ErmittlerBei der „Police scientifique“ geht es per Wissenschaft auf Verbrecherjagd

Ermittler / Bei der „Police scientifique“ geht es per Wissenschaft auf Verbrecherjagd
Pinsel und Puder haben bei den Ermittlern der Kriminalpolizei noch nicht ausgedient. Je nach Beschaffenheit des Beweisstückes aber müssen sich die Beamten anderer Techniken bedienen. Fotos: Editpress/Julien Garroy

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Sie sind die „Cops im weißen Kittel“, die verdeckten Ermittler im Hintergrund: Die „Police scientifique“ der Kriminalpolizei bedient sich modernster Wissenschaft, um Verbrecher zu überführen.  Statt auf Handschellen und Pistolen setzen sie auf Puder, Pinsel und Mikroskop. 

Sie war auf die Frage gefasst. Beim Wort „CSI“ lacht Chloé Lucius kurz auf. Vergleiche mit beliebten TV-Serien ist die Leiterin der „Police scientifique“ in Luxemburg gewohnt. Es scheint die junge Wissenschaftlerin auch nicht weiter zu stören, wenn man sie zu den Parallelen zwischen der eigenen Arbeit bei der „Police judiciaire“ und den Hochglanz-Ermittlungen auf der Mattscheibe befragt.

Die studierte Forensikerin steht einem Team von 23 Ermittlern im weißen Kittel vor. Beamte, die ihre Pistole gegen Puder und Pinsel eingetauscht haben und den Verbrechern in den Laboratorien der Kriminalpolizei in Hamm mit Mikroskop, Chemikalien und Spektrometern zu Leibe rücken. Bei den Mitarbeitern handelt es sich aber nicht ausschließlich um Polizisten: „Wir haben ganz unterschiedliche Profile in der ‚Police scientifique’“, bestätigt Chloé Lucius. „Zum Beispiel ehemalige Beamte der Kriminaltechnik, die sich auf einen bestimmten Bereich spezialisiert haben, oder Zivilisten mit einem Master in Biochemie oder Forensik.“

Die junge Forensikerin Chloé Lucius leitet die wissenschaftliche Abteilung der Kriminalpolizei in Hamm. 23 Mitglieder zählt die Abteilung, darunter zahlreiche Forensiker und Biochemiker.
Die junge Forensikerin Chloé Lucius leitet die wissenschaftliche Abteilung der Kriminalpolizei in Hamm. 23 Mitglieder zählt die Abteilung, darunter zahlreiche Forensiker und Biochemiker.

Ihre Aufgabe ist die Auswertung von Spuren und Beweisen, die von Beamten der Kriminaltechnik am Tatort sichergestellt wurden. Aufgeteilt in unterschiedliche Kompetenzbereiche: Manche Ermittler konzentrieren sich auf die Sicherung und Analyse von Fingerabdrücken, während andere Experten sich mit der Bestimmung von Fußabdrücken und Schuhspuren befassen. Weitere Felder betreffen die Ballistik und die Analyse von Dokumenten, etwa im Falle gefälschter Unterschriften, oder die Bestimmung von Werkzeugen, die zur Ausübung des Verbrechens genutzt wurden.

DNA-Analysen und toxikologische Untersuchungen werden hingegen vom „Laboratoire national de santé“ (LNS) in Düdelingen übernommen. „Zwar befassen wir uns zum Teil auch mit biologischen Analysen, doch ganze DNA-Profile werden im Staatslaboratorium erstellt. Wir speisen die Resultate dann ins System ein“, erklärt die Forensikerin.

Keine Langeweile

Langeweile kommt in der Abteilung nicht auf. Routineangelegenheiten gibt es kaum. Es sei vielmehr die Abwechslung, die den Beruf so interessant macht: „Einen richtigen Alltag haben wir nicht. Es hängt vielmehr von den Fällen ab“, so Lucius. In der Regel handele es sich dabei um die Sicherung von Spuren nach Einbrüchen, wie etwa Fingerabdrücken. „Dabei bedienen wir uns modernster Technologien“, erklärt die Wissenschaftlerin.

