Asselborns Palästina-Vorstoß wirft Fragen auf

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Erst müsse Macron einen Palästinenserstaat wollen, dann könne auch Luxemburg zustimmen. Warum eigentlich? Das fragt sich das „Comité pour une paix juste au Proche-Orient“ und vermutet, dass der Außenminister in dieser Frage von höchster Stelle aus gebremst wird.

Außenminister Jean Asselborn (LSAP) sprach sich am vergangenen Mittwoch für eine Anerkennung Palästinas als Staat ausgesprochen. “Wir Europäer müssen zeigen, dass auch die Palästinenser ein Recht auf ihren eigenen Staat haben”, sagte Asselborn der Süddeutschen Zeitung.

Das Luxemburger „Comité pour une paix juste au Proche-Orient“ (CPJPO), das sich für die Belange der Palästinenser einsetzt, antwortet am Freitagmorgen auf Asselborns Aussagen – und legt den Finger in die Wunde. “Wenn Frankreich mit der Anerkennung Palästinas vorangehen würde, würden weitere Staaten folgen, auch Luxemburg”, schränkte Asselborn Luxemburgs Bemühungen ein. Das CPJPO wirft die Frage auf, ob Luxemburg denn ein Staat unter Vormundschaft seines großen Nachbarn sei. Zumindest vermittle Asselborns Aussage das Bild, man sei „eine Region, die zwar ihre inneren Angelegenheiten eigenständig erledige“, in Fragen der Außenpolitik aber ohne diese Eigenständigkeit handele. Das CPJPO wundert sich, dachte es doch, Luxemburg hätte auch „außenpolitische Autonomie“.

Wieso die Einschränkung?

Und es geht weiter: Das CPJPO schreibt, dass es wohl keinen Beobachter des politischen Geschehens in Luxemburg gebe, der Asselborns Einsatz für ein Ende der Besetzung durch israelische Siedler im (von Palästinensern) bewohnten Westjordanland anzweifeln könne. Die fortschreitende Besetzung ist ein Haupthindernis für die Zwei-Staaten-Lösung, die international als Königsweg gesehen wird für eine Befriedung der Region. Da man in dieser Sache Asselborns ehrlichen Einsatz nicht anzweifele, müsse der Verweis auf eine vorherige Entscheidung Frankreichs, damit Luxemburg nachziehen könne, andernorts zu verorten sein.

Das CPJPO erinnert in diesem Kontext an die Staatsvisite von Premierminister Xavier Bettel (DP) in Israel im September 2016 (Link ► Tageblatt-Analyse). Eine Visite, die das Geschäftliche über das Politische stellte. Es wurden Verträge geschlossen mit Start-ups und auch mit der Universität Luxemburg. Bettel sagte damals, man führe in Israel „bilaterale Gespräche ohne Vorbedingungen“. Im Tageblatt-Interview kritisierte auch der israelische Historiker Ilan Pappé insbesondere die Kooperation auf akademischer Ebene: “Sie können Israels akademische Welt nicht von der Politik trennen. Sie trägt Mitschuld an dem, was passiert. Sie bringt jene Richter hervor, die Menschen ohne Prozess ins Gefängnis steckt. Sie bildet die Geheimdienste aus, die Palästinenser foltern. Sie liefert die Expertise in Sachen Orientalismus und Technologie, um die Palästinenser zu ‘verwalten’.“ (Link ► Interview)

Europa ist geteilt in der Frage, Luxemburgs Regierung auch?

Im Interview mit der Süddeutschen Zeitung bemängelte Asselborn auch das Fehlen einer gemeinsamen Haltung aller EU-Staaten. “Wir haben keine einheitliche Linie mehr”, beklagte er. Das mache es derzeit unmöglich, eine aktive Nahost-Politik zu gestalten. Beim EU-Gipfel im Dezember hatten die Staats- und Regierungschefs sich auf eine Abgrenzung von Trump verständigt und das entschlossene Eintreten für eine Zwei-Staaten-Lösung und den “unveränderten Standpunkt der EU zu Jerusalem” bekräftigt. Bei einer Abstimmung in der UN-Vollversammlung, in der Trumps Jerusalem-Entscheidung verurteilt wurde, enthielten sich dann allerdings die EU-Länder Kroatien, Tschechien, Lettland, Ungarn, Polen und Rumänien der Stimme.

Das CPJPO geht einen Schritt weiter und vermutet das Fehlen einer solchen „gemeinsamen Haltung“ auch innerhalb der Luxemburger Regierung. Könnte es sein, fragt sich das CPJPO, dass auch „unsere Regierungsmannschaft gespalten ist bei solchen kontroversen Themen“? Dass Bettel einer Anerkennung Palästinas als Staat weniger wohlgesonnen sei als Asselborn, um die israelische Regierung und deren Unterstützer in Luxemburg aus geschäftlichen Beweggründen nicht zu verärgern?

Warten auf Macron, um Willen der Chamber umzusetzen

Zur Erinnerung: Im Dezember 2014 verabschiedete das Luxemburger Parlament eine Motion zur Anerkennung eines Palästinenserstaates. Das war eine Aufforderung an die Regierung, zu jenem Zeitpunkt in diese Richtung zu wirken, da eine solche Entscheidung opportun sei. Das CPJPO ist der Meinung, dieser Zeitpunkt sei spätestens eingetreten mit der Entscheidung des US-Präsidenten Donald Trump, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen. Darüber hinaus würde das Warten auf eine Entscheidung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron nichts anderes bedeuten, als die Umsetzung einer Motion der luxemburgischen Abgeordnetenkammer von Macrons Willen abhängig zu machen, schlussfolgert das CPJPO.

 

Mike Hubsch
20. Januar 2018 - 8.16

Dir huet 100% Recht.

Serenissima en Escher Jong
19. Januar 2018 - 17.17

"Wenn Frankreich mit der Anerkennung Palästinas vorangehen würde, würden weitere Staaten folgen, auch Luxemburg”, schränkte Asselborn Luxemburgs Bemühungen ein." Dies ist ein Armutszeugnis für Luxemburg; die UNO hatte 1948 das britische Mandatsgebiet Palästina in 2 Staaten aufgeteilt: Israel und PalästIna; alo braucht Luxemburg sich nur auf die UNO berufen und gegebenenfalls Palästina auch an zu erkennen. Voraussetzung ist ein Land, leider von Israel besetzt, durchsetzt mit Siedlungen, ein Volk das ist da, und eine Hauptstadt: da gibt es zwar Jerusalem das aber von beiden Seiten beansprucht wird...also guter Rat teuer aber dann sollt Herr Asselborn keine Sprüche klopfen....

Muller Guy
19. Januar 2018 - 15.05

Den Här Asselborn an emmer nees den Här Asselborn! Mat dem Palästinenser-Staat huet hien zwar recht awer... Hien as einfach keen Diplomat, behellt sech wéi een Elefant am Parzeleins-Buttek ... an schengt neischt beizeléieren. Eng Art "Europäischen Trump" Wien kann en stoppen? Et get deck Zeit dass den Här Bettel mol een Muechtwuert schwätzt well hien schued Lëtzebuerg am Ausland. Déi allermeeschten Länner huelen hien net eescht.. awer trotzdem.