Covid-GesetzBelohnung, Bestrafung – und der Weg aus der Krise 

Covid-Gesetz / Belohnung, Bestrafung – und der Weg aus der Krise 
Die CSV-Politiker Gilles Roth und Laurent Mosar sind mit dem neuen Covid-Gesetz nicht einverstanden Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Luxemburgs Parlament hat am Montag mit den Stimmen der Mehrheitsparteien einer zweimonatigen Verlängerung und teilweisen Änderung der Anti-Covid-Maßnahmen zugestimmt. Eine Neuerung ist das den Betrieben und Verwaltungen eingeräumte Recht, das Covid-Check-Regime einzuführen. Eine Impfpflicht werde damit jedoch nicht eingeführt, so die Mehrheitssprecher unisono.

Je länger die Covid-19-Pandemie dauert, umso größer scheint der Riss zwischen Geimpften und Impfskeptikern zu werden, wie die letztwöchige Demonstration von rund 4.000 Impfskeptikern und vermeintlichen Beschützern individueller Freiheitsrechte vor Augen führte. Doch auch im Parlament vertiefen sich die Gräben. Gestern während der Debatte zum neuen Covid-Gesetz war die zunehmende Spannung zwischen Mehrheit und Opposition deutlich spürbar. Daran konnte auch Berichterstatter Mars di Bartolomeo (LSAP), der bisher stets die gute Zusammenarbeit im Parlamentsausschuss betont hatte, nichts ändern.

Man sei dem gemeinsamen Ziel, das Virus in den Griff zu bekommen, wesentlich näher gekommen, so der sozialistische Abgeordnete, der eigener Berechnung zufolge am Montag bereits zum 23. Mal den Bericht zum Covid-Gesetzentwurf vorlegte. Die ergriffenen Maßnahmen bezeichnete er als einen Balanceakt zwischen dem Schutz der Gesundheit der Gesellschaft und den Freiheiten des Einzelnen. Da seien viele, die laut reden, und eine Mehrheit, die leiser rede, so der Abgeordnete zu den aktuellen Spannungen. Die Inzidenz sei bei nicht geimpften Personen weit höher als bei Geimpften. Das Risiko der Ersteren, auf der Intensivstation zu landen, ebenfalls. Man sollte auf die Experten hören und nicht auf solche, denen die Zulassung entzogen wurde.

Das Gesetz sieht einige Lockerungen vor, führt andererseits zusätzliche Beschränkungen ein. Ziel ist es, die Impfquote zu erhöhen. Die Impfungen sollen dazu beitragen, sowohl die Krankenhäuser als auch die Beschäftigten des Gesundheitssektors vor einer Überlastung zu schützen. Er wolle sich nicht vorstellen, was im Gesundheitssektor los wäre, wären die Anstrengungen der vergangenen Monate nicht gewesen.

Schnelltest vor Ort nicht mehr gültig

Dem neuen Gesetz zufolge ist beim Covid-Check der Schnelltest vor Ort nicht mehr gültig. Es sei denn, er wurde von medizinischen Mitarbeitern zertifiziert. Das 3G-Regime ist nur bei Kindern und Jugendlichen ab zwölf Jahre und zwei Monate anzuwenden. Wer in den Innenbereich eines Restaurants oder eines Cafés will, muss sich ab dem 1. November dem Covid-Check unterziehen. Für den Aufenthalt auf der Terrasse bleibt 3G weiterhin fakultativ. Versammlungen mit bis zu 2.000 Teilnehmern können neuerdings ebenfalls gemäß den 3G-Regeln stattfinden.

Einmal Impfnachweis bitte: Vor der Session mussten die Parlamentarier ihren Impfstatus nachweisen – wie hier die LSAP-Politikerin Lydia Mutsch
Einmal Impfnachweis bitte: Vor der Session mussten die Parlamentarier ihren Impfstatus nachweisen – wie hier die LSAP-Politikerin Lydia Mutsch Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

Für den größten Diskussionsbedarf sorgte auch im Parlament das den Arbeitgebern und den Verwaltungschefs eingeräumte Recht, den Betrieb ganz oder teilweise unter Covid-Check-Regime zu stellen. Wie bereits die Gewerkschaften des Privat- und öffentlichen Sektors zuvor beklagten Oppositionssprecher gestern, dass die Regierung die Verantwortung auf die Unternehmen bzw. die Verwaltung abwälze. Daran konnte auch die Aussage von di Bartolomeo, diese Neubestimmung entspreche dem Wunsch der Betroffenen, nichts ändern. Covid-Check sollte zu mehr Normalität an der Arbeitsstelle führen. Dabei müssten auch die Regeln der Mitbestimmung gelten. Vor der Einführung müssten die Personalvertreter gehört werden.

