Album-Release: Zero Point Five über Folk-Musik, Schülerbands und Eschs Künstlerszene

Album-Release: Zero Point Five über Folk-Musik, Schülerbands und Eschs Künstlerszene
Das Geheimrezept der Band sehen Kiko, Gilles und Chris in ihrer Freundschaft Foto: Editpress/Alain Rischard

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Zehn Jahre Bandleben, zehn Songs – mit dieser Beschreibung beginnt Kiko Menichetti das Interview zum neuen Album von Zero Point Five. Nach fast einjähriger Bühnenpause hat sich die Escher Gruppe mit ihrem zweiten Album „Southern Breeze“ neu erfunden. Es ist die musikalische Fortsetzung der EP „Southbound“ aus dem Jahr 2016. Das zweite Album von Zero Point Five ist moderner, ausgeklügelter und genau die Visitenkarte, an der die Band schon seit langem feilt. An Halloween werden Fans alle Songs in voller Länge zu hören bekommen.

Begonnen hat alles im Escher „Jongelycée“. Heute gehören Zero Point Five zu den luxemburgischen Gruppen, die die Schülerband-Phase mit Bravour bestanden – und überdauert – haben. Zum zehnjährigen Jubiläum zeigen Kiko Menichetti, Gilles Saracini und Chris Reitz eine völlig neue Seite ihrer Musik, denn ihr Ziel liegt weit hinter den Bühnen der Minetteregion. „Wir haben uns weiterentwickelt und das Release des neuen Albums ist der Start einer neuen Version von Zero Point Five, die auch im Ausland Erfolg haben will“, verrät Gilles. Aus drei Escher Jungs, die im Proberaum über dem Café „Pitcher“ zusammengewürfelte Eigenkreationen einübten, ist ein Team aus insgesamt sechs Live-Musikern geworden, das genau weiß, wo es hin will.

Die Seele ihrer Stilrichtung bleibt dabei dieselbe, denn Gilles, Kiko und Chris sind dem Mix aus Folk, Americana, Country und Pop treu. „Wir liegen irgendwo zwischen Mumford & Sons und Taylor Swift, allerdings mit europäischem Touch“, sagen Kiko und Gilles lachend. Dennoch ist so mancher Song des neuen Albums musikalisch „spiced up“ und nicht mehr „nur“ das, was man als traditionelle Folk-Musik bezeichnen würde. „Eines der Lieder war ursprünglich als traurige Ballade konzipiert und ist so alt wie die Band selbst. Nun haben wir es komplett elektronisch gestaltet, damit es ‚catchy‘ klingt, ganz anders als der Rest des Albums“, verrät Gilles. Auch das fünfte Stück der CD wird das Publikum wohl überraschen: nur Instrumente und Summen, kein Gesang. „Es ist eine Art Interlude im typischen Country-Stil. Wir haben uns viele Gedanken über die Reihenfolge auf dem Album gemacht, damit es von Anfang bis Ende unsere Geschichte erzählt. Fast wie ein Tagebuch“, erklärt Kiko.

Country salonfähig machen

In die Singles „Free“ und „Replay“ durften die Fans von Zero Point Five schon in den vergangenen Wochen reinhorchen – den Rest verrät die Gruppe allerdings erst in zwei Tagen. Die Schwierigkeit beim Konzert: die im Studio geschaffenen Songs auch live authentisch rüberbringen. „Bei den Aufnahmen kann man sich natürlich mega austoben, deshalb arbeiten viele Bands heutzutage mit Samples. Man steht dann nur zu zweit auf der Bühne und es klingt wie ein ganzes Symphonieorchester. Das ist nicht unsere Philosophie – unsere Musik muss hausgemacht sein“, so Gilles. Als „Botschafter“ dieser betitelt der 29-Jährige die Gruppe, die schon auf Eschs Bühnen stand, als von Country in Luxemburg noch keine Rede war. „Wir sind quasi die Vorreiter in dem Stil. Dabei ist das Label das eigentliche Problem, denn spätestens seit Lady Gagas Film ‚A Star is Born‘ ist Country gar kein Nischenprodukt mehr“, ergänzt Kiko.

