Sanfte MobilitätBissen sucht Betreiber für „Cyclo Croc“

Sanfte Mobilität / Bissen sucht Betreiber für „Cyclo Croc“
Sie glauben an das Projekt: (v.r.n.l.) Schöffe Roger Saurfeld, Bürgermeister David Viaggi, Schöffin Cindy Barros Dinis und Projektleiter David Everard Foto: Editpress/Alain Rischard

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In der Gemeinde Bissen tut sich was: Nach der Sanierung des Bahnhofs will der Schöffenrat nun auch das Bahnwärterhäuschen einer neuen Bestimmung zuführen. „Cyclo Croc“ heißt das Projekt, mit dem die politische Führung das industrielle Erbe der Gemeinde mit der sanften Mobilität verbinden möchte. Es fehlt nur noch ein Betreiber.

Industrie hat Tradition in Bissen. Angefangen bei der Gründung der „Biisser Schmelz“ im Jahr 1631 bis hin zur Planung des neuen Datenzentrums eines Internetgiganten aus Kalifornien: Die kleine Gemeinde im Herzen des Großherzogtums gehört seit fast 400 Jahren zu den treibenden Kräften der Luxemburger Wirtschaft. Besonders prägend war allerdings die Gründung der „Société Métallurgique de Bissen“ im Jahr 1910, die später in „WireSolutions Trefil Arbed“ umbenannt wurde und auch heute noch unter der Bezeichnung „ArcelorMittal Bissen“ Drähte für namhafte Projekte in der gesamten Welt herstellt.

Mit der Gründung der Drahtfabrik erhielt die Gemeinde Anfang des 20. Jahrhunderts auch den lang ersehnten Anschluss ans luxemburgische Bahnnetz. Lange Jahre wurde die Attertlinie auf rund 51 Kilometern zwischen Petingen und Ettelbrück von der „Compagnie des chemins de fer Prince Henri“ und später von der CFL betrieben. 1969 wurde die Strecke größtenteils eingestellt. Heute verkehrt die Bahn nur noch auf einem 8,7 Kilometer langen Abschnitt zwischen Bissen und Ettelbrück – nicht zuletzt wegen der ortsansässigen Industrie.

Der Bissener Bahnhof steht seit 2011 unter Denkmalschutz und wurde den Auflagen entsprechend renoviert, während ein Großteil der Bahnstrecke einem modernen Radweg gewichen ist. Bleibt noch das Bahnwärterhäuschen, für das sich die Gemeindeführung ein recht innovatives Projekt hat einfallen lassen: Dort soll sich künftig nämlich alles ums Thema Fahrrad drehen.

„Cyclo Croc“ heißt das Projekt, mit dem der Bissener Schöffenrat das industrielle Erbe der Gemeinde mit der sanften Mobilität und einem Schuss Kulinarik verbinden möchte. „Ziel ist es, den Radfahrern entlang diesem neu hergerichteten Radweg die Möglichkeit zu bieten, eine Pause einzulegen – mit allem, was dazugehört: einer Reparaturstation, einem Schlauchautomaten, einer Waschanlage und mit geschützten Abstellplätzen“, erklärt Bürgermeister David Viaggi.

Allerdings soll nicht nur das Rad im Mittelpunkt stehen: Auch für die Fahrer wird im alten „Garde’s-Haischen“ gesorgt. „Die Leute sollen sich auch stärken oder erfrischen können. Deshalb soll im Bahnwärterhaus ein sogenanntes ‚Café culinaire’ entstehen, wo neben Getränken auch leichte Speisen angeboten werden, die ganz im Einklang stehen mit dem Konzept der Bewegung“, so Viaggi weiter. „Es soll schon etwas Spezielles sein, auch wenn ich nichts gegen Pizzerien oder Standardrestaurants habe“, meint der Bürgermeister augenzwinkernd.

Am Konzept wollen die Verantwortungsträger nicht rütteln. Wichtig ist, dass der thematische Anstrich erhalten bleibt und die Besucher einen schönen Augenblick in der Natur verbringen.
Am Konzept wollen die Verantwortungsträger nicht rütteln. Wichtig ist, dass der thematische Anstrich erhalten bleibt und die Besucher einen schönen Augenblick in der Natur verbringen. Grafik: David Everard

Kulinarische Gaststätte mit thematischem Anstrich

Die Gemeinde Bissen ist derzeit auf der Suche nach einem Betreiber, der sich mit dem Konzept identifizieren kann. Eine gewisse Flexibilität wolle man dem Betreiber denn auch lassen. Wichtig sei allerdings, dass die Grundidee einer kulinarischen Gaststätte mit thematischem Anstrich erhalten bleibt. Daran gebe es nichts zu rütteln: „Radfahren hat eine gewisse Tradition in Luxemburg und in Bissen. Diese Erfolgsgeschichte soll sich in der Einrichtung des Cafés widerspiegeln“, unterstreicht der Bürgermeister.

