AMMDÄrzteschaft zieht Bilanz und präsentiert Ideen gegen die Krise in der Versorgung

AMMD / Ärzteschaft zieht Bilanz und präsentiert Ideen gegen die Krise in der Versorgung
Generalsekretär Dr. Guillaume Steichen (l.) und Präsident Dr. Alain Schmit Foto: Editpress/François Aussems

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Die in der AMMD („Association des médecins et médecins dentistes“) organisierte Ärzteschaft sieht die Medizin im Land in einer Krise, hat aber Ideen, wie diese zu entschärfen oder sogar zu bewältigen sei. Am Mittwoch (29.1.), kurz vor dem Wechsel an der Spitze des Gesundheitsministeriums, zogen Präsident Alain Schmit und Generalsekretär Guillaume Steichen Bilanz.          

Ehe Paulette Lenert in wenigen Tagen Etienne Schneider (beide LSAP) als Gesundheitsminister ablösen wird, gab es zwar verhaltenes, aber immerhin Lob für den scheidenden Politiker. Im Ministerium seien in letzter Zeit Türen aufgegangen, ein Dialog habe sich eingestellt, Entscheidungen seien allerdings keine getroffen worden.

Dies sei aber dringend notwendig. Das nationale Gesundheitssystem befinde sich in der Krise: Patienten würden immer schwerer einen Arzttermin bekommen, bei verschiedenen Spezialisten betrage die Wartezeit mehrere Monate. Der legale und reglementarische Rahmen bremse den medizinischen Fortschritt für die Patienten. Die Krankenhausmedizin werde ständig unattraktiver sowohl für Patienten als auch für die Ärzte, vorgeschriebener Dienst im Spital werde, obwohl legal vorgeschrieben, nicht entlohnt. 

Weiter würden die Patienten die Rolle des Hausarztes immer weniger verstehen und verstärkt die Notdienste der Krankenhäuser als erste Anlaufstelle bei gesundheitlichen Problemen nutzen, auch wenn diese nicht akut seien. Die Präventivmedizin stecke trotz wiederholter Absichtserklärungen weiterhin in den Kinderschuhen, eine Methode der schnellen Rückerstattung von Arztkosten durch die Gesundheitskasse, die Ärzte nicht in ihrer Unabhängigkeit und therapeutischen Freiheit beschneidet, sei immer noch nicht gefunden worden, der Entschädigungsfonds, der Gelder für Patienten, die Opfer eines Kunstfehlers geworden sind, bereithält, gebe es noch immer nicht …

Schließlich stehe das Projekt des digitalen Patientendossiers auf wackligen Füßen und die akademische Ausbildung und der Stellenwert der Universität in diesem Zusammenhang müssten dringend ausgebaut werden. 

Auch positive Aspekte

Der Versuch von Minister Etienne Schneider, die Probleme, wie den Ärztemangel, den zu rigiden administrativen Rahmen für die Mediziner, die Problematik der Monopolstellung der Spitäler, beginnende Zwei-Klassen-Medizin (Menschen mit genug Geld warten nicht auf einen IRM-Termin, sondern fahren zur Bildgebung nach Trier), zu verstehen, gehört für die AMMD in die Kategorie, „positiv zu bewerten“, auch wenn dieser Versuch ohne Konsequenzen geblieben sei. So viel Anerkennung haben die Ärzte für Romain Schneider, Minister der Sozialen Sicherheit, nicht übrig. Dieser habe ein Jahr gebraucht, um die Problematik der Nomenklatura-Kommission zu lösen, der im Herbst 2019 versprochene Gesundheitstisch sei immer noch nicht einberufen worden, die App der AMMD (mit der u.a. Termine auch kurzfristig reserviert werden können) sei vom Ministerium nicht anerkannt worden.

Als Lösungsansätze für die Probleme des Gesundheitswesens fordert die AMMD die Auflockerung des konventionellen Rahmens, die Stärkung des Hausarztes, eine Steigerung der Attraktivität der Spitalmedizin, einen legalen Rahmen, der den Zusammenschluss mehrerer Ärzte erlaubt und neue ambulante Strukturen. 

Besonders von diesen ambulanten Strukturen, getragen etwa von den (in Gesellschaften organisierten) Ärzten und den Krankenhäusern, verspricht die AMMD sich eine flexiblere medizinische Versorgung, die Entlastung der Spitäler, aber auch eine Steigerung der Attraktivität des Arztberufes, die angesichts des Mangels an Medizinern dringend notwendig sei. Zudem würden solche Strukturen der allgemeinen Entwicklung der Medizin entsprechen; immer mehr Interventionen und Behandlungen bis hin zu Eingriffen am Herzen würden heute und mehr noch morgen ambulant erfolgen, wobei der Hausarzt immer noch die erste Anlaufstation für die Patienten bleiben soll.   

Uniklink-Jetzt
31. Januar 2020 - 10.49

Wann kommen wir endlich auf die Idee Ärzte hier in Luxemburg auszubilden? Ärztemangel geht ohne wenn und aber mit Ausbildungsmisständen einher. Zudem wäre eine Uniklinik im Sinne aller Patientien mit komplizierten Erkrankungen. Wenn es Geld für Mondprojekte gibt, dann ja wohl sicher für die Gesundheitliche Versorgung der Bürger dieses Landes.

Grober J-P.
30. Januar 2020 - 20.34

a propos: "Rückerstattung von Arztkosten durch die Gesundheitskasse, die Ärzte nicht in ihrer Unabhängigkeit und therapeutischen Freiheit beschneidet." Dann wünsche ich mir auch eine bessere Arztkostenrückerstattung wenn ich mir einen Arzt im Ausland aussuche. Frage: Wieso kann ein Fachartz hier im Lande doppelt soviel verlangen wie in Deutschland z.B. für genau die gleiche Leistung und Materialaufwand?

J.Scholer
30. Januar 2020 - 14.05

Wenn alle Anschuldigungen seitens der AMMD zutreffen ist das Wort „ Krise“ gelinde gesagt Betrug an Ärzten und Patienten. Es kann nicht sein, dass Ärzte für Überstunden nicht entlohnt werden, das Arbeitsumfeld für das Personal nicht adäquat den heutigen Erkenntnissen von humanen Arbeitsbedingungen, Arbeitsvolumen angepasst ist, der Patient in die Warteschleife gesetzt und nur noch als Golddukatenesel ausgenutzt wird den Jahresabschluss der Bilanzen zu verschönern. Eindeutig trägt die Politik hier Mitschuld am Gesundheitsdebakel und müsste abgemahnt werden.

Le méchant
29. Januar 2020 - 20.06

Leider huet d'AMMD recht...!