Belarus„Beginn einer großen und langen Sanktionsspirale“

Belarus / „Beginn einer großen und langen Sanktionsspirale“
Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko hat sein Blatt in den Augen der EU überreizt Foto: TUT.by/AP/dpa

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Die Vorbereitung neuer Sanktionen gegen Belarus war gestern eines der Hauptthemen beim informellen Treffen der EU-Außenminister in Lissabon. Die geplanten Strafmaßnahmen sollen in etwas mehr als drei Wochen beim nächsten regulären Ratstreffen in Luxemburg angenommen werden.

Die Empörung und der Ärger über die erzwungene Landung eines Passagierflugzeuges von Ryanair in der belarussischen Hauptstadt am vergangenen Sonntag war groß in der EU und hält weiterhin an. Dies dürfte sich in den angekündigten Gegenreaktionen der EU-Staaten widerspiegeln. Als unmittelbare Reaktion auf den Vorfall hatten die EU-Staats- und Regierungschefs bei ihrem Treffen in Brüssel die europäischen Fluggesellschaften dazu aufgefordert, Flüge über Belarus zu vermeiden. Zudem sollte belarussischen Airlines der Überflug des EU-Luftraums verboten und der Zugang zu Flughäfen in der Union verwehrt werden. Dazu könnte es jedoch keinen nachträglichen Beschluss auf EU-Ebene geben, da Überflugrechte in die ausschließliche Kompetenz der Mitgliedstaaten fallen. Da jedoch alle beim Gipfeltreffen dem zugestimmt hatten, dürfte einer Umsetzung in allen 27 EU-Ländern nichts im Wege stehen. Darüber hinaus wurden der Hohe Vertreter der EU, Josep Borrell, und die EU-Kommission damit beauftragt, weitere Wirtschaftssanktionen gegen das Regime in Minsk auszuarbeiten.

Erste Pisten wurden gestern in Lissabon ausgelotet. Ebenso wie ein mögliches Ausmaß der neuen Strafmaßnahmen. Denn es sind nicht die ersten, die gegen Belarus verhängt werden. Nach den offensichtlich gefälschten Wahlen vom August vergangenen Jahres und der anschließenden gewaltsamen Niederschlagung der friedlichen Proteste im Land wurden bereits Sanktionen verhängt. Und sollten ausgeweitet werden. Noch vor dem jüngsten Vorfall waren die zuständigen EU-Behörden dabei, 50 bis 70 Personen und Entitäten zu bestimmen, die bei einer nächsten Auflage sanktioniert werden sollen, war gestern aus Brüssel zu erfahren. Josep Borrell erklärte in Lissabon, dass diese Sanktionen auf technischer Ebene bereits „weit fortgeschritten“ seien.

Andere sollen nun folgen, wobei man sich vor allem auch auf „sektorielle Sanktionen“ konzentrieren wolle. „Das Stichwort ist Potassium“, sagte der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn in der portugiesischen Hauptstadt. Belarus ist einer der weltweit führenden Exporteure von Kali-Salzen. Die 27 wollen diesen für das Regime wichtigen Wirtschaftszweig ins Visier nehmen. „Ich glaube, das würde diesem Lukaschenko sehr wehtun“, meinte Jean Asselborn, dessen litauischer Amtskollege ebenfalls den Ölsektor des Landes ins Spiel brachte. Es gehe darum, jene Sektoren zu treffen, von denen das Regime profitiert, sagte Gabrielius Landsbergis, der möglichst die Bevölkerung verschonen will.

Warnung vor Annexion durch Moskau

Die neuen Maßnahmen würden nur „der Beginn einer großen und langen Sanktionsspirale sein“, sagte der deutsche Außenminister Heiko Maas, der „die Wirtschaftsstruktur und den Zahlungsverkehr“ in Belarus „ganz erheblich“ mit Sanktionen belegen will. Wenn der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko nicht einlenken werde. Dazu zähle als „erstes Signal“ die Freilassung der über 400 politisch Gefangenen im Land, so Heiko Maas weiter, zu denen wohl auch der Journalist und Regimegegner Roman Protassewitsch und dessen Freundin Sofia Sapega gehören, für deren Festnahme die Ryanair-Maschine am Sonntag unter dem Vorwand einer Bombendrohung zur Notlandung in Minsk gezwungen wurde.

Wie weit die EU-Staaten die Wirtschaftssanktionen treiben werden, bleibt abzuwarten. Es sei aber „falsch, die Interessen der Wirtschaft nach vorne zu stellen“, meinte Asselborn. „Das kostet auch ein wenig Opfer von der westlichen Seite.“

Der Fall Belarus wird von den 27 allerdings auch in enger Verbindung mit der Frage der Beziehungen zu Russland angegangen. Denn es wird befürchtet, dass sich Lukaschenko in einer aussichtslosen Lage sehen und das Land noch weiter an Russland anbinden könnte. Der litauische Außenminister äußerte gar die Befürchtung, dass es aufgrund einer von Lukaschenko initiierten Verfassungsänderung zu einer Annektierung von Belarus durch Moskau kommen könnte. „Wir sollten auch Russland Signale senden, dass eine Annexion nicht gut ausgehen würde“, forderte Gabrielius Landsbergis daher gestern. Die Befürchtungen sind nicht von der Hand zu weisen. Denn bislang hat Lukaschenko den russischen Präsidenten Wladimir Putin mit seinen Vorstellungen über einen Ausbau der russisch-weißrussischen Union noch auf Distanz gehalten. Doch seit vergangenem August hat sich die Lage des Machthabers in Minsk erheblich verschlechtert. „Ohne Russland hat Alexander Lukaschenko keine Zukunft in Belarus“, urteilt Heiko Maas.

lucilinburhuc
28. Mai 2021 - 11.08

Warnung vor Annexion durch Moskau. Nur Zweispalt sehen....guell Putin? Am Ende siegt das Volk, aber das haben diese Herrren im Selbsbedienungsladen ja nicht kapiert.