Spielzeit 2022/23„Das Angebot ausweiten“: Die hauptstädtischen Theater warten mit üppigem Programm auf

Spielzeit 2022/23 / „Das Angebot ausweiten“: Die hauptstädtischen Theater warten mit üppigem Programm auf
Die Luxemburger Kreation „On ne badine pas avec l’amour“ wird kommende Saison in Frankreich und in Belgien zu sehen sein Foto: Bohumil KOSTOHRYZ

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Corona ade? Zu früh möchte man sich im geschundenen Kulturbereich natürlich nicht freuen, doch ließ die Programmvorstellung der hauptstädtischen Theater für die Spielzeit 2022/23 am Mittwoch Gutes hoffen. Die vorherige Saison wurde immerhin noch teils im Krisenmodus bewältigt, darauf machten Bürgermeisterin Lydie Polfer (DP) und Intendant Tom Leick-Burns während der Pressekonferenz gleichermaßen aufmerksam. Mit umso größerer Freude stellte der Theaterdirektor jedoch danach das satte Programm der im September beginnenden Theatersaison vor.

 „Seit März hatten wir fast wieder ein ganz normales Theaterleben“, sagte die Bürgermeisterin von Luxemburg-Stadt Lydie Polfer (DP) zu Beginn der Pressekonferenz am Mittwoch, bei der das Theaterprogramm der kommenden Spielzeit vorgestellt wurde. „Das heißt aber auch, dass die erste Hälfte der Saison 2021/22 stark [von der Krise] beeinflusst wurde.“ Dennoch habe es mit dem Stück „Ödipus/Antigone“ nur eine Verschiebung im Programm gegeben, und die habe man noch während der Saison nachholen können. Vor diesem Hintergrund bedankte sich die Politikerin nicht nur beim Intendanten Tom Leick-Burns und seinem Team für ihr Engagement und ihre Anpassungsfähigkeit, sondern auch bei den Schauspielern und den Besuchern, denn diese strömten, wie Polfer unterstrich, nun wieder in größeren Zahlen in die Aufführungsräume. „Ich bin froh und dankbar, dass das Publikum uns treu geblieben ist“, sagte die Bürgermeisterin.

Diesen größtenteils optimistischen Worten schloss sich der Theaterdirektor an – und gab sich zudem kämpferisch. Die Pandemie habe eine Änderung des Verhaltens herbeigerufen, sagte Leick-Burns. Da manche nun eher daran gewöhnt seien, vor dem Bildschirm als im Zuschauerraum zu sitzen, sei es wichtig, den Menschen zu zeigen, warum das Theater nach wie vor einzigartig sei. „Das ist eine Herausforderung, auch wenn die Zahlen zeigen, dass es eine Bewegung zurück in die Theatersäle gibt“, betonte der Intendant. In diesem Sinne sei es ihr Anliegen, nicht nur wieder mit dem bestehenden Publikum in Kontakt zu treten, sondern auch andere Menschen anzusprechen. „Das normale Publikum wieder für sich zu gewinnen, ist eine Sache“, sagte Leick-Burns. Neue Zuschauer anzuziehen, sei eine andere. Doch die „Théâtres de la Ville de Luxembourg“ scheinen gewillt, neue Wege zu gehen, um ihren Wirkungskreis auszuweiten, ihr „Angebot auszuweiten“, wie der Theaterdirektor bemerkt, und zugleich mehr Menschen den Zugang zu Kulturveranstaltungen zu ermöglichen. Um inklusiver zu werden, möchten sie zum Beispiel in der nächsten Saison einige Veranstaltungen live in Gebärdensprache dolmetschen lassen.

Zwei Eigenproduktionen gehen auf Tour

Und was findet sich nun genau zwischen den Deckeln des Programmhefts 2022/23? Nun, eine ganze Menge. Unter den thematischen Schwerpunkten „vivre ensemble“ und „nouvelles dramaturgies“ sind zehn Kreationen im Bereich Tanz, Theater und Oper, eine Reihe von Koproduktionen und andere Spektakel geplant. „Wir sind ein Land, in dem mehr geprobt als gespielt wird“ – das sei ein Vorwurf, der immer wieder laut würde, sagte Leick-Burns. Um den Stücken zu einem längeren Leben zu verhelfen, seien vier von den zehn Eigenproduktionen Wiederaufnahmen aus früheren Saisons. Zu ihnen gehören: „All d’Déieren aus dem Bësch“, „Mendy – das Wusical“, „Süden“ und „On ne badine pas avec l’amour“. Mit den zwei letztgenannten Kreationen werden die beteiligten Schauspieler sogar auf Tournee gehen, Aufführungen wird es unter anderem im Landestheater Niederösterreich („Süden“) sowie in den Städten Nîmes, Lüttich, Caen und Châlons-en-Champagne („On ne badine pas avec l’amour“) geben.

