SpuerkeessBCEE-Schließungen: Mitarbeiter wurden erst am Mittwoch informiert

Spuerkeess / BCEE-Schließungen: Mitarbeiter wurden erst am Mittwoch informiert
Licht aus: Am 27. März 2020 schließen elf „Spuerkeess“-Filialen ihre Türen Foto: Editpress/Julien Garroy

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Die Mitarbeiter der zehn Zweigstellen der „Spuerkeess“, die am 27. März ihre Türen schließen, wurden laut dem Pressesprecher der staatlichen Bank am selben Tag wie die Presse darüber informiert. Die BCEE betont auf Tageblatt-Nachfrage, man habe die Angestellten „noch am Tag der Entscheidung informiert“. Die Bürgermeister mehrerer betroffener Gemeinden bemängeln allerdings eine fehlende Kommunikation.

Die Pressemitteilung, dass die „Spuerkeess“ bis Ende März zehn Zweigstellen und nur kurz danach eine elfte schließen wird, erhalten die Medienhäuser in ganz Luxemburg am Mittwoch: Um genau 14.36 Uhr trifft die E-Mail im Tageblatt-Postfach ein. Allerdings verhängt die staatliche Bank ein Veröffentlichungsembargo bis 17.30 Uhr. Die Mitarbeiter der betroffenen Filialen wurden laut Pressestelle der BCEE „am frühen Nachmittag des gleichen Tages“ über die Pläne ihres Arbeitgebers informiert worden.

Auf Nachfrage bestätigt Pressesprecher Marco Rasqué, dass der „gleiche Tag“ jener Mittwoch ist, an dem die Entscheidung getroffen wird und die Presse – und damit die Öffentlichkeit – in Kenntnis gesetzt wurde. Angestellte der staatlichen Bank erfuhren damit erst kurz vor oder zeitgleich mit den Vertretern der Presse von ihrer Versetzung.

Kommunikationsprobleme

Die Informationspolitik der „Spuerkeess“ am Mittwoch stößt viele vor den Kopf. Die Bürgermeister betroffener Gemeinden bemängeln eine fehlende Kommunikation, während die  ULC (Union Luxembourgeoise des consommateurs) die Entscheidung am Donnerstagnachmittag in einem Presseschreiben als „radikale und unsoziale Schließungspolitik ohne Rücksicht auf die Bedürfnisse ihrer Kunden“ beschreibt. Rasqué betont auf Tageblatt-Nachfrage, dass die BCEE großen Wert darauf gelegt habe, alle Parteien so früh wie möglich zu informieren: „Die Verwaltungen der betroffenen Gemeinden wurden noch am frühen Nachmittag am Tag der Entscheidung kontaktiert, um sie über die neue Strategie der ‚Superkeess’ ins Bild zu setzen.“

Christian Miny (parteilos) ist Bürgermeister von Colmar und erklärt auf Tageblatt-Nachfrage, dass seine Gemeindeverwaltung im Voraus nicht über die Pläne der Sparkasse informiert wurde: „Wir waren überrascht, da wir davon ausgegangen sind, dass wir als Gemeinde über diese Entscheidung doch in Kenntnis gesetzt werden sollten.“ Während er die Beweggründe für die Schließung nicht kenne, verwundere es ihn dennoch, dass Colmar als Standort scheinbar nicht mehr interessant für die Bank sei: „Wir haben viel Industrie hier in der Gemeinde und die große Gewerbezone direkt in Bissen. Da sollte man eigentlich erwarten, dass Colmar ein interessanter Standort sein sollte.“

Verlust eines langjährigen Partners

Romain Schroeder, Bürgermeister der Gemeinde Winseler, in der das von einer Schließung betroffene Pommerloch liegt, wurde erstmals von einem Bekannten auf die Entwicklung hingewiesen. Dieser selbst soll die Information laut dem Bürgermeister über die sozialen Netzwerke erhalten haben: „Es hat hier eindeutig keine Kommunikation gegeben.“

Auch für Jérôme Laurent (LSAP), Bürgermeister der Gemeinde Mertert, in der Wasserbillig liegt, war die Presse die erste Quelle für die Nachricht: „Wir freuen uns natürlich nicht, die Bank war ein langer Partner der Gemeinde.“ Nach der Schließung der Polizei-Dienststelle und des CFL-Schalters wäre der Verlust einer weiteren Dienstleistung für die Gemeinde, die auf 6.000 Einwohner zusteuere, problematisch, „insbesondere für ältere Bürger“. Rümelingens Bürgermeister Henri Haine (LSAP) besteht darauf, dass es „zu unserem sozialen Modell gehören sollte, auch den Leuten, die mit der Welt ‚online’ nicht so vertraut sind, die nötigen Leistungen nicht zu verwehren“.