Auch Pinsel und Puder haben noch nicht ausgedient. Je nach Beschaffenheit der Oberfläche aber müssen die Ermittler andere Techniken zur Hilfe nehmen. Auf porösen Trägern wie Papier oder Karton werden Chemikalien genutzt, die mit den Aminosäuren reagieren, die über die Poren der Hände abgesondert werden. Eine weitere Technik bestehe darin, den Gegenstand in einer Kammer mit einer klebrigen Substanz zu bedampfen. „Das nutzen wir zum Beispiel bei Tüten, Dosen, Werkzeugen oder Waffen“, erklärt Lucius.

Die meisten ballistischen Analysen können vor Ort in Hamm gemacht werden. Nur für komplizierte Studien werden die Patronen noch ins Ausland geschickt. 
Die meisten ballistischen Analysen können vor Ort in Hamm gemacht werden. Nur für komplizierte Studien werden die Patronen noch ins Ausland geschickt. 

So hat denn auch jeder Mitarbeiter sein Spezialgebiet. „Wir prüfen aber gerade die Möglichkeit, verschiedene Ermittler weiterzubilden, um sie auf zwei Gebieten einzusetzen“, so die Abteilungsleiterin. Damit wolle man der Routine ein Schnippchen schlagen und die Mitarbeiter bei Laune halten: Die meisten seien nämlich sehr an Forschung interessiert. Auf der Gehaltsliste der „Police scientifique“ befindet sich aber auch ein ausgebildeter Fotograf. Schließlich wird bei der Kriminalpolizei in Hamm alles in Bild und Farbe festgehalten, seien es nun Fingerabdrücke, Fußspuren oder andere Beweismittel. Alles wird digital dokumentiert.

Allerdings muss die Polizei bei verschiedenen Ermittlungen noch auf Hilfe aus dem Ausland zurückgreifen. „Bei Fällen, mit denen wir in Luxemburg nur wenig Erfahrung haben“, erklärt Lucius. Wie etwa Sprengstoff- oder Brandschutt-Analysen, aufwendige Ballistik-Untersuchungen und die forensische Entomologie, bei der Insekten bei der Aufklärung von Mordfällen helfen.

TV und Wirklichkeit

Im Gegensatz zu den TV-Ermittlern aber sind Lucius‘ Mitarbeiter größtenteils nur im Laboratorium anzutreffen. Auf der Leinwand kümmern sich die Beamten um sämtliche Aspekte: Sie stellen Beweise sicher, analysieren Spuren, befragen Zeugen und jagen Verdächtige. Chloé Lucius lacht kurz auf: „In Wirklichkeit stellen Streifenpolizisten das Vergehen fest, Beamte der Kriminaltechnik sichern die Beweise, wir analysieren die Spuren und Kriminalbeamte ermitteln zum Fall. Das ist alles schön strukturiert.“

Auch entspreche die Schnelligkeit der Serien nicht der Realität: „Im Fernsehen hat es den Anschein, als liegen die Resultate binnen kürzester Zeit vor“, so Lucius. In Wirklichkeit aber können Monate vergehen, bis alle Auswertungen abgeschlossen seien. „Mir stehen aber die Haare zu Berge, wenn ich daran denken muss, wie die Fernsehpolizisten am Tatort herumlaufen: gut gekleidet, frisch geschminkt und schön frisiert“, so die junge Frau augenzwinkernd. Richtige Ermittler tragen natürlich Schutzkleidung, um den Tatort nicht zu verunreinigen.

Dennoch sei nicht alles aus der Luft gegriffen: „Sie gebrauchen mitunter die gleichen Instrumente und auch die Analysen stimmen größtenteils mit der Realität überein. Die meisten Produktionen arbeiten ja auch mit Experten aus der Kriminalwissenschaft zusammen“, schlussfolgert Chloé Lucius. Natürlich sei im Fernsehen alles spektakulärer, schöner und farbiger. Aber die Wissenschaft dahinter stimmt.