Über die Feiertage schienen die öffentlichen Proteste der sogenannten Querdenker-Bewegung in Luxemburg etwas an Schwung verloren zu haben. Im Gegensatz zu vorangegangenen Veranstaltungen aber waren am Samstagnachmittag wieder etwas mehr Demonstranten in der Hauptstadt unterwegs, um ihrem Ärger über die Covid-Maßnahmen der Regierung Luft zu machen.
Zwei verschiedene Veranstaltungen waren in den vergangenen Tagen über die sozialen Netzwerke angekündigt worden: die 59. Ausgabe der „Saturday for Liberty – Polonaise solidaire“ am Glacis und ein „Aufruf zur allgemeinen Mobilisation des Luxemburger Volkes“ am hauptstädtischen Bahnhof. Letztere hatte im Vorfeld innerhalb der Szene für einige Diskussionen gesorgt, da sich die Organisatoren nicht an die von der Stadt Luxemburg ausgewiesene Protestzone halten wollten.
So hatten gleich mehrere Sprachführer der „Polonaise solidaire“ in den Netzwerken darauf hingewiesen, dass nur die Veranstaltung am Rond-point Schuman offiziell angemeldet worden sei und die Wegstrecke der zweiten Demo wohl zu Auseinandersetzungen mit der Polizei führen könnte. „Alle, die da mitlaufen wollen, sollten sich bewusst sein, dass sie den Regierenden damit auf einem Tablett die Möglichkeit geben, die verdammten Bilder geliefert zu bekommen, die der Widerstand nicht brauchen kann: Polizisten, die Demonstranten blockieren und auf sie einschlagen, der Wasserwerfer, der sie nass spritzt“, so Mit-Organisator Jean-Marie Jacoby auf Facebook. Er könne nur zur Vernunft aufrufen und die Menschen zum Glacis bitten, um dort gemeinsam den „privaten und öffentlichen Verkehr in der Stadt“ zu blockieren.
Friedlicher Austausch von Verschwörungstheorien
Dafür sollte es im Endeffekt aber nicht reichen: Am Glacis hatten sich die Teilnehmer am Samstagnachmittag zwar auf der Kreuzung aufgestellt, doch war die Gruppe nicht groß genug, um Tram, Bus und Autos an der Durchfahrt zu hindern. Mehreren Mitarbeitern der öffentlichen Transporte gelang es, zusammen mit einer Handvoll Polizisten, den Verkehr an den Demonstranten vorbeizuleiten, während diese den Ausführungen der Redner lauschten.
Man befinde sich im Krieg, meinte beispielsweise ein junger Mann, der gleichzeitig Trakte verteilen ließ, auf denen sich Internetlinks befanden, die seiner Meinung nach in Kürze der Zensur zum Opfer fallen würden. Er verfüge nämlich über Informationen, die „die Minister“ innerhalb der nächsten Stunde „alle ins Gefängnis“ brächten. Damit sei Luxemburg endlich frei – befreit von „verdammten Medienvertretern“, die Menschen töteten und von „korrupten Politikern“, die den Bürgern „Mikro-Roboter“ spritzen ließen.
Bis heute gebe es keinen Beweis, dass das Virus überhaupt existiere, meinte ein weiterer Redner. Der nötige Nachweis sei nicht erbracht worden. Die Maßnahmen der Regierung seien demnach nicht ergriffen worden, um die Bürger zu schützen, sondern um die Gesellschaft zu zerstören und die Menschen in die Abhängigkeit zu treiben. Die Pharmaindustrie mache derweil den großen Reibach. Die Polizei hielt sich während dieser Ausführungen weitgehend im Hintergrund. Die Teilnehmer lieferten den Beamten auch keine weiteren Gründe, einzugreifen: Die Demo am Glacis verlief bis zum Schluss friedlich.
„On veut la bagarre!“
Etwas gereizter ging es währenddessen in der Innenstadt zu, wo sich die Demonstranten ein Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei lieferten. Mehrere hundert Teilnehmer hatten sich nach 14 Uhr am Bahnhof eingefunden. Von dort ging der Tross dann in Richtung Stadtzentrum – angeführt von einem Dutzend vermummter junger Männer aus Frankreich, die ein Banner mit der Aufschrift „Dictature nationale, riposte internationale“ und Fahnen mit Anarchie-Zeichen trugen, während sie lautstark Kampfparolen skandierten. Ein Teil der Gruppe war denn auch klar auf Ausschreitungen aus: Neben dem bereits bekannten „Liberté, liberté, liberté“ forderten die Betroffenen immer wieder: „On veut la bagarre! On veut la bagarre!“.
Die Stimmung war entsprechend angespannt. Begleitet von trillernden Pfeifen und explodierenden Böllern marschierte der Protestzug über die Hauptachsen ins Stadtzentrum, umrahmt von Beamten in Schutzkleidung, die ganz offensichtlich auf Deeskalation aus waren. Obschon sich die Teilnehmer fernab der ausgewiesenen Protestzone bewegten, griffen die Ordnungskräfte nur gezielt bei Gefährdungen der öffentlichen Ordnung ein. Dennoch gelang es einer Gruppe Demonstranten zu einem gewissen Augenblick, vom Boulevard Royal in die Fußgängerzone auszubrechen.
