Australiens Tierreich sucht neue LebensräumeDas Comeback der Salzwasserkrokodile

Australiens Tierreich sucht neue Lebensräume / Das Comeback der Salzwasserkrokodile
Noch vor 50 Jahren waren die berühmten Salzwasserkrokodile im Norden Australiens beinahe ausgerottet worden Foto: Unsplash

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

In Australien vermehren sich die Salzwasserkrokodile rasant und werden zudem immer größer. Dabei waren die Tiere vor 50 Jahren beinahe ausgerottet worden. Gleichzeitig dringen sie immer häufiger auch in urbane Zentren vor.

Noch vor 50 Jahren waren die berühmten Salzwasserkrokodile im Norden Australiens zum Abschuss freigegeben. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs sollen laut lokaler Medien über 100.000 Krokodilhäute allein aus dem Nordterritorium des Landes exportiert worden sein. Die Jagd auf die Raubreptilien trieb die Tiere fast an den Rand des Aussterbens. Zuletzt soll die Krokodilpopulation auf gerade mal 3.000 Einzeltiere reduziert worden sein.

1971 wurde dann jedoch ein Jagdverbot ausgesprochen – zum einen, da man befürchtete, dass die lukrative Ressource ansonsten völlig verschwinden würde, zum anderen, da der Schutz von Wildtieren eine größere Bedeutung in der Gesellschaft einnahm. Inzwischen sind die Tiere seit Jahrzehnten geschützt.

Reptilien werden größer

Ohne den Menschenfeind vermehrten sich die Tiere wieder rasant und inzwischen leben rund 100.000 Salzwasserkrokodile im Norden Australiens. Dadurch, dass sie nicht mehr gejagt werden, haben die Tiere zudem mehr Chance, das Erwachsenenalter zu erreichen und damit zu stattlicher Größe heranzuwachsen. „Im Großen und Ganzen ist der Anteil der Krokodile im Größenbereich von ein bis drei Metern in den letzten Jahren zurückgegangen und der Anteil der Krokodile, die drei bis vier Meter groß sind, angestiegen“, hieß es in einem Behördenbericht aus dem Jahr 2019.

Die Zunahme der Reptilien ist ein positives Beispiel dafür, wie eine Art, die bereits vor dem Aussterben stand, wieder stabilisiert wurde. Doch nun gilt es, die richtige Balance zu treffen, nachdem die Tiere in Gewässer eindringen, in denen zuvor Menschen geschwommen sind, und sie sich immer häufiger auch den urbanen Zentren annähern.

Dadurch, dass sie nicht mehr gejagt werden, haben die Tiere zudem mehr Chance, das Erwachsenenalter zu erreichen und damit zu stattlicher Größe heranzuwachsen
Dadurch, dass sie nicht mehr gejagt werden, haben die Tiere zudem mehr Chance, das Erwachsenenalter zu erreichen und damit zu stattlicher Größe heranzuwachsen Foto: Unsplash

Übergriffe auf den Menschen mehren sich

Erst im Januar beispielsweise entdeckten Wildhüter ein Krokodilnest. Das Nest wurde am Stadtrand von Palmerston, einem Ort mit etwa 40.000 Einwohnern, etwa 15 Autominuten südlich von Darwin gefunden. Je mehr sich die Raubreptilien dem Menschen nähern, umso häufiger kommt es natürlich auch zu Vorfällen. Allein in den vergangenen zwei Monaten hatten mehrere Menschen Glück im Unglück und überlebten einen Krokodilangriff. Erst Ende September wurde ein 60-jähriger Mann bei einer Bootsfahrt auf dem Adelaide River bei Darwin von einem Krokodil in den Arm gebissen. Anfang August erlitt ein australischer Soldat schwere Kopf- und Brustverletzungen, nachdem er in der Nähe eines Fischerdorfs auf der Halbinsel Cape York, etwa 800 Kilometer nördlich von Cairns, schwimmen gegangen war. Ein Kollege konnte ihn in letzter Sekunde retten.

