LeseBessere Weine durch Klimawandel: Spitzenqualität in ausreichender Menge

Lese / Bessere Weine durch Klimawandel: Spitzenqualität in ausreichender Menge
Früher „Fiederwäissen“: Die Trauben reiften schnell, die Lese ist zum Großteil abgeschlossen  Foto: Editpress/Alain Rischard

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

In den 70er und 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts gab es etliche kühle Sommer, deren Sonnentage nicht einmal ausreichten, um die Rivaner-Trauben zur Reife zu bringen. Für Pinot und Riesling reichten die meteorologischen Bedingungen etwa in den Jahren 72, 74, 78, 80, 88 und 90 schon gar nicht. Diese Zeiten scheinen vorbei. Die wärmeliebenden Trauben werden seit der Jahrtausendwende von der Sonne verwöhnt. 

Zwar gab es mit den Jahrgängen 2012 und 2013 weniger warme Sommer, dies waren denn aber auch die seltenen Ausnahmen. Besonders die letzten zwei Ernten, also 2018 und 2019, sowie die aktuelle zeichnen sich durch hohe Öchsle-Grade aus. Wie Robert Ley, Direktor des Remicher Weinbauinstituts, feststellen konnte, ist die Quantität mit 74.000 Hektolitern allerdings recht gering – so liegt sie in etwa auf Vorjahresniveau. Die Werte sind hervorragend und die geringere Menge ist zu verschmerzen, da vom 2018er noch recht viel in den Kellern liegt.

Die Entwicklung der Reben wird hauptsächlich von der Lufttemperatur beeinflusst. Warme, sonnenreiche Sommer (wie auch der Sommer 2020 ganz besonders einer war) sorgen demnach für Trauben, die ausreichend Zucker und eine ausgewogene Säure haben. Damit dieser unter anderem für die Produktion von Crémant wichtige Bestandteil nicht zu stark abgebaut wird, erfolgt die Lese früher, als das noch vor Jahren üblich war. 

Der Huglin-Index

Welche Sorten wo angebaut werden können, zeigt der Huglin-Index, der Sonnendauer und Temperatur berücksichtigt. Die Abbildung zeigt den Index (schwarze Linie) und die Mindestwerte, die für verschiedene Sorten erreicht werden müssen (waagerechte Linien).

Der Huglin-Index für Remich
Der Huglin-Index für Remich

Am Beispiel der Moselregion wird eindrucksvoll ersichtlich, dass neuerdings in vielen Jahren in Luxemburg Cabernet Sauvignon, in manchen sogar Syrah angebaut werden könnte. Doch auch ohne neue Sorten auszuprobieren, bieten die zusätzlichen Sonnenstunden den Winzern den Rohstoff zu produktionstechnischen Besonderheiten. So kann ein mit viel Fachkenntnis hergestellter Pinot gris schon mal so fruchtig sein, dass er geschmacklich nahe an Aromen von Erdbeerkonfitüre herankommt.

Dass ein Aspekt des Klimawandels trockenere Sommer sind, hat wenig Einfluss auf die Trauben. Nur neue Pflanzen brauchen während langer Trockenperioden künstliche Bewässerung. Der überwiegende Teil der Pflanzen kommt dank tiefreichenden Wurzelwerks problemlos über Hitzeperioden. 

„Roude Miseler“

Dass es beliebten Sorten wie dem Riesling durch die Auswirkungen der Erderwärmung in unseren Breiten an den Kragen gehen könnte, sei kaum zu befürchten, so die Experten vom „Institut viti-vinicole“. Serge Fischer und André Mehlen verweisen auf Riesling-Sorten, die an der französischen Küste gedeihen. 

Einige Winzer an der Mosel versuchen sich inzwischen an Rotweinen. So wird immer öfter Merlot gelesen; roter Pinot noir ist inzwischen Standard an der Mosel. 

Serge Fischer, Robert Ley und André Mehlen: Experten des Weinbauinstituts
Serge Fischer, Robert Ley und André Mehlen: Experten des Weinbauinstituts Foto: Editpress/Alain Rischard

Übrigens machen sich nicht nur die Luxemburger Weinbauern die neuen klimatischen Gegebenheiten zunutze: In Belgien werden seit geraumer Zeit respektable Weine produziert, und die Briten bieten einen scheinbar ganz guten Sekt an …  

In den kommenden Wochen werden wir in loser Folge auf verschiedene Aspekte des Luxemburger Weinbaus eingehen. Das Weinbauinstitut lieferte Fachwissen und Hintergrundmaterial für diesen Beitrag.