Alles voller BlutBesuch im Blutspendezentrum des Roten Kreuzes

Alles voller Blut / Besuch im Blutspendezentrum des Roten Kreuzes
Das Blutspendezentrum im hauptstädtischen Park Foto: Editpress/Hervé Montaigu

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Rund 13.000 Blutspender gibt es in Luxemburg. Kürzlich wurden 140 von ihnen für ihre Treue ausgezeichnet. Nach dem Corona-Jahr 2020 ist der Bedarf an Blut wieder angestiegen. Blutspenden ist ein immer währender Prozess, der am Laufen gehalten werden muss, weswegen stets Spender gesucht werden. Das Tageblatt unterhielt sich mit Dr. Andrée Heinricy vom Roten Kreuz über das Blutspenden allgemein, den Einfluss des Klimawandels und fragte, was es mit dem berühmten Cognac nach der Spende auf sich habe.

Im Wartesaal sitzen ein halbes Dutzend Leute: Es sind Spender, die darauf warten, an die Reihe zu kommen, und Personen, die den – vor dem ersten Mal – obligatorischen Fragebogen ausfüllen. Im Saal nebenan „hängen“ gerade drei Freiwillige an der Nadel, und spenden jeder 475 Milliliter Blut.

Täglich passieren 100-120 Blutspender im Bluttransfusionszentrum des Roten Kreuzes in Luxemburg-Stadt. Einer der Spender begründet sein Engagement damit, dass er es wichtig findet, Blut zu spenden. Er sei jetzt bei seiner 15. Spende. Einen Spendenaufruf habe ihn vor ein paar Jahren dazu motiviert.

Sein Nachbar kann auf eine noch beeindruckendere Historie zurückblicken: „Ich bin heute zum 100. Mal hier“, erzählt er stolz. Seit 1984 komme er. Was sich in dieser Zeit verändert habe? „Es gibt flexiblere Öffnungszeiten, und die Inneneinrichtung ist schöner geworden“, sagt er lachend. „Er gehört zu jenen Spendern, die wir jederzeit anrufen können, wenn dringend Blut benötigt wird“, sagt Dr. Andrée Heinricy, Verantwortliche für den Bereich Blutspende. Der augenblickliche Rekord liegt der Ärztin zufolge bei rund 200 Spenden.

Er spendet zum 100. Mal
Er spendet zum 100. Mal Foto: Editpress/Hervé Montaigu

Am 6. November bedankte sich das Gesundheitsministerium mit einer offiziellen Feier in Diekirch bei 140 Spendern. Blutspender werden hierzulande für ihr 20., 40. und 80. Mal geehrt. Für 100 Spenden ist nichts von staatlicher Seite vorgesehen; doch das Rote Kreuz vergisst die Treuesten nicht, und ehrt sie persönlich. Was er als Geschenk erhalten habe, wollte der Mann für sich behalten. „Es ist schwer“, sagt er lediglich lachend.

Etwas Gutes tun, der Allgemeinheit helfen: Das will nicht nur dieser „Veteran“. So wie er denken 13.726 eingetragene Blutspender (Stand 2020) in Luxemburg, davon spendeten 1.505 voriges Jahr zum ersten Mal. Alle zusammen kamen sie 2019 auf 21.734 Blutspenden. Hierzulande besitzt das Rote Kreuz übrigens das Monopol der Blutspende.

Corona bedingt schraubten die Krankenhäuser die Anzahl der Operationen 2020 zurück; damit sank auch der Bedarf an Blut. Die Ausfälle würden dieses Jahr aufgearbeitet, erklärt Vincent Ruck, Pressesprecher des Roten Kreuzes. Deshalb würde momentan auch mehr Blut als sonst benötigt. Während des Lockdowns habe es allerdings keinen Engpass gegeben: „Wir haben die Spender extra darauf hingewiesen, dass Blutspenden eine der Aktivitäten war, die es ihnen erlaubten, das Haus zu verlassen. Wir konnten in der Zeit sogar etliche neue Spender hinzugewinnen.“

Die erste Spende erfolgt im Blutspendezentrum (Später kann man sich auch zu einem der Sammelpunkte des mobilen Einsatzteams begeben*). Vor dem ersten Mal werden notwendige Daten erhoben. Dabei findet ein Gespräch mit einem Krankenpfleger oder einer -pflegerin, gegebenenfalls der Ärztin statt. Im Vorfeld sollte der neue Spender schon ein Formular mit Fragen zu Lebensgewohnheiten, früheren Krankheiten und Medikamenteneinnahme ausgefüllt haben, das er oder sie auf der Internetseite findet. Dabei kann man schon selbst sehen, ob man für eine Spende in Frage kommt, oder eventuell noch warten soll. Der Fragebogen ist allerdings auch vor Ort erhältlich und kann im Wartezimmer ausgefüllt werden.

