RadsportBen Gastauer vor dem Start der Saison: „Es ist wie eine Vaterrolle, die ich übernehme“

Radsport / Ben Gastauer vor dem Start der Saison: „Es ist wie eine Vaterrolle, die ich übernehme“
Ben Gastauer will seine Erfahrung an die jüngeren Profis weitergeben Foto: Tageblatt-Archiv/Anouk Flesch

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An diesem Sonntag wird Ben Gastauer seinen Saisonauftakt beim Grand Prix Cycliste la Marseillaise geben. Der 33-Jährige geht in seine zwölfte Saison als Profi bei Ag2r und wechselt in diesem Jahr ein wenig seine Rolle. Der erfahrene Schifflinger will vor allem den jungen Fahrern helfen, sich weiterzuentwickeln. Im Gespräch mit dem Tageblatt verrät er, mit welchem Rennen er noch eine Rechnung offen hat und wie seine Pläne nach der Karriere lauten. Außerdem spricht er über seine erneute Nichtnominierung in den COSL-Elitekader.

Tageblatt: Ben Gastauer, Sie kommen aus einer kunstbegeisterten Familie. Was halten Sie vom neuen Trikot Ihres Teams?

Ben Gastauer: Um ehrlich zu sein, hat es mich überrascht. Es ist ein Design, das ich nicht erwartet hätte. Ich finde es insgesamt aber schön. Auch, dass der Sponsor groß auf dem Trikot zu sehen ist, finde ich gut. 

Insgesamt hat Ihr Team elf Neuzugänge. Als Sie zum Trainingslager im Hotel ankamen – dachten Sie für einen Moment, dass Sie bei der falschen Mannschaft gelandet wären?

Nein (lacht). Ich wusste, dass wir so viele neue Leute haben. Das ist schon ungewöhnlich. Aber die Kommunikation in den ersten Tagen lief sehr gut, alle sind gut integriert. Jeder hat mit jedem diskutiert, das stellte kein großes Problem dar. 

Seit 2010 gehören Sie der WorldTour-Mannschaft von Ag2r an. Kein Fahrer kennt das Team so gut wie Sie. Fühlen Sie sich in diesem Jahr – auch wegen der vielen Neuzugänge – ein wenig wie der Papa des Teams?

Das kann man schon so sagen (lacht). Ich bin von allen am längsten hier dabei. Es ist so etwas wie eine Vaterrolle, die ich übernehme. Gerade gegenüber den jüngsten Fahrern. Ich werde versuchen, ihnen bei den Rennen so gut wie möglich weiterzuhelfen und ihnen zu erklären, wie alles abläuft. Bei den jungen Fahrern ist das sehr wichtig. Es ist schön, ihnen Dinge zu erklären, das macht mir Freude. Ich habe auch Bob einiges erklärt. Meine Rolle ist diesbezüglich in diesem Jahr wichtiger. 

Am Sonntag sind Sie vom Trainingslager zurückgekommen. Wie ist Ihre Form?

Der Aufenthalt mit der Mannschaft in Denia war super. Wir hatten tolles Wetter und konnten bei guten Bedingungen trainieren. Im Dezember war ich außerdem zehn Tage in Nizza. Danach konnte ich noch ein wenig in Luxemburg fahren – es war kalt, aber fahrbar. Momentan ist es etwas komplizierter hier. In dieser Woche stand aber sowieso Erholung auf dem Programm. Am Sonntag geht es immerhin schon los.

Ihre Mannschaft hat die Philosophie geändert und will sich mehr auf Eintagesrennen konzentrieren. 

Die Klassiker sind nicht unbedingt meine Lieblingsrennen. Meine Rolle wird ähnlich wie die Jahre zuvor sein. Ich werde bei Rundfahrten für das Team da sein. Das ist mein Terrain. Es wird dort das Ziel sein, den jungen Fahrern zu helfen, ihnen einiges beizubringen. 

In einem neuen Trikot wird Gastauer am Sonntag seinen Saisonauftakt geben 
In einem neuen Trikot wird Gastauer am Sonntag seinen Saisonauftakt geben  Foto: Ag2r-Citroën

Wie lautet Ihr Programm für dieses Jahr?