Auch was das Menü angeht, stelle man gewisse Forderungen: Schwere, fettige Mahlzeiten seien nicht mit der Idee von Bewegung und Mobilität vereinbar. Vielmehr hoffe man auf leichte, innovative Speisen: „Es sollte schon aus der Reihe tanzen. Wir erwarten etwas mehr als nur einen einfachen Snack. Deshalb auch das Konzept eines ,Café Culinaire’“, meint Projektleiter David Everard. Nur bei den Getränken wolle man nicht ganz so streng sein, scherzt indessen der Bürgermeister: „Ein Bierchen sollte man sich schon gönnen können. Da wollen wir in puncto Gesundheit ein Auge zudrücken.“

Reparaturstation und Schlauchautomat sind bereits vorhanden. Diese sollen jedoch künftig einer Terrasse weichen und aus dem vorderen Bereich hinter das Bahnwärterhaus verlegt werden. Das Innere über 53 Quadratmeter ist komplett den Gästen vorbehalten. Küche, Waschräume, Kühlraum, Lager und Umkleidekabinen fürs Personal werden in einem zusätzlichen Modul von 60 Quadratmetern untergebracht, das direkt ans Häuschen angebaut wird. Auf dem Deck des Moduls entsteht eine weitere Terrasse, die Gäste über eine Außentreppe erreichen können. Zusätzlich ist noch ein Teil der hinteren Wiese ebenfalls für Gäste vorgesehen.

Insgesamt sind 170 Quadratmeter für Terrassen eingeplant, auf denen rund 95 Gäste Platz finden werden. Abgerundet wird die Infrastruktur im hinteren Bereich von der Reparaturstation, einem kleinen Lager, einer Fahrradwaschanlage und geschützten Stellplätzen. „Damit die Fahrer ihre teuren Räder auch dauernd im Blick haben“, ergänzt Everard.

Im hinteren Bereich soll ein Anbaumodul entstehen, mit Küche, Kühlraum, Waschraum und zwei weiteren Terrassen
Im hinteren Bereich soll ein Anbaumodul entstehen, mit Küche, Kühlraum, Waschraum und zwei weiteren Terrassen Foto: Editpress/Alain Rischard

„Avis aux amateurs!“

Einen direkten Zugang für Autofahrer gibt es indessen nicht: Das Bahnwärterhäuschen liegt etwas abseits eines Wohnviertels, zwischen dem Bissener Zentrum und der Industrie- und Gewerbezone. Einige Parkplätze sind im Wohnviertel vorgesehen, weitere Stellplätze unterhalb des Bahngleises. Weit müssen die Besucher, die nicht mit dem Fahrrad unterwegs sind, nicht laufen. Schließlich soll das „Cyclo Croc“ nicht nur Radfahrern vorbehalten sein.

Die Verantwortlichen wollen auch einen Lieferdienst anbieten, haben in den angrenzenden Industriezonen doch mehrere tausend Menschen einen Arbeitsplatz gefunden. Aus diesem Grund wolle man dem Betreiber denn auch etwas entgegenkommen, „finanziell und mit dem notwendigen Material“, erklärt David Viaggi. So wolle man etwa die Kosten für den Betrieb recht niedrig halten.

„Mit der Miete wollen wir kein großes Geld verdienen. Vielmehr sollen die Kosten erschwinglich bleiben, damit auch der Betreiber an das Projekt glaubt“, erklärt der Bürgermeister. Außerdem werden dem Betreiber von der Kommune zwei Cargo-Räder und ein motorisierter Anhänger zur Verfügung gestellt. „Die Gemeinde wird dem Betreiber unterstützend zur Hand gehen“, verspricht Viaggi. So sei etwa vorstellbar, dass das „Cyclo Croc“ bei Veranstaltungen im Ort mit eingebunden wird. Ideal wäre auch eine Synergie mit dem geplanten Bed-and-Bike-Projekt in der alten Bissener Mühle.

Einen Traumkandidaten habe man deshalb nicht, was den Betreiber angeht. „Es sollte nur jemand sein, der sich mit diesem Projekt identifizieren kann“, hofft Viaggi. „Avis aux amateurs“ also! Denn es hängt jetzt nur noch am Betreiber. Ist der Vertrag erst mal unterschrieben, kann es dem Schöffenrat zufolge schnell gehen. Am liebsten noch vor Auftakt der kommenden Radsaison!

Die Reparaturstation wird noch um Stellplätze und eine Waschanlage für Fahrräder erweitert
Die Reparaturstation wird noch um Stellplätze und eine Waschanlage für Fahrräder erweitert Foto: Editpress/Alain Rischard
Cordier
20. August 2021 - 6.19

D'Atertlinn soll rëm obgeriicht ginn. Si sollen den Zuch fir de Westen rëm ob d'Schinne setzen, da wiere mir och mol rëm méi mobil an eiser Géigend. Ouni Auto sétze mir an den Dierfer fest, well wa mer mol ob ee Bus musse waarden, dat kann daks laang daueren.

De blannen Theis
19. Mai 2021 - 10.56

Hun de Bausch a Co da kee Gréngen ze placéieren? E brauch jo néischt dovun ze kennen.... wat gëllt ass d'Pei.

Grober J-P.
17. Mai 2021 - 20.54

Dann die Gleise wieder weiter bis nach Kleinbettingen. War das damals eine coole Zeit. Durfte fast immer, je nach Laune des Lokführers, den Uerdinger "steuern".