Schwimmen trotz CoronaBadegast muss sich wegen unerlaubten Ausflug am Stausee vor Gericht verantworten

Schwimmen trotz Corona / Badegast muss sich wegen unerlaubten Ausflug am Stausee vor Gericht verantworten
War der Aufenthalt am Stausee am 17. Mai erlaubt oder nicht? Darüber wird nun das Friedensgericht in Diekirch befinden müssen. Foto: Editpress/Alain Rischard

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Wer wegen Verstoßes gegen die Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen wegen Corona von der Polizei protokolliert wurde,  konnte die Zahlung des Bußgeldes verweigern, musste aber damit rechnen, vor Gericht zu landen. In diesem Kontext wurden vor dem Friedensgericht in Diekirch nun die ersten Fälle verhandelt. Ursache: Ausflug an den Stausee trotz Verbot. 

Wer während der strikten Zeit des Lockdowns beim Verstoß gegen Corona-bedingte Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen verstieß und erwischt wurde, der musste zahlen. 145 Euro. Im Prinzip. Er konnte die Zahlung nämlich auch verweigern. Im Verlaufe der Prozedur wird dieses Bußgeld dann verdoppelt und der „Beschuldigte“ erhält die Möglichkeit, Einspruch zu erheben. Nicht wenige dürften das getan haben. 

In diesem juristischen Kontext sind am Dienstag am Friedensgericht Diekirch die ersten vier Fälle behandelt worden. Präziser geht es um Ausflüge an den Stausee. Am 17. Mai hatte ein recht heißer Frühlingstag an die 100 Menschen an den See gelockt. Die Polizei in Esch/Sauer hatte sofort reagiert: Der Alarm kam vom Zoll. Die Staatsanwaltschaft wirft den scheinbar disziplinlosen Badegästen nun vor, gegen die strengen Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen verstoßen zu haben.

Als die Polizisten am 17. Mai am Stausee ankamen, sei das von der Gemeinde aufgestellte Schild mit der Aufschrift „Verboten, den Strand zu betreten“ zur Seite weggedreht worden. Am Haupteingang sei eine doppelte Sperre mit einem Zwischenstreifen zerrissen worden. Hier sei das Verbotsschild gänzlich verschwunden.

70 Menschen sind an dem Tag von der Polizei kontrolliert und protokolliert worden. Mal saßen vier Personen, die nicht zur gleichen Familie gehörten, in einem Auto, mal wurde ein Grillfest mit gleich mehreren Gästen am „Fuusse-Feld“ (Strand 1) am Stausee aufgelöst. Andere gingen verschiedensten nautischen Sportarten nach. Wie es heißt, wären die Polizisten bei ihrem Einschreiten mit Feingefühl vorgegangen. Fest steht, dass nicht alle bezahlt haben. Wie viele, wurde vor Gericht am Dienstag nicht mitgeteilt.

Friedensrichter Probst redete den Beschuldigten ins Gewissen. Er warf ihnen vor, die Corona-Regeln missachtet zu haben. Gesetze sind da, um eingehalten zu werden, sagte er. Nur bei triftigem Grund hätten sie sich nach draußen begeben dürfen. Soziale Kontakte außerhalb der eigenen Wohnung hätten auf ein absolutes Minimum beschränkt werden müssen.

Die zwei vor Gericht anwesenden Stauseebesucher (zwei sind nicht erschienen) nahmen sich das scheinbar zu Herzen und entschuldigten sich für ihr Tun. So einfach wollte der Vertreter der Staatsanwaltschaft sie aber nicht davonkommen lassen: „Zum Teufel war da viel los“, stellte dieser fest und kritisierte die „Spaß-Vögel ohne jede Vernunft“.  Er könne ihr Tun in keiner Weise entschuldigen: „Nul est censé ignorer la loi.“

Trotz Verbot seien die Beschuldigten am 17. Mai zum Stausee nach Esch/Sauer gefahren, erklärte der Anklagevertreter. Für die Angeklagten beantragte er angemessene Geldstrafen. Hierbei handelt es sich um eine härtere Maßnahme, denn sie ist eine strafrechtliche Konsequenz für ein schwerwiegendes unerlaubtes Handeln gegen das Gesetz.

„Ich hatte Corona satt“

Vor Gericht stand am Dienstag auch eine Frau, die scheinbar ebenfalls gegen das Kontakt- und Ausgangsverbot verstoßen hatte. Sie war am 12. April mit dem Auto unterwegs gewesen. Allerdings, wie sie sagt, nicht zum Spaß, sondern um ihrer in der Mobilität eingeschränkten Freundin Lebensmittel zu bringen. Statt danach sofort nach Hause zu fahren, blieb sie in der Wohnung ihrer Freundin, wo beide etwas aßen und den ganzen Nachmittag Champagner tranken. Auf dem Heimweg verursachte sie einen Unfall und wurde von der Polizei erfasst. 

„Ich hatte Corona bis obenhin satt“, beteuerte sie vor Gericht. „Ech wëll mech net excuséieren. Ech si bei menger Frendin hänke bliwwen. Et ass mäi Feeler.“ Anwalt Me Michael Wolfsteller, der die Frau verteidigt, bat das Gericht um Milde. Seiner Mandantin würde es leidtun.

Vor allem in puncto Stauseebesucher muss das Gericht abwägen. Der Vorfall hat sich am 17. Mai ereignet. Da waren die nationalen Einschränkungen aber bereits seit zwei Tagen gelockert. Das Gemeindereglement, das einen Besuch am Stausee verbot, war aber noch in Kraft. Wiegt ein lokales Reglement nun schwerer als ein Gesetz? Im Prinzip nicht. Deshalb darf man auf die Einschätzung des Gerichtes gespannt sein.

Die Vertretung der Staatsanwaltschaft aber hat sich scheinbar bereits festgelegt. Das Gemeindereglement sei rechtswirksam geblieben. „Wir haben es hier mit einem ‚Acte démonstratif’ zu tun. Die Gemeinde hat vom Gesetzgeber die politische Autonomie bekommen, zu handeln. Das Reglement sei ein außergewöhnliches und habe eine fundierte rechtliche Basis. Deshalb sollte es für den 17. Mai als geltend betrachtet werden.

Die Urteile sind für den 21. Juli vorgesehen.

Jean Muller
9. Juli 2020 - 15.19

Einfach herrlich wie der Friedensrichter sich dreht und windet um auf jeden Fall die Beschuldigten zu verurteilen. Ein Hoch auf die Demokratie in unserer Bananenrepublik! ‚Acte démonstratif’: seitens der Gemeinde oder seitens der Besucher? Willkür oder Protest?