KunsteckeBildende Kunst, da spielt die Musik

Kunstecke / Bildende Kunst, da spielt die Musik
Hier geht es um die Tiefe der Beziehungen zwischen bildenden Künstlern und Musik Foto: Courtesy Zidoun-Bossuyt Gallery

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Nach Hamburg und Rotterdam bringt Kurator Max Dax, aus Kiel stammend, Musik und bildende Kunst in Dialog. Er untersucht den unsichtbaren Einfluss der Musik auf Kunst und zeigt Wechselwirkungen auf. Er hat sich dabei von der 1969 von Harald Szeemann in der Kunsthalle Bern in Szene gesetzten Schau „When Attitudes Become Form“ inspiriert.

Dienten Max Dax, Kurator, Autor und Herausgeber des Magazins Alert sowie Mitarbeiter bei anderen kulturellen Heften, die Hamburger Deichtorhallen 2019 und die Kunstahl Rotterdam 2020 als Plattform für eine spannende Konfrontation mehrerer Künstler, so hat er für „I’m Not There, The Invisible Influx of Music on Art“ die authentischen Räumlichkeiten der Zidoun & Bossuyt Gallery in Luxemburg-Grund zur Verfügung. Acht Künstlerinnen und Künstler von Renommee setzen sich jede(r) auf ihre (seine) Weise mit dem Verhältnis von Kunst und Musik auseinander, wobei die Eigenarten von Musik und Bildern sowie ihre Betrachtungs- bzw. Erlebnisart samt Nachwirkungsmomenten auf ganz unterschiedliche Manier erfasst und plastisch je nach Genre dokumentiert werden.

Wie betrachtet man ein Bild, wie hört man Musik, was bewirken diese in und mit uns, was verbindet sie oder stößt sie voneinander ab. Es geht hier nicht darum, „Bilder einer Ausstellung“ in Noten zu kleiden und daraus stimmungsvolle, musikalisch harmonische Kompositionen hervorzubringen, nein, hier geht es um mehr, um die Tiefe der Beziehungen zwischen bildenden Künstlern und Musik. Der junge deutsche Maler Max Frintrop steuert drei Arbeiten in Acryl bei, Mega-Bilder, die sich durch kräftige und in vielen blauen Schattierungen gehaltenen Kompositionen auszeichnen und fast den Eindruck vermitteln, als würden diese aufgebrochen werden. „Discovery“, „Lieder im Vakuum“ oder „What other people can’t“ benennt er diese 2018 geschaffenen, sehr beeindruckenden Werke.

Isa Genzken, eine der markantesten Vertreterinnen der deutschen Gegenwartskunst, setzt bekanntlich mehrere Techniken bei ihrem Schaffen ein. Bei diesen 1981 realisierten E-Prints geht es um Musiker und ihre physischen Standbeine, die sozusagen in Verbindung mit technischen, der Musik dienlichen Einrichtungen die Verbindung zwischen Mensch, Musik und Technik symbolisieren. Vom Luxemburger Filip Markiewicz weiß man, dass er nach linearen Zeichnungen das Medium Farbe und andere Ausdruckselemente in sein konsumkritisches Œuvre einbezogen hat, wobei er bildnerisch wie auch stark inhaltlich geprägte Umsetzung aussagekräftiger Songs aufgreifen kann und diese im Bild darstellt. „Probe für ein Stillleben“, mit eingefügtem klebendem Aktivisten neu aus dem Jahre 2023 und „Copyright copy“ klein aber fokussiert von 2015, doch mit einem heute stets aktuellen Sujet, werden hier von ihm gezeigt.

