EditorialBildung gegen „Islam-Fluencer“

Editorial / Bildung gegen „Islam-Fluencer“
 Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

Sind Sie radikal? Die meisten werden das entschieden verneinen. Radikal setzt man im Allgemeinen gleich mit extremistisch und gewaltbereit. Immer mehr Jugendliche radikalisieren sich durch Propagandavideos im Internet. Die festgenommenen jungen Männer – radikalisierte Islamisten –, die in Wien einen Anschlag auf ein Taylor-Swift-Konzert geplant hatten, sind ein Beispiel.

Das Landesamt für Verfassungsschutz des Landes Baden-Württemberg erklärte auf SWR-Anfrage bezüglich einer anderen Affäre: „Salafistische Prediger nutzen gezielt Plattformen, die besonders bei Jugendlichen beliebt sind.“ Sozialarbeiter sagen, dem entgegenwirken helfe nur, wenn man mit den Jugendlichen über problematische Inhalte rede. Reden und Erklären sind Kernelemente von Bildung, und damit ist keineswegs nur die klassische Schulbildung gemeint.

Das Adjektiv „radikal“ hat eine zweite Bedeutung: etwas Vollständiges, Gründliches, zum Beispiel „etwas radikal verneinen“. Im Frankreich des 19. Jahrhunderts stand der Begriff für die strikte Ablehnung der Feudalherrschaft, für bürgerliche Freiheiten sowie für die Trennung von Kirche und Staat. Auch heute gibt es „radikale“ Forderungen, die – ohne Gewaltanwendung – das Potenzial haben, unsere Gesellschaft nachhaltig zu verändern.

Ein englischer Professor sagte mir vor langer Zeit, er sei im Grunde Anarchist. Auf die Frage nach der radikalsten Maßnahme, die er umsetzen würde, antwortete er kurz: „Freie und kostenlose Bildung für alle.“ Der Jugendrat der deutschen „Generationen Stiftung“ veröffentlichte 2021 zehn Forderungen, die sie „radikal“ nannte; unter anderem fordert sie mehr Investitionen in Bildung.

Zur Bildung gehört auch Medienbildung. Es ist vollkommen egal, ob man sich via Papier oder online informiert; allerdings müssen Kinder und Jugendliche lernen, nicht alles für bare Münze zu nehmen. Ein „Influencer“ möchte nicht informieren, sondern eben „beeinflussen“ (viele Erwachsenen wissen es zwar auch nicht, aber in der Regel geschieht Bildung in der Jugend und Kindheit). In Zusammenhang mit radikal-islamistischen Internetforen spricht der SWR im erwähnten Beitrag von „Islam-Fluencern“.

Der anarchistische Professor hatte erkannt, dass Bildung in all ihren Facetten einer der Grundsteine für Frieden und Wohlstand ist. In den meisten EU-Ländern ist Schulbildung gratis, bei den Büchern sieht es schon anders aus. Doch Bildung ist weit mehr als zur Schule gehen, para-schulische Möglichkeiten hängen im Wesentlichen aber von den finanziellen Mitteln der Eltern ab. Aus einem im Juni veröffentlichten Bericht des Statec (siehe Tageblatt vom 24.4.2024) geht hervor, dass in Luxemburg mehr als 30.000 Kinder, das heißt etwa jedes vierte, von Armut bedroht sind. Diese Kinder haben nicht die gleichen Chancen, was zum Beispiel private Nachhilfe, zusätzliche Sprachkurse oder sonstige Extras angeht.

Der 12. August wurde von den Vereinten Nationen zum Tag der Jugend ausgerufen: Er soll unter anderem auf die Belange von Kindern und Jugendlichen hinweisen, und Politiker sollen bedenken, dass ihre Entscheidungen auch die Jugend betreffen. Der internationale Tag erinnert daran, dass alles, was wir Kindern und Jugendlichen heute in Sachen Bildung bieten, irgendwann als Bumerang zurück zur Gesellschaft kommt. Bildungspolitik steht dabei an erster Stelle.

JJ
13. August 2024 - 11.51

@Luxmann,
es braucht kein Doktorat in Geschichte um die richtige moralische Einstellung zu bekommen nachdem man die Geschichte der Nazis studiert hat,oder des Christentums,oder des Islam....oder... oder...
DAS war gemeint und eine Person wird ihre politische Einstellung vielleicht durch dieses Wissen ausrichten.

Grober J-P.
13. August 2024 - 10.17

@ Luxmann / Geschichte ist nicht nur das Aneinanderreihen von Daten. Naiv ist es, wie wir Pennäler es damals taten fürs Examen, auswendig von Julius bis Adolf die Etappen runterzurasseln. Einige Lehrer hatten auch hin und wieder Lust und Zeit die Hintergründe zu beleuchten, leider nur wenige.
In der Hinsicht sind einige „Doktoranten“ zu richtigen „Fachidioten“ geworden. Sie meinen schon richtig, man weiß nie welche Prozesse im Hirn solcher Personen…….

Luxmann
12. August 2024 - 17.38

Es ist doch naiv zu glauben,dass das studium von geschichte etwas an der politischen einstellung einer person aendert.
Man kann ein doktorat in der geschichte Frankreichs haben und leute wie Louis XIV oder Napoleon 1.entweder bewundern weil sie einen starken staat geschaffen und grosse schlachten gewonnen haben...oder sie als kriegstreiber und repressive monarchen verachten

JJ
12. August 2024 - 14.19

@smilla,
genau.Es ist nicht das Studium eines Spezialfachs,wie eben Ingenieur bei Atta & Co,es braucht eine Allgemeinbildung im sozialen Bereich,in Geschichte usw. Wir hatten einen Arzt in Pandemiezeiten der behauptet hat,dass Impfung Mumpiz ist und er fand eine große Anhängerschaft. Ob die alle wußten was wir Impfungen zu verdanken haben? Es wird sich für jede Lebenslage ein Trottel finden der ungeheuerliche Behauptungen in die Welt setzt ( Trump z.B.) und der Zuhörer findet.Aber wenn die Menschen selbst etwas Wissen mit sich herumtragen,dann werden es die Trottel dieser Welt etwas schwerer haben.

fraulein smilla
12. August 2024 - 10.47

Wie die Attentate vom 11ten September zeigen ,handelt es sich bei radikalen Islamisten sehr oft um Maenner die studiert haben . In den Reihen der SS waren %tual mehr Akademiker als in der Deutschen Gesamtbevoelkerung .

JJ
12. August 2024 - 9.21

Bravo Herr M,
Nagel auf den Kopf. Wir sprechen von KI-Regulierung und Innovation. Das Smartphone und das WWW haben großen Schaden bei der Jugend und auch bei älteren Bürgern angerichtet.Influencer Nr1,so zu sagen. Wer da nicht die Mindestbestdingungen in Sachen Bildung und eigenständigem Denken mitbringt ist leicht zu beeinflussen. Da wird die KI zur Gefahr. Ob Islam oder andere Wahnreligionen,sie können junge Gehirne schnell mit ihrem Gift infizieren. Allah,Gott oder das Spaghettimonster sehen alles.
Also richtig: " „Freie und kostenlose Bildung für alle.“ Aber bitte,die richtigen Bücher nehmen.Solche mit Geschichte und nicht mit Geschichten.