Tatsächlich schienen die ganz offensichtlich Protest-erprobten Anführer die Ordnungskräfte an der Nase herumführen zu wollen. Mehrmals wechselten sie während des Marsches die Richtung, um den begleitenden Beamten ein Schnippchen zu schlagen. So konnte eine kleine Gruppe nicht nur in die Altstadt gelangen, sondern später in Merl für kurze Zeit auch die Autobahnzufahrt blockieren.
Mäin Fazit zu #LUX0801:
Dat wat Haut an der Stad lass war, war keng Maniff a scho guer kee Spadséiergang. Et ähnelt éischter engem Opruff zur ziviler Onrouh. D'Police ass konsequent ignoréiert ginn. D'Police hat och ab dem Zäitpunkt, wou de Mob um Boulevard Royal demi-tour gemat— |Kris| (@Kriskrosso) January 8, 2022
Mehrere Beamte sollen Beobachtern zufolge angegriffen worden sein. Gleichzeitig wurden auch Passanten von vereinzelten Protestteilnehmern angepöbelt. Verletzt wurde ersten Erkenntnissen zufolge zwar niemand, doch kamen nach den Auseinandersetzungen in den sozialen Netzwerken erneut Fragen auf, ob die Proteste am Samstag wieder unterschätzt worden seien.
Polizisten seien konsequent ignoriert worden, die öffentliche Ordnung habe gleich mehrmals auf der Kippe gestanden, so das Fazit der Beobachter. Video-Aufnahmen aus Merl zeigen indessen, wie Demonstranten von Beamten in Handfesseln abgeführt werden. Insgesamt sollen laut Pressemitteilung der Polizei vier Personen in Gewahrsam genommen worden sein. Gravierende Vorfälle habe es nicht gegeben.
Der Polizeiminister sei seit Wochen komplett überfordert, lautete derweil das Fazit des Abgeordnete Marc Goergen (Piraten). „Gewalt gegen Beamte, eine schlechte Vorbereitung, sie sind es, die im Einsatz unter der schlechten Politik leiden“, so Goergen, der die Regierung in einem Tweet dazu aufforderte, einen neuen Polizeiminister zu ernennen.
E Policeminister wou total iwwerfuerdert ass, zënter Wochen!
Gewalt géint Beamten,
eng schlecht Virbereedung,
et sinn si um Terrain wou eng schlecht Politik ze spiere kréien.Wéini wäert d‘Regierung ee neie Policeminister ernennen? https://t.co/fKNMwkg0VH
— Marc Goergen (@gomarc777) January 8, 2022
Randalierer feiern sich selbst
Zehn Polizei-Absperrungen habe man durchbrechen können, feierten sich die aus Frankreich angereisten Demonstranten später in den sozialen Netzwerken. „3h de sauvage lol on a tout niquer et les luxembourgeois super content de notre presence“, schrieb ein junger Mann aus Straßburg auf Facebook. „Retour de manif du Luxembourg bravo a tous et toutes present au moins 10 cordons de flics on cédé a la pression. on est la on lachera rien“, so das wortwörtliche Fazit des selbst ernannten Antifa-Mitglieds.
Totalen Kontrollverloscht. Vun alle Seiten kommen se. @PoliceLux huet d'Situatioun grad net mei am Greff. Dofir verbidd een am Beschten sou Demos… @gouv_lu @CityLuxembourg pic.twitter.com/wrmGUAoZoS
— Phil. Schockweiler (@greenschocky) January 8, 2022
Man habe in Luxemburg mit wenig Teilnehmern mehr ausrichten können, als tausende Demonstranten in Straßburg, so ein weiterer Kommentar. In Luxemburg gingen die Polizisten regelrecht auf Tuchfühlung mit den Demonstranten, freute sich ein Anwesender. „Corps à corps“ seien die Auseinandersetzungen mit den Beamten im Großherzogtum. Tränengas werde keines eingesetzt. Dafür aber „zehn Meter lange Schlagstöcke“.
Letzebuerg ass awer eng Insel.Am Ausland huet den rietsen Mob d‘Soen bei den Corona-Delpessen-Demoen .Hei am Land sin et d‘Anarchisten,wéi dem T séng Fotoen weisen, déi den Batti eraus lossen.
Den Autoriteiten schengt et jo méi oder wéiniger egal ze sinn wann ausserhalb dem Perimeter demonstreiert gett. Anerefalls geiwen se jo dei Manifestatiounen do ennerbriechen.
Früher haben wir uns gefreut Samstag Mittags in die Stadt zu fahren um Menschen und Bekannte zu treffen. Heute bleiben wir zu Hause und füttern die Vögel auf dem Balkon. Jetzt sind wir unfreiwillig Grüne geworden, war das so gewollt?
Versammlung fir opgeléist erklären, eng frist vun 30 Minuten a festhuele, wien nach do ass! Geht jo awer an anere Groussstied.
Eigentlech sollt een deenen Häipien hei net och nach eng Plattform gin.
Quelle stupidité.Quand un gouvernement prend une décision un peu plus rigoureuse pour parer une catastrophe,on est tout de suite dans une dictature?! Médiocres esprits,si on vivait dans une dictature vous n'auriez même pas la chance de vous montrer dans la rue avec vos commentaires lamentables,voire tapper inpunément sur les forces de l'ordre. Vous avez de quoi être fiers.