Musical Transcendences

Seit 2014 hat sich Radenko Milak aus Bosnien-Herzegowina mit seinen feinfühligen, aber politisch geprägten Aquarellen einen Namen gemacht, wobei der Kurator für diese Expo verschiedene Motive des Künstlers ausgewählt hat. Diese reichen von Bob Dylan, Barack Obama, Edward Snowden, Madonnas und Britneys Kussszene, einer Straßenaufnahme mit Schild „War is over“ oder der Umarmung von Donald Trump und Kanye West bis hin zu „Lalbach“ und einem Bühnenbild mit Kendrick Lamar, alles Werke aus der Serie „Musical Transcendences“ aus dem vergangenen Jahr. Diese sind wie eine Perlenkette eingangs der Galerie angeordnet und geben den Ton an.

Thomas Scheibitz, der mit seinem Vergleich zwischen der nachhaltigen Betrachtung eines Bildes und dem direkten Erleben von Musik sozusagen den Duktus für die Schau gesetzt hat, ist ein international anerkannter Bildhauer und Maler. Er zeigt hier seine gelbe „Nano Gitarre“ aus dem Jahre 2011, eine Wandplastik, sowie „Peace“ (2018), ein Friedenszeichen der besonderen Art aus Holz, sowie „Klavier“, eine minimalistisch, linear angeordnete Teilansicht eines Klaviers im Großformat, und „Track 7“, ein sublimiertes in einem kleinen Bild eingebautes Notenzeichen, mit dem er sich 2022 sein musikalisch-bildnerisches Zeichen gesetzt hat.

Disappearance/Reappearance

Bettina Scholz verarbeitet ihre musikalischen Eindrücke, etwa der Klänge von Helena Hauff und diverser Jazz-Improvisationen, unverhohlen und sozusagen im direkten Austausch, mit einer farblichen Sprühfreudigkeit, aus der teils mystisch erscheinende Bilder entstehen. „Disappearance/Reappearance“ von 2020 ist ein typisches Beispiel für ihre Manier, nachdenkliche Stimmung in ihren Arbeiten zu erzeugen, wobei „Qualm“ und „Firestarter“ dieses Werk auf eindrucksvolle Weise auf der großen Rückwand der Galerie abrunden.

In Gegensatz dazu stehen die Bilder des Richter-Schülers Emil Schult, der auch mit Joseph Beuys und Dieter Roth gearbeitet hat. International ist er das Aushängeschild der Musikgruppe Kraftwerk, da diese seine Kreationen teils als Cover für Alben nutzt. In der Tat, seine Arbeiten spiegeln die Dynamik und die Spielfreudigkeit dieser Musiker wider. In zackigen und bunten Kompositionen drückt er seine Empfindungen und Ideen aus. Aus einer ganzen Serie ist jedoch nur das in gelblichen Tönen und schroffen Linien gehaltene Werk „Typical angels“ aus dem Jahr 2014 sichtbar. Von ihm thront eingangs das in einer Realität-nahen Moderne gehaltene Bild „Autobahn“ (2020), das sich von der Reihe der „Kraftwerk“-Bilder doch absetzt.
Abgerundet wird diese thematisch aufgemischte Schau von Henning Strassburger, ein aus Meissen stammender Künstler, der mit seinen Ölbildern sanfte Stimmungen erzeugt, an diesen oder jenen Epigonen der Pariser Schule der Nachkriegszeit erinnert, Kompositionen hoher Ästhetik, die zur Meditation anregen und sich seiner Reihe „Possible Psycho Surf Songs“ zuordnen lassen.

Mit „I‘am Not There, The Invisible Influx of Music on Art“ präsentiert die Zidoun-Bossuyt Gallery eine von Kurator Max Dax inhaltlich thematisch interessant ausgerichtete Ausstellung, doch selbst ohne sich von diesen Dimensionen bewegen zu lassen, garantiert diese vielseitige Ausstellung ein feines Kunsterlebnis.

Ausstellung

„I’m Not There, The Invisible Influx of Music on Art“, Werke von acht Künstlern, noch bis zum 4. März (Dienstag bis Samstag, 10.00-18.00 Uhr) in der Galerie Zidoun-Bossuyt, 6, rue Saint-Ulric, Luxemburg