Neues Gipfelformat44 Staaten gründen die Europäische Politische Gemeinschaft

Neues Gipfelformat / 44 Staaten gründen die Europäische Politische Gemeinschaft
Der Initiator des neuen Gipfel-Formats, der französische Präsident Emmanuel Macron (l.), schreitet über den roten Teppich zur Prager Burg. Wohl selten war das Medieninteresse für so wenig so groß, denn beim Gipfel gibt es keine Beschlüsse und nicht einmal eine Abschlusserklärung. Foto: Joe Klamar/AFP

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Für EU-Verhältnisse ging es mit diesem Gipfel-Treffen erstaunlich schnell. Im Mai war es nur eine Idee von Emmanuel Macron, nun wurde es im Vorfeld des Prager EU-Gipfels gleich Wirklichkeit: die ganz große Konferenz von 44 Staaten Europas als Antwort auf Putins Angriffskrieg. Aber es gab Fragen.

Zwei kämpfende Giganten haben ihre Gegner niedergerungen und setzen ihre Messer zum finalen Hieb an. Fängt so ein neues Kapitel in der europäischen Geschichte an? Die beiden riesigen Steinfiguren stehen jedenfalls rechts und links des Portals, durch das in Prag an diesem Donnerstag die Teilnehmer eines neuen Formates zum Gründungstreffen in der Burg streben. EPG = EU + 17 heißt die interne Formel. Sprich: In dieser Europäischen Politischen Gemeinschaft versammeln sich die 27 EU-Mitglieder und 17 weitere Staaten, die zwar zu Europa gehören (wollen), aber nicht mehr oder noch nicht der EU angehören und dies zum Großteil auch nicht vorhaben.

Die isländische Premierministerin Katrin Jakobsdottir ist die Erste, die zum Glockenklang des Mittagsgeläutes der Burgkirche den roten Teppich betritt. Die Isländer wollten mal der EU beitreten, haben den Aufnahmeantrag aber schon wenig später wieder zurückgezogen. Spektakulärer haben das die Briten mit ihrem Austritt gemacht. Nun sind sie wieder da. Die britische Premierministerin Liz Truss marschiert zügig Richtung Tagungssaal, reagiert nur mit einem Lächeln auf alle Frageversuche der Journalisten. Anfangs hatte sie die Einladung ausschlagen wollen, sich dann aber anders entschieden – und die Reise mit einem vorangestellten bilateralen Gespräch mit dem tschechischen Gastgeber Petr Fiala sogar aufgewertet. Eine „führende Rolle“ wolle sie denn auch bei dem Treffen spielen, sagte sie im Vorfeld. Nun gehört sie zu denen, die „konkret“ werden wollen – etwa bei der Hilfe für die Ukraine.

Das von Russland angegriffene Land ist gewissermaßen dreifach vertreten. Zum einen gilt die gesamte Zusammenkunft als Zeichen an Russland, dass es Europa nicht gespalten bekommt, sondern ganz im Gegenteil sogar noch einiger und größer vorfindet. Persönlich nimmt der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal teil. Und sein Präsident Wolodymyr Selenskyj wird per Video zugeschaltet.

„Gleichgesinnte europäische Demokratien“

Wenn die Europäische Politische Gemeinschaft etwas Neues sein will, dann schafft sie das optisch in Prag jedenfalls nur bedingt. Unter den 45 Persönlichkeiten, die über den roten Teppich gehen, sind lediglich acht Frauen. Magdalena Andersson gibt ohnehin so etwas wie ihren Abschiedsbesuch auf Europa-Ebene; sie ist als schwedische Regierungschefin abgewählt. Ebenso wie Mario Draghi aus Italien, der in Prag jedoch noch einmal viele Sympathiebekundungen erhält.

„Gleichgesinnte europäische Demokratien“, geben Truss und Fiala zu Protokoll, würden bei diesem Gründungstreffen eine „geschlossene Front“ gegen Putins brutalen Krieg zeigen. Doch die persönliche Situation und ihre Einstellung sowohl zur Geschlossenheit als auch zur Demokratie lassen dann doch jede Menge Fragen aufkommen. Da sitzen etwa Ilham Aliyew und Nikol Paschinjan am „gemeinsamen“ Tisch. Der eine ist Präsident Asebaidschans, der andere Premierminister Armeniens. Und gerade haben ihre Länder noch blutige Gefechte miteinander ausgetragen, Hunderte von Toten sind zu beklagen und wechselweise werfen sie sich vor, Kriegsverbrechen begangen zu haben.

Der Vorsatz, ein Familienfoto „gegen“ Putin zu präsentieren, ist auch durch eine andere Person mit Vorbehalten verknüpft. Mit einer lockeren Handbewegung und „Hello“ betritt Recep Tayyip Erdogan die Prager Burg. Es ist derselbe Erdogan, der gerade noch beim Gipfeltreffen von Samarkand sich mit Putin plaudernd in Szene setzte.

Keine neue Institution

Die Premiere in Prag besteht jedoch nicht nur aus der allgemeinen Aussprache im großen Kreis. Am Rande ergeben sich viele bilaterale Verabredungen. Auch der deutsche Kanzler nutzt die Gelegenheit: Olaf Scholz bespricht sich mit Liz Truss. Er feiert die neue Gemeinschaft als „große Innovation“, weil so ein Treffen entstanden sei, bei dem sich die Staats- und Regierungschefs einen ganzen Tag lang in verschiedenen Formaten unterhalten könnten, um einfach mal ohne Tagesordnung oder Zwang von Beschlüssen über gemeinsame Anliegen in Europa zu sprechen. Das sei „gut für den Frieden und die Sicherheitsordnung“. Aber auch gut für die ökonomische Entwicklung und dafür, die Beziehungen zu den Nachbarn der EU zu vertiefen.

Darum drehen sich jedoch auch die größten Befürchtungen rund um die EPG: Dass sie ein Ersatz für den Beitritt zur EU sein könne. Vor allem die sechs Westbalkan-Staaten dringen seit vielen Jahren auf eine Mitgliedschaft. Nun auch die Ukraine und Moldawien. Der Chef der Europäischen Konservativen und Christdemokraten, Manfred Weber, warnt ausdrücklich vor einer EPG mit Ersatzfunktion. Das Signal der zweiten Reihe dürfe nicht entstehen. Eine Verselbstständigung will auch der deutsche Kanzler verhindern. Zwar solle es jetzt regelmäßige Treffen im 44er-Format geben, doch es solle dabei keine „neue Institution mit Verwaltung, Bürokratie und vielen, das vor- und nachbereiten“ entstehen.

Es wird also Sache der jeweiligen Ratspräsidentschaft sein, ob und wie das neue große Europa-Format aufgemacht wird. In der französischen EU-Ratspräsidentschaft hatte Präsident Emmanuel Macron zum Europatag im Mai den Vorschlag gemacht, sein Nachfolger Fiala hat diesen in der tschechischen Hauptstadt umgehend verwirklicht. Was die Schweden machen, steht noch nicht fest. Sie stecken nach dem Rechtsruck bei den jüngsten Parlamentswahlen noch in der Regierungsbildung.

Jempi
7. Oktober 2022 - 7.18

Wiederum dieses politische Bonzen-Getue, Prunkauftritte,Umarmungen,Showeinlagen usw. ausser Spesen dreimal nix gewesen, Veraschung des Bürgers sondergleichen,Putin lacht sich kaputt,es stinkt bis zum Himmel.