GemeindefinanzenBesser als erwartet: Innenministerin Taina Bofferding sieht kein „systemisches Problem“

Gemeindefinanzen / Besser als erwartet: Innenministerin Taina Bofferding sieht kein „systemisches Problem“
Keine „Katastrophe“: Die Gemeindefinanzen entwickeln sich trotz Corona besser als erwartet  Foto: Editpress/Hervé Montaigu

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Die 102 Gemeinden des Landes sind bis jetzt besser durch die Pandemie gekommen als erwartet. Das hat auch etwas mit der Reform der Gemeindefinanzierung von 2016 zu tun. Die Lage sei weniger katastrophal, wie von einigen behauptet, unterstrich Innenministerin Taina Bofferding.

„Wir haben kein systemisches Problem bei den Gemeindefinanzen“: Das war die Kernaussage von Innenministerin Taina Bofferding (LSAP) am Freitag vor der Presse. Der Satz richtete sich auch an das von Emile Eicher (CSV) präsidierte Gemeindesyndikat Syvicol, an den früheren Innenminister Michel Wolter (CSV) und an einige „Députés-maires“, die genau in diese Kerbe gehauen und zum Teil von einer katastrophalen Lage für die Kommunen gesprochen hatten. Das Super-Wahljahr 2023 lässt grüßen, wie es scheint. Jedenfalls sah sich das Syvicol noch am selben Tag genötigt, in einer Pressemitteilung auf die Aussagen Bofferdings zu reagieren und seiner allgemeinen Besorgnis Ausdruck zu geben. Dabei war es beileibe nicht so, dass die Ministerin die aktuelle Situation herunterspielte oder gar verharmloste. 

Die öffentlichen Finanzen hätten unter Corona gelitten, sie sind aber nicht dramatisch schlecht und prinzipiell besser als erwartet, so Taina Bofferding. Diese Aussage stützte sie mit allerhand Zahlenmaterial, angefangen mit den Auswirkungen der Reform der Gemeindefinanzen ihres Vorgängers Dan Kersch (LSAP). Die war im Dezember 2016 Realität geworden, nachdem „sich 30 Jahre lang an der Reform die Zähne ausgebissen worden war“, wie Bofferding bemerkte.

Pro Jahr flossen seitdem allein durch die Aufstockung des „Fonds de dotation globale des communes“ (FDGC) rund 90 Millionen Euro mehr an die Gemeinden, wobei Faktoren wie die Einführung des sozioökonomischen Index die Verteilung gerechter gemacht hätte. In der Tat ging die Schere 2015 noch von 1.813 Euro pro Einwohner bis zu 4.107 Euro pro Einwohner. 2020 waren es 2.305 bis zu 4.507 Euro pro Einwohner, wobei sich letztere Höchstbeträge immer auf die Hauptstadt beziehen. Im Süden zum Beispiel ging die Gemeindefinanzierung durchschnittlichen von 2.305 Euro (2015) auf 3.113 Euro pro Einwohner in die Höhe. Die Reform der Gemeindefinanzen bedeutet also für die allermeisten der 102 Kommunen mehr Geld. Dass die Ziele erreicht wurden, bestätigt die externe Analyse durch die Zentralbank. Taina Bofferding: „Es war ein großes Glück, dass die Reform der Gemeindefinanzierung vor Corona umgesetzt wurde, weil dadurch konnten die Gemeinden besser durch das letzte Jahr kommen.“

„Gute Zeichen“

210 Millionen Euro weniger als im Oktober 2019 prognostiziert (2,1 anstelle von 2,3 Milliarden, 2017 waren es noch 1,7 Mrd., 2018 2,0 Mrd.) erhalten die Gemeinden wegen der Pandemie in diesem Jahr. Ursprünglich war von einem Minus von 418 Millionen ausgegangen worden. 30 Millionen Euro mehr für die Gemeinden gab es durch die ministeriellen Zuschüsse in Investitionen in gemeinnützige Einrichtungen. Das Investitionsvolumen der Kommunen in die Infrastruktur stieg auch 2020 an, wobei mit einem Rückgang für 2021 gerechnet wird. 128 Millionen Euro neue Schulden wurden durch die Gemeinden aufgenommen. Es sei dabei schon ein gutes Zeichen, dass keine Kommune so schlecht gestellt ist, dass sie kein Darlehen mehr erhalte, so Bofferding.

Taina Bofferding
Taina Bofferding Foto: Editpress/Hervé Montaigu

Die Liquiditäten seien quasi auf dem Niveau vom Januar 2020 geblieben, zudem stellten die Gemeinden weiter verstärkt Personal ein, was ein gutes Zeichen sei. „Das sind die reellen Fakten, wir basieren uns auf Zahlen. Meine Aufgabe ist es, die Gemeindefinanzen permanent auf dem Radar zu haben und nicht nur Momentaufnahmen zu zeigen“, sagte die Innenministerin. Als Werkzeug zur Überwachung der Finanzen benutzt man im Innenministerium ein Frühwarnsystem. Zudem steht man den Gemeinden beratend zur Seite. Insgesamt 21 Finanzberatungen habe das Ministerium den Kommunen gegeben, drei weitere seien in Vorbereitung. Man habe demnach gezeigt, dass keine Gemeinde im Regen stehen gelassen werde, so die Innenministerin.

Das Fazit von Taina Bofferding: „Der Gemeindesektor ist wesentlich für den wirtschaftlichen Aufschwung nach Corona. Die Gemeinden sind also systemrelevant, doch die Situation ist nicht so katastrophal, wie ab und an behauptet wird. Das zeigen die reellen Zahlen nach einem Jahr Pandemie. Die Gemeinden spüren natürlich die finanzielle Auswirkung von Corona, aber es ist keine systemische Krise. Die Gemeinden bleiben handlungsfähig und werden nicht pleitegehen.“