Auch Brasilien hat einen „Trump“ mit Bolsonaro

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Am 7. Oktober wird in Brasilien ein neuer Präsident gewählt. Das Parlament wird in Teilen erneuert. In den Umfragen führt der Rechtsaußen Bolsonaro, dessen oft derben Sprüche ihm den Namen „Brasiliens Trump“ eingebracht haben.

Jair Bolsonaro nimmt kein Blatt vor den Mund. Der 63-jährige ehemalige Fallschirmjäger-Hauptmann, der seit 30 Jahren in der Politik aktiv ist, pfeift auf politische Korrektheit. Er ist für die Todesstrafe, das Verbot von Abtreibungen – egal unter welchen Umständen –, hetzt gegen Homosexuelle und Schwarze, von denen es wegen der vielen in der Kolonialzeit aus Afrika nach Brasilien gebrachten Sklaven sehr viele gibt.

Dennoch liegt der Rechtsaußen derzeit in den Umfragen für die Präsidentenwahl am 7. Oktober vorn. Allerdings nur wenn es Umfragen sind, in denen nicht nach Inacio Lula da Silva gefragt wird.

Der Spitzenmann der sozialistischen Partei der Arbeiter (PT) würde wohl gewinnen, wenn er nicht in Haft wäre. Da sein Urteil wegen Korruption in zweiter Instanz bestätigt worden ist, darf er bei den Wahlen nicht kandidieren. Zwar versuchen Lula und seine PT noch, Rechtsmittel einzulegen, denen werden aber kaum Erfolgschancen eingeräumt.

Entscheidung in der Stichwahl

Gut zehn Wochen vor der Wahl scheint eines festzustehen: Erst in der Stichwahl am 28. Oktober dürfte der Nachfolger des scheidenden Präsidenten Michel Temer gewählt werden. Auch Lula würde, wenn er denn dürfte, nur um die 30 Prozent der Stimmen bekommen. Für einen Wahlsieg im ersten Durchgang wären mehr als 50 Prozent nötig. Jetzt liegt Bolsonaro mit rund 20 Prozent, je nach Institut mehr oder weniger, vorn.

Er tritt mit dem Motto „Rettet Brasilien“ für die Liberalsozialistische Partei PSL an, war zuvor bei den Christsozialen und davor bei anderen Parteien. Wie es derzeit aussieht, dürfte er in den zweiten Wahlgang kommen. Sein Problem im Falle eines Sieges: Bolsonaro hat die höchste Ablehnungsquote in allen Umfragen und es dürfte für ihn schwer werden, Koalitionspartner für eine Regierung zu finden.

Seine Gegnerin am 28. Oktober könnte Marina Silva werden. Sie kommt aus der Arbeiterpartei (PT), die allerdings an der rechtlich aussichtslosen Kandidatur von Lula festhält. Silva war unter Präsident Lula Umweltministerin und gilt als die grüne Stimme Brasiliens. Und natürlich als Linke, sonst wäre sie nicht Ministerin bei Lula geworden. In den verschiedenen Umfragen wurden ihr zwischen 12 und 14 Prozent zugeschrieben.

Ciro Gomes ist Kandidat der Demokratischen Arbeiterpartei (PDT). Der 60-jährige Rechtsanwalt hat in Harvard studiert, war Wirtschaftsminister unter Itamar Franco. Er hofft auf die Stimmen der PT, wenn es dabei bleibt, dass Lula nicht gewählt werden darf.

Kandidat der Sozialdemokratischen Partei (PSDB) ist der Arzt und Universitätsprofessor Geraldo Alckmin. Der ehemalige Gouverneur des Bundesstaats Sao Paulo liegt in Umfragen weit abgeschlagen. Ebenso der bisherige Finanzminister des amtierenden Präsidenten Temer, Henrique Meirelles. Er tritt für dessen Partei Demokratische Bewegung (MDB) an.

Meirelles hat sich international in der Wirtschaft Anerkennung verdient, weil er Brasilien durch die Wirtschaftskrise 2014 bis 2016 gebracht hat. Im Volk scheint er so unbeliebt wie Temer selbst: Zwischen einem und zwei Prozent hat er in Umfragen.

Mexikos Wahl als „Warnung“

Präsident Temer war zu Wochenbeginn zum Abschiedsbesuch in Mexiko bei dem ebenfalls ausscheidenden Enrique Peña Nieto, der sein Amt im August abgeben wird. Die Wahl in Mexiko vom 1. Juli mit dem linken Wahlsieger Andres Manuel Lopez Obrador (AMLO) könnte Auswirkungen bei der Brasilien-Wahl haben.

Da Bolsonaro im zweiten Wahlgang auf einen Kandidaten aus dem linken Spektrum treffen wird, kann der Sieg des Linken in Mexiko als Argument zur Überzeugung der Wähler der Mitte dienen, gegen einen linken Kandidaten zu stimmen, auch wenn ihnen Bolsonaro eigentlich viel zu rechts ist.