ItalienBerlusconi und Salvini unterstützen Meloni als künftige Regierungschefin

Italien / Berlusconi und Salvini unterstützen Meloni als künftige Regierungschefin
„Danke Italien“, in weiten Teilen der EU wird die Freude über dieses Wahlergebnis nicht geteilt Foto: AFP/Andreas Solaro

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Die extreme italienische Rechte hat bei den Parlamentswahlen einen deutlichen Sieg eingefahren. Aller Voraussicht nach wird Giorgia Meloni neue Ministerpräsidentin in Rom. Die Linke kündigt zwar eine starke Opposition an, muss dafür aber erst einmal die inneren Streitigkeiten beilegen.

Es kam, wie es die Prognosen bereits seit Wochen vorhergesagt hatten: Giorgia Melonis Fratelli d’Italia (FdI) gingen aus den am Sonntag abgehaltenen Parlamentswahlen als stärkste Partei hervor. Das Rechts-Bündnis aus FdI, Lega und Forza Italia werden mit 43,2 Prozent Stimmenanteil den jeweils größten parlamentarischen Block sowohl im Abgeordnetenhaus als auch im Senat stellen.

Mit Giorgia Meloni wird erstmals eine Frau in den Palazzo Chigi einziehen. Ihre Mitstreiter Matteo Salvini (Lega) und Silvio Berlusconi (Forza Italia, FI) kündigten bereits an, die FdI-Chefin an der Spitze einer Rechtsregierung „mit vollen Kräften“ zu unterstützen.

Deutlicher Applaus kam auch von der europäischen Rechten. Viktor Orbán nannte den Sieg der italienischen Rechtskräfte mehr als verdient. „Bravo, Giorgia“ schrieb der ungarische Premier auf seiner Facebookseite. Beifall kam ebenfalls von Frankreichs Marine Le Pen sowie von den polnischen PiS-Politikern.

Meloni auf Regierungskurs

Noch waren am Montagmittag nicht alle Stimmen ausgezählt und Parlamentssitze vergeben. Doch die Hauptnachricht ist wohl deutlich: Die Rechts-Allianz wird die Regierung und Giorgia Meloni den Chefsessel übernehmen. Dennoch, die Lega hat gegenüber 2018 deutlich an Stimmen zugunsten der Postfaschisten verloren und kommt nur mehr auf 8,9 Prozent der Stimmen. Damit liegt Salvinis frühere Separatisten-Partei knapp vor Berlusconis FI (8,3 Prozent). Mehr als dreimal so viel, nämlich 26 Prozent, können die Brüder Italiens vorweisen. Das ist gegenüber den Vorwahlen von 2018 eine Steigerung um 21,7 Prozent. Vor allem in den Lega-Hochburgen des italienischen Nordens übertrumpften die Kandidaten von FdI ihre rechten Mitbewerber. In einer ersten Pressekonferenz gab sich Matteo Salvini dennoch selbstbewusst und dachte nicht im Geringsten daran, die Schuld für das Wahldebakel auf seine Kappe zu nehmen. Selbstverständlich bliebe er Parteivorsitzender und werde an der Regierung teilnehmen. Salvini hofft darauf, seinen 2018 eingebüßten Sessel als Innenminister zurückzugewinnen.

Silvio Berlusconi, den man getrost als das Stehaufmännchen der italienischen Politik betrachten kann, darf nach seiner juristisch bedingten Zwangspause als Senator ins Parlament einziehen. Mit strahlendem Lächeln – wie gewohnt – darf der Ex-Cavaliere übermorgen seinen 86. Geburtstag feiern, und vielleicht noch hoffen, doch als rechter Kandidat für die kommenden Präsidentenwahlen aufgestellt zu werden. Immerhin sieht sich Berlusconi als „Übervater“ seiner jungen Kampfgefährten Meloni und Salvini.

Nach dem Sieg kommen die Probleme

Doch den Wahlsieg erringen ist eines, die vor Italien stehenden Probleme anzugehen und zu lösen, eine andere Sache. Denn mit den internationalen Konflikten steckt Italien in einer tiefen Wirtschafts- und Finanzkrise. Die Märkte sind besorgt ob der hohen Staatsverschuldung. Zwar hatte Mario Draghi mit seiner wirtschaftsfreundlichen Politik seitens der EU hohe Finanzunterstützungen aushandeln können, doch waren diese an strenge Auflagen gegenüber Italien geknüpft. Doch genau die wollen die Rechten nun nicht erfüllen. Ähnlich wie die Souveränisten in Polen und Ungarn wollen sie sich von Brüssel nichts „diktieren“ lassen. Eine Haltung, die bei den EU-Partnern mehr als nur Besorgnis über die Entwicklung in der drittgrößten Volkswirtschaft Europas auslöst.

Meloni muss daher einen Balanceakt hinlegen, um einerseits Brüssel nicht zu enttäuschen, andererseits aber die Möglichkeiten so auszureizen, dass sich ihre Wähler nicht von der rechten Politik abwenden. Ähnlich wie ihre politischen Vorbilder Donald Trump und Viktor Orbán versucht sie dies, in dem sie die „Werte“ der Gesellschaft anspricht: Ihrer Ansicht nach steht das Interesse der Italiener über allem, Werte wie Familie und christlicher Zusammenhalt sind hoch zu schätzen. Zwar plädiert Meloni nicht direkt für ein Abtreibungsverbot, doch will sie die „Lebensrechte Ungeborener“ gesetzlich schützen lassen. Eine deutlich restriktive Politik ist auch allen Migranten gegenüber zu erwarten. Schon im Vorfeld sprach die FdI-Chefin von einer Seeblockade gegenüber Flüchtlingsbooten – und liegt damit auf der Linie des früheren Innenministers Salvini.

Alles in allem kann man in den kommenden Wochen von der römischen Politik einen deutlichen Rechtsruck erwarten. Wie stark der ausschlägt, wird auch von den Personalien abhängen, mit denen die Schlüsselpositionen besetzt werden.