Davon war CSV-Covid-Sprecher Claude Wiseler nicht überzeugt. Die Verantwortung werde an die Betriebs- und Verwaltungschefs weitergereicht. „Man sagt zu ihnen: Macht, was ihr wollt“, so Wiseler, der sich genauere Angaben im Gesetz wünschte. Was Arbeitsminister Dan Kersch (LSAP) mit der Aussage kontern sollte, man könne nicht per Gesetz jede Einzelsituation in den tausenden Betrieben festschreiben.

Opposition moniert rechtliche Unklarheiten

Wiseler befürchtete rechtliche Unklarheiten. Was geschieht, falls ein Unternehmen auf Covid-Check verzichte, sich dennoch eine Infektionskette ergebe? Werde die Direktion zur Verantwortung gezogen? Was blüht dem nicht geimpften Arbeitnehmer, der den Test ablehnt? Dass der Streitfall vor Gericht ausgetragen werden soll, sei für die CSV nicht hinnehmbar. Dass Nichtgeimpfte den Test selbst zahlen müssen, diskriminiere einkommensschwache Personen, befürchtete er.

Zuvor hatte Wiseler die Kommunikationspolitik der Regierung kritisiert. Sie sei für die im EU-Vergleich niedrige Impfquote in Luxemburg mitverantwortlich. Ausländischen Studien zufolge habe man es bei Impfverweigerern mit wenigen prinzipiellen Impfgegnern zu tun. Unentschlossene sollten mit einer gezielten Erklärungskampagne überzeugt werden, wobei auf Alter, Berufsgruppen und Sprache zu achten sei.

Er teile die Einschätzung der CSV nicht, dass die Impfkampagne schlecht organisiert sei, so DP-Fraktionssprecher Gilles Baum. Impfen sei noch nie so einfach gewesen. Die Bevölkerung sei ausgiebig informiert werden, dennoch müsse weiter sensibilisiert werden, um die letzten 25 Prozent der nicht geimpften erwachsenen Bevölkerung (über zwölf Jahre) zu erreichen. Die Menschen sollten auf die Wissenschaft, auf die ausgezeichneten Virologen hören, statt alles zu glauben, was in den sozialen Medien verbreitet werde. Er sei schockiert, wenn einige behaupten, Luxemburg sei eine Diktatur, wenn die Impfkampagne mit Ereignissen aus den dunkelsten Stunden der Luxemburger Geschichte verglichen würden.

Betriebe können selbst entscheiden

Zur Frage des Covid-Checks in den Betrieben betonte Baum, dass der Arbeitgeber für seine Beschäftigten verantwortlich sei. Die Wahl zur Einführung von 3G werde nicht vorgeschrieben. Die Betriebe könnten selbst entscheiden, ob und wie er sich organisieren möchten. Das Gesetz führe keine Impfpflicht ein, sei aber klares Bekenntnis, dass die Impfung der einzige Weg aus der Krise sei. Bis Mitte Dezember sollte die Impfquote auf mindestens 80 Prozent gestiegen sein. Gilles Baums Ausführungen wurden zum Schluss von Zwischenrufen von der Parlamentstribüne begleitet, wo sich einige Impfskeptiker eingefunden hatten. Was Parlamentspräsident Fernand Etgen mit der Drohung quittierte, die Tribüne räumen zu lassen.

Die Infektionszahlen müssen runter, sagte auch Georges Engel (LSAP-Fraktionspräsident). Konkreter als andere ging er auf die Antiimpfstimmung unter einzelnen Bevölkerungsteilen ein. Die Demokratie müsse auch eine Demonstration von 4.000 Teilnehmern aushalten. Diesen 4.000 stünden jedoch 400.000 Geimpfte gegenüber. Diese vertrauten der Wissenschaft und stellten die Autorität der Behörden nicht infrage.

Diese 400.000 hätten dazu beigetragen, dass man erneut mehr Freiheiten genieße und das Land sich nicht wieder im Lockdown befinde. Natürlich helfe ein gesunder Lebensstil, aber das Virus lasse sich damit nicht aufhalten. Die meisten Menschen seien davon überzeugt, dass die Impfung helfe. Es sei nicht hinnehmbar, dass eine Mehrheit, die sich impfen ließ, noch weitere Einschränkungen hinnehmen müsse, bloß weil eine Minderheit sich nicht impfen lassen wolle. Man müsse auch auf die Rechte der 400.000 achten.