Zum Zehnjährigen wagen die Jungs einen Blick zurück auf die Anfänge von Zero Point Five. Damals, als Gilles im LGE „bewusst zweimal sitzen blieb, um zu Kiko in die Klasse zu kommen“. Als Chris beim Newcomer-Contest „Screaming Fields“ noch bei der Konkurrenz fiedelte und Kiko mit seiner Stimme das Publikum des Escher Weihnachtsmarktes zum Mitsingen animierte. „Die ersten fünf, sechs Jahre haben wir quasi nur Live-Erfahrung gesammelt. Wir haben während unserer Studienzeit um die 300 Konzerte gespielt“, erinnert sich der Sänger mit italienischen Wurzeln. Als „organische Entwicklung“ betiteln die drei Freunde das, was sie trotz mangelnder professioneller Betreuung zu einem nationalen Phänomen werden ließ. „Damals gab es zwar schon Institutionen wie die Sacem („Société des auteurs, compositeurs et éditeurs de musique“, Anm. d. Red.), aber wir waren viel weniger über die Möglichkeiten für junge Künstler aufgeklärt als heute“, meint Geiger Chris.

Von Freundschaft und Live-Musik

Doch die Reise hat sich gelohnt, wie das Trio auch privat immer wieder feststellt: „Vor kurzem haben wir ein altes Poster eines Festivals wiedergefunden. Von den Bands dort sind heute nur noch drei aktiv.“ Das Geheimrezept von Zero Point Five: Freundschaft, Authentizität und Freude an der Musik. „Live treten wir als sechs Kumpels auf, die Spaß haben. Und genau das spiegeln wir auch in unseren Texten wider. Die Lyrics können zwar mal melancholisch sein, dafür ist die Melodie dann aber happy und es gibt immer einen Funken Hoffnung“, meint der Leadsänger. Ihr allererstes Konzert spielten die Escher gleich nach ihrer Gründung 2009 im Ehleringer „Kulturschapp“. Die Tradition, auch Cover-Versionen vorzutragen, haben Zero Point Five bis heute beibehalten. „Hier ist dies zwar etwas verpönt, aber eigentlich kreiert man ja ein Tribute an einen Song und zeigt Musikalität bei der Eigeninterpretation.“

Zu den Idolen des Trios zählen Rocklegenden wie Guns N’Roses, Johnny Cash oder Kurt Cobain, doch auch selbst haben die Musiker schon so manche Erfahrung gemacht, die sie nie mehr vergessen werden. „Eines der absoluten Highlights war immer das ‚Terres rouges‘-Festival auf dem ‚Gaalgebierg‘. Da durften wir mit den Helden unserer Jugend wie Limp Bizkit auf der Bühne stehen“, erinnert sich Kiko. In Esch zu spielen, ist für Zero Point Five stets ein ganz besonderes Erlebnis, das jedoch seltener als gewünscht vorkommt. „Leider gibt es hier ja keine ‚Fête de la musique‘ und auch der KuFa wird nicht die Anerkennung zugemessen, die ihr eigentlich zusteht. Schließlich hat die Gründung der Luxemburger Musikszene hier stattgefunden“, so der Sänger.

Das musikalische Nonplusultra

Große Hoffnung stecken die drei Jungs in Esch 2022: „Wir sind im Park Laval aufgewachsen und jedes Jahr trat dort auf der Bühne Georges Christen auf und es wurde musiziert. In Esch ist Musik zugänglich, die Szene hat eine Identität und ist greifbar. Darauf muss aufgebaut werden.“ Das persönliche Ziel der Band ist allerdings etwas größer als die Bühnen der Minettemetropole. „In Nashville gibt es ein Konzerthaus, das als The Mother Church of Country Music bekannt ist, in dem mittlerweile aber auch moderne Künstler auftreten. Wenn man als Band dorthin zum Spielen eingeladen wird, ist es das Nonplusultra“, verrät Kiko augenzwinkernd. Ein Traum, der in den  Ohren vieler Luxemburger wohl  etwas hochgegriffen klingen mag, doch der Glanz in den Augen der drei Musiker verrät: „Southern Breeze“ ist erst der Anfang, denn Zero Point Five sind noch längst nicht am Zenit ihrer Karriere angekommen.

Infos zur Release-Veranstaltung

31. Oktober ab 19.30 Uhr 
Rockhal, Esch/Belval
Vorband The Yokel (Metz)

https://www.facebook.com/events/331090941167188/