Samstag15. November 2025

Demaart De Maart

GroßbritannienAsylrecht verschärft: „Illegal Immigration Bill“ soll Bootsflüchtlinge abschrecken

Großbritannien / Asylrecht verschärft: „Illegal Immigration Bill“ soll Bootsflüchtlinge abschrecken
Die Pläne der britischen Regierung zur Abweisung von Schutzsuchenden verstoßen gegen internationales Recht, sagen Kritiker Foto: Gareth Fuller/PA Wire/dpa

Jetzt weiterlesen!

Für 0,99 € können Sie diesen Artikel erwerben:

Oder schließen Sie ein Abo ab:

ZU DEN ABOS

Sie sind bereits Kunde?

Großbritannien will mit einem verschärften Asylrecht Bootsflüchtlinge aufhalten. Das neue Gesetz sieht vor, dass Migranten und Flüchtlinge, die mit kleinen Booten den Ärmelkanal überqueren, keine Asylanträge stellen können.

Die britische Innenministerin Suella Braverman will notfalls gegen die Genfer Flüchtlingskonvention verstoßen, um die Flüchtlingskrise im Ärmelkanal zu beenden. Allein in diesem Jahr kamen in Großbritannien mehr als 3.000 Bootsflüchtlinge an, die von Frankreich oder Belgien aus übergesetzt haben, und im letzten Jahr war es die Rekordzahl von mehr als 45.000. Das hat zu einer politischen Krise geführt, lautete doch eine der Kernversprechen des Brexit, „die Kontrolle über die Grenzen zurückzugewinnen“.

Am Dienstag brachte Innenministerin Braverman ein Gesetz im Unterhaus ein, das illegal Eingereisten das Recht entzieht, im Königreich um Asyl zu bitten. „Wir reizen die Grenzen internationalen Rechts aus, um diese Krise zu lösen“, hatte Bravermann zuvor gegenüber der Zeitung „Daily Express“ geäußert.

Die Gesetzesvorlage „Illegal Migration Bill“ erklärt eine Flucht per Boot zur Straftat. Wer unerlaubt einreist, wird verhaftet und festgehalten und darf keinen Asylantrag stellen. Illegale Einwanderer sollen ins Heimatland abgeschoben oder in ein sicheres Drittland deportiert werden, von wo aus sie einen Asylantrag stellen können. Bislang hat Großbritannien lediglich mit dem ostafrikanischen Staat Ruanda eine entsprechende Vereinbarung. Eine Rückfahrkarte ist nicht vorgesehen.

Alle Migranten, die abgeschoben wurden, werden nie wieder die Erlaubnis bekommen, nach Großbritannien einzureisen, geschweige denn, sich im Königreich niederzulassen. Ausnahmen soll es nur für Flüchtlinge unter 18 Jahre und für Schwerkranke geben. Obwohl das Gesetz noch nicht verabschiedet ist, soll es rückwirkend ab Dienstag gelten, um einen Flüchtlingsansturm vor Inkrafttreten zu vermeiden.

Als könne man das Problem wegwünschen, indem man ein Gesetz erlässt

Colin Yeo,, auf Asylrecht spezialisierter Rechtsanwalt

Das Vorhaben ist umstritten. Flüchtlinge werden zu Kriminellen erklärt, wird der Regierung vorgeworfen, nur weil sie eine illegale Route ins Land genommen haben. Das britische Rote Kreuz nannte die Pläne „extrem beunruhigend“. Rot-Kreuz-Direktorin Christina Marriott sagte: „Sie werden wenig ausrichten, Menschen davon abzuhalten, ihr Leben zu riskieren, um Sicherheit zu suchen.“ Kritiker weisen darauf hin, dass die „Illegal Immigration Bill“ internationales Recht brechen würde, weil sie die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 verletzt. Enver Salomon, Geschäftsführer des „Refugee Council“, sagte, dass die Gesetzesvorlage „Großbritanniens langjährige Verpflichtung unter der Konvention zerschmettert, Menschen eine faire Anhörung zu geben, unbeschadet des Weges, den sie genommen haben, um unsere Gestade zu erreichen“.

„Ein für alle mal die Boote stoppen“

Auch Colin Yeo, ein auf Asylrecht spezialisierter Rechtsanwalt, meinte, dass sich Großbritannien de facto von der Flüchtlingskonvention verabschiedet. Er erwartet, dass die Regierung aufgrund einer längeren Inhaftierung von Flüchtlingen vor den Europäischen Menschengerichtshof in Straßburg zitiert werden wird. Das Gesetzesvorhaben, sagte Yeo gegenüber der Financial Times, komme ihm völlig unrealistisch vor: „als könne man das Problem wegwünschen, indem man ein Gesetz erlässt.“ Zurzeit wird vor britischen Gerichten verhandelt, ob eine Abschiebung nach Ruanda mit der Europäischen Menschenrechtskonvention vereinbar ist. Auch gegen das neue Gesetz erwartet die Regierung Anfechtungen vor Gericht.

Das hält sie nicht von ihrem drakonischen Kurs in der Asylpolitik ab. Premierminister Rishi Sunak hatte erklärt, dass eine der fünf politischen Prioritäten seiner Amtzsszeit sei, „ein für alle Mal die Boote zu stoppen“. Innenministerin Braverman insistiert: „Die einzige Route ins Königreich wird eine sichere und legale Route sein.“ Freilich existieren zurzeit nur wenige legale Routen für Flüchtlinge. Für Afghanen, Chinesen aus Hongkong und Ukrainer gibt es sie, aber ein Flüchtling aus dem von Krieg und Extremismus heimgesuchten afrikanischen Staat Eritrea beispielsweise hat keine Möglichkeit, einen Asylantrag in Großbritannien zu stellen. Sunak und Braverman wollen am Freitag auf dem französisch-britischen Gipfeltreffen in Paris weitere Kooperationsmöglichkeiten mit Frankreich ausloten, um die Boote zu stoppen. Interne Schätzungen des Innenministeriums gehen davon aus, dass in diesem Jahr bis zu 80.000 Bootsmigranten kommen könnten.

frolick
8. März 2023 - 15.03

Und wieder mal ein Bluff.
Was haben die Briten nicht schon alles probiert.

Jet-Ski Border control, Push-Boats, Wellenmaschinen, Deportation nach Ruanda (auch nie passiert, da auch illegal)

Da gibt's wieder was zu lachen.