Impfungen sind eine der größten Errungenschaften der Medizin

Josée Lorschée, déi gréng

Wie eine Welt ohne Impfstoff aussähe, konnte man während des Lockdowns sehen, stellte Josée Lorsché („déi gréng“) fest. Die Impfungen bezeichnete sie als eine der größten Errungenschaften der Medizin und der Wissenschaft insgesamt. Dank ihnen gehörten lebensgefährliche Infektionskrankheiten der Geschichte an. Die Impfung schütze vor der Verbreitung des Virus, weil die Viruslast geringer sei. Die Wirksamkeit der Impfstoffe sei historisch belegt. Impfen sei besser als testen, das sei die Basis dieses Gesetzentwurfs, so Lorsché. Mit dem Gesetz wolle man das Infektionsrisiko noch weiter reduzieren, wissend, dass die saisonale Grippe bevorstehe. Geimpften soll das Leben erleichtert und Nichtgeimpften weniger angenehm gemacht werden. Schließlich hätten die Geimpften zum Schutz der Gesellschaft beigetragen.

Man sollte die Situation nicht bloß aus dem Blickwinkel Nichtgeimpfter betrachten, so Lorsché weiter. Die, die sich impfen ließen, täten das, um sich und ihre Nächsten zu schützen. Sollen diese nun gezwungen werden, weiterhin eine Maske zu tragen, weil andere ihr Recht auf Impfung nicht nutzen wollen oder sich Tests verweigern? Nein, sagte Lorsché und zitierte Immanuel Kant: „Die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo die Freiheit des anderen beginnt.“ Das gelte auch in Pandemie-Zeiten. Sie verschloss sich der Idee nicht, Impfzweifler mit Incentives doch noch zum schützenden Piks zu überzeugen.

Aus unterschiedlichen Gründen sprachen sich die Sprecher von ADR, „déi Lénk“ und Piratenpartei gegen die Gesetzesvorlage aus. Regeln müssten auf einem breiten demokratischen Konsens beruhen, was bei diesem Gesetz nicht der Fall sei, sagte Jeff Engelen (ADR) unter Berufung auf die kritischen Gutachten der Berufskammern.

Belohnung und Bestrafung

Nathalie Oberweis („déi Lénk“) zeigte sich ihrerseits schockiert über Aussagen, dass einer Minderheit das Leben erschwert werden soll. Mit dem Gesetz wolle man noch nicht geimpfte Menschen unter Druck setzen. Es sei surreal, dass die einen belohnt, die anderen bestraft werden. Auch sie sei für die Impfung und für das Recht auf Impfung. Es gehe aber um die Art, wie das Ganze nun gehandhabt werde. Oberweis spricht von erpresserischen Methoden und von der Einführung einer Impfpflicht durch die Hintertür.

Das Ziel sei wohl richtig, die dazu angewandten Mittel jedoch nicht, betonte Sven Clement (Piratenpartei). Wer kein Geld habe, werde gezwungen, sich impfen zu lassen, oder er riskiere seinen Arbeitsplatz. Jede Zwangsmaßnahme bestätige die Skeptiker und stachele ihren Widerstandsgeist an. Man müsse den Menschen die Angst nehmen – das gehe nicht mit zusätzlichem Druck.

Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP) und Marc Hansen (DP), Minister für den öffentlichen Dienst
Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP) und Marc Hansen (DP), Minister für den öffentlichen Dienst Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

Die Philosophie des vorliegenden Gesetzestextes ließe sich in wenigen Sätzen von Gesundheitsministerin Paulette Lenert zusammenfassen. In Ländern mit niedriger Impfrate stiegen die Infektionsraten. Dort wo die Maßnahmen gestrafft würden, stiege die Impfquote an. In Luxemburg habe die Ankündigung neuer Maßnahmen gereicht, um die Bereitschaft zum Impfen um 60 Prozent anzuheben.

Lenert wies die insbesondere von CSV-Seite erhobenen Vorwürfe einer mangelhaften Kommunikationspolitik zurück. Seit Monaten fänden etliche Kampagnen in den verschiedenen Medien statt. Sie verwies dabei auf Beiträge wie Live-Events mit Virologen in sozialen Medien hin, auf Kampagnen in analogen Medien, rund 15 Postwurfsendungen in unterschiedlichen Sprachen, sieben Radiokampagnen, 24 Newsletters für das medizinische Personal und ein Dutzend Webinare für Mensch in Gesundheitsberufen hin. Ihre Behörde habe mit der Ausländerorganisation CLAE zusammengearbeitet, um nach besseren Kommunikationswegen zu suchen, habe mit Gewerkschaftsdelegierten in den Betrieben geredet. Mit dem Arbeitgeberverband UEL sei ein Fragebogen ausgearbeitet worden, um die Menschen nach den Gründen für ihre Impfverweigerung zu fragen.