Was nun das Theater innerhalb der Landesgrenzen angeht, so wird mit Ella Roads „Die Laborantin“ im Herbst ein Stück auf die Bühne gebracht, das trotz seines fiktiven Charakters laut Leick-Burns leider „sehr aktuell“ ist. Hier leben die Figuren in einer dystopisch anmutenden Welt, in der anhand von Blutwerten entschieden wird, welchen sozialen Rang die Menschen innehaben und welche beruflichen Optionen ihnen unter anderem offenstehen. Das Stück ist eine Koproduktion des Staatstheaters Mainz und den Theatern von Luxemburg-Stadt, gleich zwei Luxemburgerinnen spielen mit, nämlich Lis Dostert und Rosalie Maes.

Künstler zukünftig noch besser unterstützt

Neben diesem Stück gibt es noch viele weitere Theater-Highlights, die jetzt schon neugierig auf die kommende Spielzeit machen. Unter anderem wäre hier Ella Hicksons „The Writer“ zu nennen, das sich mit genderspezifischen Machtdynamiken innerhalb des Schreibens auseinandersetzt, oder auch die Inszenierung des französischen Klassikers „Andromaque“, bei dem Yves Beaunesne Regie führt. „Songes d’une Nuit…“ sei wiederum – und nun fällt das Stichwort  – „ein wirkliches post-pandemisches Stück“, wie der Theaterdirektor unterstrich. Denn: Hier wirken nicht nur viele Menschen mit, bei der Inszenierung ist auch die Initiative des Publikums gefragt. Zudem heißen die hauptstädtischen Theater im Februar 2023 das Berliner Ensemble willkommen, wenn „Der kaukasische Kreidekreis“ im Grand Théâtre aufgeführt wird.

Das Programm der kommenden Saison bietet jedoch nicht nur theatrale Unterhaltung, sondern auch zahlreiche Glanzpunkte aus Tanz und Oper. Das Tanztheater Wuppertal wird so zum Beispiel im Oktober „Das Stück mit dem Schiff“ aufführen. An der am Anfang nächsten Jahres stattfindenden Darbietung „Let’s Move“ werden sich dann wiederum nicht nur professionelle Musiker und Tänzer beteiligen, sondern auch über hundert Amateurtänzer aus Luxemburg. „Lady in the Dark“, als Oper erstmals 1941 in New York aufgeführt, kann man im November im Grand Théâtre sehen, Richard Wagners berühmtes Werk „Tristan und Isolde“ wird im kommenden Februar und März dargeboten. Ein weiterer Höhepunkt: das Spektakel am Ende des Jahres „Le Bal de Paris de Blanca Li“, bei dem das Publikum in eine virtuelle Realität entführt wird, wo es, aufgehoben in verschiedenen Ballszenen, entweder mittanzen oder auch nur zuschauen kann.

Neben der Programmvorstellung hatten aber auch andere wichtige Themen während der Pressekonferenz Platz. So sprach Leick-Burns zum Beispiel über die Förderung und Begleitung der Kunstschaffenden.  „Die Pandemie zeigte, wie verletzlich die Künstler sind“, sagte der Theaterdirektor. Aus diesem Grund bemühten sich die hauptstädtischen Theater, Künstler noch besser zu unterstützen. Neben den Programmen „Future Laboratory“ und „TalentLAB“ sowie der Residenz „Capucins Libre“ würde nun eine weitere Residenz geschaffen, die es den Künstlern ermögliche, an einem technischen Aspekt ihrer Stücke zu feilen – mit der Hilfe des Technikteams und punktuell herangezogener Experten. Auch wollten die Theater jene Künstler, mit denen sie seit vielen Jahren zusammenarbeiteten, stärker einbinden, deswegen hätten sie das Programm „artistes associé.e.s“ ins Leben gerufen. Ein wichtiges Ziel dieser Anstrengungen: die Professionalisierung des luxemburgischen Theatersektors vorantreiben. Das betonte Leick-Burns während seiner Rede. Wie es scheint, wurde der Stein dafür schon ins Rollen gebracht.

Nützliche Infos

Das vollständige Programm der Spielzeit 2022/23 finden Sie2 auf der offiziellen Website der hauptstädtischen Theater (www.theatres.lu).
Aufgepasst: Das Theaterstück „Die Furien“, das noch im Programmheft zu finden ist, wird nicht in dieser Saison aufgeführt, sondern erst in der Saison 2023/24.