Ich habe wie gewohnt ein strammes Programm in der ersten Saisonhälfte. Damit bekomme ich eine gute Basis für den Giro. Ich freue mich, zu Beginn der Saison die Rennen in Frankreich zu fahren. Ich beginne am Sonntag mit dem Grand Prix Cycliste la Marseillaise, dann folgen die Etoile de Bessèges und die Tour des Alpes Maritimes et du Var. Das Highlight dieser Saison ist der Giro d’Italia. 

Sie haben wohl noch eine Rechnung mit dem Giro offen. 

Das kann man so sagen. Die letzten zwei großen Rundfahrten in Italien liefen nicht wie geplant. Ich will eine Revanche nehmen, weil der Giro auch zu meinen Lieblingsrennen gehört. Ich möchte, dass ich wieder in Frieden mit der Italien-Rundfahrt sein kann. (lacht) 

Zur Vorbereitung werden Sie mit Bob Jungels die Katalonien-Rundfahrt angehen.

Wie es aussieht, wird es das einzige Rennen sein, dass ich zusammen mit Bob fahren werde. Es hängt jedoch auch sehr davon ab, ob unser Rennprogramm so wie geplant durchgezogen werden kann. Ich fahre den Giro, er einige Klassiker und dann die Tour. Unser Programm ist ziemlich verschieden. 

Ein anderes Rennen, das Sie zusammen fahren könnten, könnte das olympische Straßenrennen sein.

Für mich bleibt Olympia ein großes Ziel. Ich wäre sehr froh, wenn zwei Fahrer aus unserem Team für Luxemburg dort starten könnten. Ich muss aber zeigen, dass ich den Platz verdiene. Die Zeit läuft mir weg – wenn ich bei Olympia dabei sein will, dann wohl in diesem Jahr. Diese Chance will ich nutzen. 

Wie letztes Jahr sind Sie erneut nicht Teil des COSL-Elitekaders. Können Sie das nachvollziehen?

Die Begründung ist die gleiche wie im letzten Jahr auch: Ich habe nicht genügend UCI-Punkte eingefahren. Es war eine kurze und sehr komplizierte Saison. Dazu kam mein Schlüsselbeinbruch. Ich hatte also nicht viele Chancen, Punkte zu ergattern. Deswegen bin ich halt nicht dabei. Das COSL hat seine Gründe, das ist nun mal so. Ich bleibe aber weiterhin ein Kandidat für Olympia. Es gab bereits einige Diskussionen bezüglich des Punktesystems mit dem COSL, aber es dauert noch, bis sie etwas ändern können. Es braucht ein wenig Zeit, aber ich glaube, dass wir da auf dem richtigen Weg sind. 

Sie sind nun 33 Jahre alt. Haben Sie sich schon Gedanken über ein mögliches Karriereende gemacht?

Ich habe einen Plan für nach der Karriere. Das ist wichtig für mich, so bleibe ich im Kopf ruhig. Ich werde abwarten, wie die Saison läuft, dann schaue ich weiter. Ich bin noch motiviert, bereite mich aber auch auf die Zeit nach der Karriere vor. Das ist wichtig. Solange, wie ich gerne fahre, werde ich das tun – wenn das nicht mehr der Fall sein sollte, werde ich aufhören. Nach der sportlichen Karriere möchte ich studieren gehen. Ich werde Physiotherapie studieren, das dauert fünf Jahre und somit werde ich erst später arbeiten. Ich habe das mit meiner Frau und der Familie schon diesbezüglich organisiert, es ist also machbar. In welcher Domäne ich arbeiten will, weiß ich noch nicht. Vielleicht im Sport. Ich habe aber so eine Arbeit, die mir Sicherheit gibt und die mir auch Spaß macht. Ich bin aber gespannt, wie es sein wird, wieder die Schulbank zu drücken. (lacht) 

Vorläufiges Rennprogramm

31. Januar: Grand Prix de la Marseillaise (1.1)
3.-7. Februar: Etoile de Bessèges  (2.1)
19.-21. Februar: Tour des Alpes maritimes et du Var (2.1)
27. Februar: Drôme Classic (1.Pro)
28. Februar: Faun-Ardèche Classic (1.Pro)
3. März: Trophée Laigueglia (1.Pro)
22.-28. März: Katalonien-Rundfahrt (2. UWT)
5.-10. April: Baskenland-Rundfahrt (2. UWT)
17. April: Tour du Jura (1.2)
1. Mai: Eschborn-Frankfurt (1. UWT)
8.-30. Mai: Giro d’Italia (2. UWT)