Laut den Krokodilforschern Adam und Erin Britton hat die Zahl der Krokodilattacken über die Jahre hinweg stetig zugenommen, wobei die Anzahl tödlicher Übergriffe nicht ebenso stark angestiegen ist. „Wir haben festgestellt, dass die überwiegende Mehrheit der Krokodilangriffe stattfindet, weil sich die Einheimischen in der Interaktion mit Krokodilen in der Umgebung zu sicher fühlen und viel mehr Risiken eingehen“, sagte Erin Britton in einem Interview mit dem australischen Sender ABC.

Laut den Krokodilforschern Adam und Erin Britton hat die Zahl der Krokodilattacken über die Jahre hinweg stetig zugenommen, wobei die Anzahl tödlicher Übergriffe nicht ebenso stark angestiegen ist
Laut den Krokodilforschern Adam und Erin Britton hat die Zahl der Krokodilattacken über die Jahre hinweg stetig zugenommen, wobei die Anzahl tödlicher Übergriffe nicht ebenso stark angestiegen ist Foto: Unsplash

Krokodile richtig „managen“

Die beiden Forscher unterhalten auf der Website CrocBITE eine Datenbank, in der sie sämtliche Krokodilangriffe weltweit sammeln. Zwischen 2005 und 2014 wurden im australischen Nordterritorium 15 Menschen bei Krokodilangriffen getötet. Seit 2014 gab es nur zwei tödliche Attacken, beide im Jahr 2018. Auf der Seite beschreiben die Wissenschaftler, wie der Konflikt zwischen Mensch und Krokodil jedoch jährlich zunimmt, nachdem sich die Krokodilpopulationen nach jahrzehntelanger Jagd erholen und auch die menschliche Bevölkerung weiter wächst und in den Lebensraum der Krokodile eindringt. „Dieser Wettbewerb um Ressourcen zwischen Krokodilen und Menschen ist eine ernste Bedrohung für den Naturschutz“, heißt es auf der Seite.

Naturschützer würden deswegen darauf drängen, einen Plan zu entwickeln, der die Koexistenz von Krokodil und Mensch zulässt. Letzteres erfordert, den derzeitigen Krokodilmanagementplan des Nordterritoriums zu überarbeiten. Bisher sieht dieser vor, dass Wildhüter jedes Krokodil, das in Gewässern in der Nähe von urbanen Zentren gefunden wird, umsiedeln. Zusätzlich dazu sammeln die Ranger seit Jahrzehnten Krokodileier ein, damit die Zahl der Krokodile nicht überhandnimmt. Diese Eier werden an Krokodilfarmen weitergeben. Vor allem Luxus-Marken wie die französische Firma Hermès oder der Konkurrent Louis Vuitton arbeiten mit diesen Farmen, um aus dem Krokodilleder teure Handtaschen und Schuhe zu produzieren. Die Industrie, die immer wieder auch im Visier von Tierschützern steht, die die Haltung der Krokodile und ihre Tötung schwer kritisieren, hat sich inzwischen zu einer wichtigen wirtschaftlichen Größe in der Region entwickelt und bringt mehr als 100 Millionen Australische Dollar oder umgerechnet über 62 Millionen Euro pro Jahr ein.

Für die Bevölkerung hat die Regierung extra eine Art „Sensibilisierungsprogramm“ aufgelegt. „Be Crocwise“ warnt auf seiner Website beispielsweise, dass jedes Gewässer im sogenannten Top End, als im Norden Australiens, „große und potenziell gefährliche Krokodile enthalten“ könne. Trotzdem befürchten die Behörden ähnlich wie die Forscherin Erin Britton, dass viele Bürger die Gefahr nicht ernst genug nehmen. „An Stränden spielen beispielsweise viele kleine Kinder in der Nähe des Wassers“, sagte Sally Egan, die Direktorin der Parks and Wildlife Commission im Nordterritorium, der ABC. „Da läuft es mir wirklich kalt den Rücken runter.“