Motivation

Das Vorgespräch sei auch deshalb wichtig, da sich viele Leute gar nicht bewusst seien, dass z. B. ein kurz zuvor stattgefundener Aufenthalt in einem Malariagebiet Grund sei, mit der Spende zu warten, sagt Heinricy. Sie würde zusätzlich auch stets nach der Motivation des Spenders fragen. „Ich wollte das schon immer tun“, sage die Mehrheit. Oft sei es dann ein Bekannter, der selber spendet, der dann die Person mitbringt; oder man kennt jemanden persönlich, der Blut benötigt, und man sieht die Notwendigkeit des Spendens. Oder sie werden wie der oben erwähnte Spender durch einen Aufruf des Roten Kreuzes dazu ermutigt. Was in Luxemburg nicht möglich sei, ist Blut für eine spezielle Person zu spenden. Auch Blutspenden für sich selbst würden nur noch selten durchgeführt, und wenn, nur auf Anfrage eines Arztes.

Wir fragten, warum im Fragebogen indirekt noch immer nach der sexuellen Orientierung der Männer gefragt werde? Dr. Heinricy scheint die Frage erwartet zu haben und korrigiert uns sofort: „Es wird nicht mehr nach der sexuellen Orientierung gefragt, sondern ob der potenzielle Spender in den zwölf Monaten zuvor sexuellen Kontakt mit einem anderen Mann hatte.“ Das sei ein großer Unterschied. Risiko sei immer eine Sache von Wahrscheinlichkeit, und bei dieser Art von Kontakt sei die Wahrscheinlichkeit, z.B. einer HIV-Übertragung, eben höher. In den meisten Ländern fordern Homosexuelle allerdings die Abschaffung dieser aus ihrer Sicht diskriminierenden Behandlung. Die Fragen seien ja auch dazu da, Spender und Empfänger zu schützen, wendet Vincent Ruck ein.

Nach der Blutabnahme werden die Blutspenden auf diverse Krankheitserreger untersucht, der größte Teil der Untersuchungen geschieht im Labor des Roten Kreuzes in Luxemburg, ein kleiner Teil wird noch am gleichen Tag nach Frankfurt gebracht, da es für eine spezifische Analyse keine kritische Masse an Spenden in Luxemburg gebe, erklärt Ruck. Auch bei den Blutanalysen macht sich mittlerweile der Klimawandel bemerkbar: Da Krankheiten wie Malaria auch schon in südeuropäischen Ländern aufgetaucht seien, müsse man diese nun auch auf dem Radar haben, erklärt Dr. Heinricy. Ergibt die Analyse ein Problem, wird der Spender informiert. Fünf bis zehn Prozent müssten deshalb mit ihrer nächsten Spende aussetzen.

Minimalreserve

Blutspenden sei ein Prozess, der permanent in Gang gehalten werden müsse. Um zu gewährleisten, dass stets genug Blut für die nationalen Krankenhäuser bereitliegt, arbeitet man mit einer Minimalreserve. Würde das Minimum erreicht, dann „wird es kritisch“, erklärt Dr. Heinricy. Rund fünf Tage würden die Reserven ausreichen. Weggeworfen würde praktisch nie etwas. Sind mal ein paar Liter übrig gegen Ende des Ablaufdatums, frage man in den Nachbarländern nach. „Es gibt immer einen Abnehmer“, sagt Ruck.

Neben der Aufteilung in Blutgruppen werden Blutplättchen, rote Blutkörperchen und Plasma nach der Spende voneinander getrennt und später auch getrennt oder zusammen benutzt, je nachdem, was der Empfänger benötigt. Dies ermöglicht eine effizientere Nutzung des kostbaren Guts. Blutplättchen werden bei 20 Grad aufbewahrt und können deshalb nur fünf Tage gelagert werden; die roten Blutkörperchen „überleben“ rund 42 Tage. Plasma wird entweder unverändert verwendet oder weiterverarbeitet. Anders als bei einer Blutspende, wo das ganze Blut abgezapft wird, und die Bestandteile danach getrennt werden, durchläuft es bei einer Plasma- und Blutplättchenspende ein Gerät, wo der benötigte Teil sofort herausgefiltert und die roten Blutkörperchen zurück in den Körper geleitet werden. Eine solche Spende dauert in der Regel länger: eine Plasmaspende zwischen 30 und 40 Minuten; eine Blutplättchenspende bis zu einer Stunde. Für beide Arten muss man, anders als bei der normalen Blutspende, einen Termin vereinbaren.

Die notwendigen Analysen erfolgen sehr schnell: Bereits einen Tag nach der Spende ist das Blut gebrauchsfertig. Der „Service distribution“ arbeitet 24 Stunden am Tag, sodass Krankenhäuser rund um die Uhr beliefert werden können.

Nach der Blutspende erhält man in der Cafeteria einen Snack und ein Getränk, um wieder zu Kräften zu kommen, erklärt Dr. Heinricy. Man sollte nie auf nüchternen Magen Blut spenden. Am Tag der Spende soll man normal essen und ausreichend trinken; vor und nach der Blutabnahme sollten Sport und Saunabesuche vermieden werden. Ehe man sich wieder ins Auto setzt, sollte man sich ausruhen. Bei der Gelegenheit räumt die Ärztin auch gleich mit dem Mythos auf, dass es nach der Spende auf Wunsch einen Cognac gebe. „Mit der Tradition hat man schon seit langem gebrochen“, lacht sie. Alkohol gebe es heutzutage gar keinen.

An diesem Wochenende findet übrigens auf dem Glacis der Bazar des Roten Kreuzes statt.

* Den Kalender der externen Sammlungen finden Sie hier.