, zeigt das Beispiel Großbritannien. Seit dem Jahr 2013 müssen die Stromhersteller zusätzlich zum ETS eine nationale CO2-Steuer bezahlen. Im Jahr 2013 betrug sie pro Tonne produziertes CO2 rund 10 Euro, aktuell sind es rund 35 Euro.

Vorbild Großbritannien

Auf die Art der Stromproduktion hatte diese Steuer einen erkennbaren Effekt: Der Anteil von Stein- und Braunkohle an der Stromproduktion ist auf null gefallen, der Anteil von Gas und Erneuerbaren hat zugenommen.
Dies soll nun auch im Rest-Europa geschehen. Die EU hatte bereits im Februar das ETS-System reformiert. Der zentrale Punkt ist die „market stability reserve“ (MSR), die erst im Jahr 2019 aktiv wird. Diese soll das Angebot ausbalancieren, indem nicht gebrauchte Zertifikate in eine Reserve kommen.

Die Marktakteure reagierten empfindlich auf diese Ankündigung. Im Hinblick auf die 2020-Ziele erwarten sie ohnehin weiter steigende Preise. Dies hat dazu geführt, dass seit Beginn des Jahres der Zertifikat-Preis auf 17,5 Euro gestiegen ist. Moody’s erwartet, dass der Preis für die Zeit bis 2022 zwischen 10 und 20 Euro pro Tonne liegen wird.

Neben dem Ende der Kohle in der Stromproduktion sind höhere Strompreise eine weitere Folge der höheren Preise. „In dem liberalisierten und vernetzten europäischen Strommarkt werden Preisänderungen bei CO2-Zertifikaten rasch an die Endkunden weitergereicht“, meint Moody’s und schreibt, dass der gestiegene ETS-Preis den durchschnittlichen europäischen Strompreis bereits um vier bis neun Euro pro MWh teurer gemacht hätte.

In Ländern, in denen die Stromproduktion vor allem auf dem Verbrennen von Kohle basiert (Deutschland, Polen) wird der Strom für den Endverbraucher um einen knappen Euro pro MWH teurer, wenn das Zertifikat um einen Euro steigt. In Ländern, die eher auf Gas setzen, schlägt der Preisanstieg weniger durch. Hier wird die MWh nur um 50 Cent teurer, wenn das ETS einen Euro mehr kostet.

ETS-System

„Auch wenn die Verschmutzungsrechte ein Kostenfaktor für die Stromerzeuger sind, können die saubereren Erzeuger von steigenden Preisen profitieren – vorausgesetzt, sie reichen sie an die Endverbraucher weiter“, so Moody’s. Die Gewinne des gesamten Sektors werden steigen, meint Moody’s. „Mit jedem Euro, den ein Zertifikat teurer wird, steigt der Umsatz der europäischen Stromerzeuger um eine Milliarde Euro und der Gewinn um 400 Millionen Euro.“

Um die EU-Ziele für 2030 zu erreichen, müssen die Emissionen des ETS-Sektors um 43 Prozent gegenüber dem Jahr 2005 fallen. Um dies alleine über das ETS-System zu erreichen, müsste der Zertifikatpreis auf über 70 Euro steigen, meint Moody’s.

Das ETS-System ist zwar ein wirksames Instrument um die Dekarbonisierung zu erreichen, aber nicht der einzige Weg. Die meisten EU-Staaten haben ihre 2020-Ziele trotz der niedrigen Zertifikate-Preise schon heute erreicht oder überschritten (siehe Kasten). Dies sei zum Teil der Wirtschafts- und Finanzkrise zu verdanken, doch nicht nur. „Die Emissionen sind auch dann weiterhin zurückgegangen, als das Wirtschaftswachstum wieder da war“, schreibt Moody’s – zwischen den Jahren 2013 und 2017 im Durchschnitt um 3,1 Prozent.

Grober J-P.
6. August 2018 - 10.37

Vorbild Großbritannien, echt? War vor ein paar Jahren zu Gast bei einem Fabrikarbeiter in Manchester, der hat sein kleines Reihenhaus noch mit Kohle geheizt. Muss inzwischen vieles passiert sein, Respekt.