Auf dem Weg zur Digitalisierung zurückgelassen

Der Luxemburger Konsumentenschutz findet in seinem Presseschreiben am Mittwoch schärfere Worte: Insbesondere ältere Kunden und Menschen mit Behinderungen würden durch diese „radikale und unsoziale Schließungspolitik“ im Regen stehen gelassen werden.

Henri Haine stellt weiter fest, dass offensichtlich nicht länger nur der ländliche Raum von Schließungen betroffen ist: „Wir sind – für luxemburgische Verhältnisse – keine kleine Stadt.“ Während er nicht weiß, nach welchen Kriterien die Sparkasse ihre Entscheidung getroffen hat, fragt der Bürgermeister sich dennoch, ob die Änderungen die staatliche Bank unter dem Strich nicht mehr Geld kosten wird, als die Filialen weiterzubetreiben.

Petition gestartet

Daniel Codello (Volt) hat unterdessen die Petition „Non à la fermeture des 11 agences de la Spuerkeess“ auf der Internetseite der Chamber eingereicht. „Die Bürger haben ein Mitspracherecht, wenn es um dem schleichenden Abbau der grundlegenden öffentlichen Dienstleistungen geht“, erklärt Cordello gegenüber dem Tageblatt. Hier müsse der Druck auch von der Bevölkerung selbst ausgehen. Das Mitglied des Escher Gemeinderats betont, dass der soziale Zusammenhalt eng mit dem einfachen Zugang zu Dienstleistungen verbunden ist. „Damit darf nicht gespielt werden.“

Ein Blick über die Grenzen des Großherzogtums sei eine Warnung davor, was passieren könne, wenn sich die Politik zu sehr von den ländlichen Gebieten abwende, sagt der Volt-Politiker weiter. „Populisten wie Marine Le Pen und die AfD machen sich das Gefühl der Desertion bei den Leuten zunutze.“ Hier müsse der Staat seiner Vorbildfunktion und Verantwortung gerecht werden, die Grundbedürfnisse der Bürger zu erfüllen.

Der Bürgermeister der Gemeinde Rümelingen Henri Haine hat ebenfalls angekündigt, die Petition, sobald sie öffentlich zugänglich ist, unterstützen zu wollen. Gemeinsam mit anderen Gemeindeoberhäuptern will er in Kürze Kontakt mit der Regierung aufnehmen, um eine Debatte zu diesem Thema anzustoßen.

Lucilinburhuc
16. Februar 2020 - 15.21

Das Land wäre zu klein für den Aufstand der entstehen würde, falls Mitarbeiter bei dieser Maßnahme entlassen würden. Trotzdem: ein weiterer Schritt in Richtung Flexibilisierung. Irgendwann werden auch Diejenigen, die die Wählerschaft in diesem Land stellen, mit Neoliberalismus zu kämpfen haben. Mind my words - Unfortunately...

Anne
15. Februar 2020 - 23.20

Spuerkees, Aer Bank, Aert Liewen!!! AM AASCH

Trierweiler
15. Februar 2020 - 12.21

"Wie man sieht, sind die Redakteure die für die Zensur hier zuständig sind und Bemerkungen freigeben sollen, auch abgebaut worden." Es lebt! ?

Trierweiler
15. Februar 2020 - 11.23

Wie man sieht, sind die Redakteure die für die Zensur hier zuständig sind und Bemerkungen freigeben sollen, auch abgebaut worden.

J.Scholer
15. Februar 2020 - 8.06

Das Mitarbeiterwohl war dem Kapital noch nie von Interesse. Dividenden und positive Erträge stehen vor.Allerdings ein negatives Übel das sich in der modernen Zeiten auf alle Bereiche erstreckt:“ Och d‘Politik bedéngt sech dem Bierger als Mellechkouh dem Kapital glaich, an notzt et aus bis zum geet net méi.“

Eklektiker
14. Februar 2020 - 20.05

Normal, wenn man einen Teich trockenlegen will dann diskutiert man nicht mit den Fröschen.