Adeliger Briefwechsel: Post aus dem Jahr 1907

Adeliger Briefwechsel: Post aus dem Jahr 1907

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Von André Feller

Philatelisten beschäftigen sich bekannterweise mit Briefmarken, Stempeln und der postgeschichtlichen Entwicklung. Seit einigen Jahren erlebt das Hobby Philatelie eine Wende. „Social Philately“ heißt das neue Sammelgebiet. Im Mittelpunkt, ausgehend von postalischen Dokumenten wie Briefen, Ansichts- oder Postkarten, steht die Analyse geschichtlicher, wirtschaftlicher, kultureller und sozialer Zusammenhänge.

Ein solches Beispiel liegt uns von Martine Adam, Mitglied des „Cercle philatélique Sophia Wiltz“, vor. In ihrer beachtlichen Ansichtskartensammlung befindet sich eine Karte mit einer Abbildung von Schloss Ansemburg. An sich nichts Ungewöhnliches, wäre es nicht eine Ansichtskarte aus dem Hause des „Comte Amaury d’Ansembourg d’Anethan“.

Im Juni 1907 schreibt Gaby eine Nachricht an ihre Freundin Madeleine de Robiano aus dem Château de Marchin in Belgien, um sich zu erkundigen, wie es ihr ergeht und um sie nach Ansemburg einzuladen. Weiter teilt die Verfasserin mit, dass ihre Schwester Juliette seit dem 16. des Vormonats Ordensschwester wurde.

Tragischer Unfall

Anhand dieser Angaben, also Nachricht, Absender und Empfänger, recherchierte die Sammlerin Martine Adam. Die von ihr kontaktierten Nachfahren des Grafen von Marchin in Belgien bestätigten die Beziehungen zwischen beiden Adelsfamilien. Die Genealogie lieferte dann weitere Erkenntnisse. Gabrielle de Marchant et d’Ansembourg, die Verfasserin der Ansichtskarte, wurde am 11. Juli 1887 geboren und verstarb am 9. Januar 1979 im Alter von 91 Jahren. Ihre Schwester Juliette wurde am 10. Juli 1884 geboren und verstarb am 15. August 1971.
Madeleine de Robiano aus Huy, die Freundin von Gabrielle de Marchant et d’Ansembourg, verstarb 1945. Wie aus den genealogischen Nachforschungen als auch aus Informationen der Familie hervorgeht, wurde sie von einem Lkw der US Army unglücklicherweise überfahren und dabei tödlich verletzt.

Ausgehend von dieser Ansichtskarte konnte die Erforschung der geschichtlichen und wirtschaftlichen Hintergründe weiter fortgesetzt werden, wobei sich die Frage stellte, warum sich die belgische Adelsfamilie in Luxemburg niederließ.

Eine ausführliche Antwort und die Geschichte über die Adelsfamilie würde den Rahmen dieses Artikels allerdings sprengen. Also kurz und knapp: Noch lange bevor die Stahl- und Eisenindustrie im Süden Luxemburgs florierte, existierten im ländlichen Raum des Landes zahlreiche kleine Hüttenwerke. Belgische Hüttenherren ließen sich im Großherzogtum nieder, u.a. der Thomas de Marchant. Eine Eheschließung zwischen den „de Marchant“ und den „de Ansembourg“ führte somit zur neuen Adelsfamilie „de Marchant et d’Ansembourg“, die sich im Schloss von Ansemburg niederließ.

tomate franz
9. November 2019 - 10.57

1907! Da waren die Wenigsten des Lesens und Schreibens kundig. Da mussten die kleinen Leute malochen um über die Runden zu kommen. Die einzigen, die Musse zum Briefeschreiben hatten, waren die Adeligen. Das war ein Privileg der Oberschicht. Damals war Wissen noch Macht!

de Bop
7. November 2019 - 10.24

Wer nimmt sich denn heute noch die Zeit einen Brief zu schreiben oder aus den Ferien eine handgeschriebene Ansichtskarte an Verwandte oder Bekannte zu schicken? Schreiben ist out. Bald sind nur noch die Wenigsten in der Lage, fehlerfrei und in einer verständlichen Manier zu redigieren. Auch weil sie es verlernt haben, nachzudenken, sich zu konzentrieren und ihre Gedanken zu ordnen.

de Ben
6. November 2019 - 15.32

Wenn man bedenkt, wie sich die Zeiten geändert haben. Früher war es das Priveleg der Reichen und Adeligen sich Briefe zu schreiben, die dann tagelang unterwegs waren. Heute stehen schon die Jüngsten jederzeit, in Sekundenschnelle via Handy oder Smartphone miteinander in Kontakt und das weltweit. Vor noch nicht allzu langer Zeit verbreiteten sich die wirklich wichtigen Nachrichten wesentlich langsamer und man war über Vieles nicht informiert, was man eh nicht ändern kann. Die Menschen hatten nicht die Musse, die Zeit oder die Möglichkeit Fakenews auszutauschen. Heutzutage sind unser Geist und unser Gedächtnis von Nebensächlichkeiten überbelastet und kommen kaum noch zu Ruhe. Die modernen Kommunikationsmittel sind ein Segen so lange sie vernünftig und massvoll eingesetzt werden.