Die Regierung sei um ein Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Ansprüchen bemüht, betonte Lenert. Eine Impfpflicht wolle man nicht. Aber Fortschritte gebe es nur, wenn die Impfrate erhöht werde. Die freie Wahl wolle man achten, sie aber nicht durch Gratistests unterstützen.

Vizepremier und Arbeitsminister Dan Kersch (LSAP) verteidigte seinerseits die fakultative Einführung des Covid-Check-Regimes in den Betrieben. Dabei schreibe man ins Gesetz lediglich das ein, was bisher schon möglich war. Einmal Covid-Check eingeführt sei die Maßnahme wie andere Sicherheitsvorgaben im Unternehmen zu betrachten. In den meisten Betrieben würden diese (im Parlament geführten) theoretischen Diskussionen ohnehin kaum stattfinden, gab sich Kersch überzeugt. Man werde Lösungen vor Ort finden.

Die Gesetzesvorlage wurde mit 31 Ja- und 29 Nein-Stimmen verabschiedet.

Eddy K
19. Oktober 2021 - 11.07

Ja, wie viele Menschen sind bereits an den Folgen dieser Injektionen gestorben? In meiner Gegend kenne ich jedoch persönlich zwei Menschen, die nach der ersten Injektion gestorben sind. Diese Menschen waren sportlich und nicht krank. Und wie viele Menschen sind mit Corona und nicht durch Corona gestorben? Warum werden dicke Menschen nicht bestraft, denn sie sind auch eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit, diese Menschen landen auch mit Herz-, Nieren- und Gefäßerkrankungen im Krankenhaus und belasten das Gesundheitssystem, diese Menschen sollten auch in einem Restaurant Hausverbot bekommen, weil sie zu viel essen, oder sie bekommen nur ein Diätessen, aber welches Restaurant macht das mit ?

Gaston de la Piquouse
18. Oktober 2021 - 18.21

Wenn die Vertreter der Interessen und Rechte der Mehrheit ihrer luxemburger Mitbürger sich erlauben per Gesetz über Leben und Tod ihrer Wähler zu entscheiden so ist das wenigste das man von ihnen erwarten kann und muss, dass sie bis ins kleinste Detail ihrer Entscheidung informiert und überzeugt sind. Mehr brauch ich wohl was Jurisprudenz betrifft hier nicht anzudeuten. Deshalb meine Frage, die eines nicht Lebensmüden 86 jährigen glücklicherweise noch relativen Gesunden an alle die das heutige Covid-Gesetz gestimmt haben , ob sie wissen, dass u.a.m. « der Chefpathologe Schirmacher der nahen Uni Heidelberg zu viel mehr Obduktionen von Geimpften drängt .Neben Coronatoten müssten auch die Leichnahme von Menschen die im zeitlichen Zusammenhang mit einer Impfung sterben , häufiger untersucht werden,sagte Schirmacher der Presse-Agentur.Er warnt vor einer HOHEN DUNKELZIFFER AN IMPFTOTEN. Seit einem Jahr werden an der Uniklinik solche Coronatote obduziert.Von 42 dieser Obduktionen liegen die Resultate von über 20 vor wovon 1/3tel an den Folgen starb. Das Land unterstützt die Corona-19 Obduktionsforscher mit 1,8 Millionen Euro und die gewonnenen Erkenntnisse helfen dabei Erkrankten nun besser zu behandeln und Leben zu retten. » Ich nehme an dass alle Antworten JA lauten, da ja auch eine offizielle Obduktion einer 74jährigen Frau von der Staatsanwaltschaft die direkte Relation ihres Todes mit der Impfung in Zusammenhang brachte , oder ?

Wieder Mann
18. Oktober 2021 - 17.59

Ob es der Weg aus der Krise ist zeigt die Zukunft,.Fakt ist die heutigen Infektionszahlen des Wochenendes 262 Infizierte, 7 Intensivpatienten melden.Das sieht nicht nach Entspannung aus , eher die von der Politik verkündete Sicherheit ein Trugschluss ist.