Dienstag2. Dezember 2025

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Arbeitsmarkt34 Tipps für mehr Attraktivität: Handelskammer stellt Empfehlungen vor, um neue Arbeitskräfte anzuziehen

Arbeitsmarkt / 34 Tipps für mehr Attraktivität: Handelskammer stellt Empfehlungen vor, um neue Arbeitskräfte anzuziehen
Ihr Ziel lautet, neue Arbeitskräfte zu finden und zu halten: Muriel Morbé (Mitte l.), Leiterin der Abteilung Talente, Karin Scholtes (Mitte r.), Präsidentin der Arbeitsgruppe Talentförderung, Handelskammer-Direktor Carlo Thelen (r.) Foto:  Editpress/Julien Garroy

Die Bevölkerung altert, mehr und mehr Menschen scheiden aus dem Arbeitsleben aus. 335.000 neue Arbeitskräfte wird Luxemburg bis 2040 brauchen. Die Handelskammer will dem Fachkräftemangel entgegentreten – mit einer Reihe Empfehlungen.

Nach „Lux4Defence“ kommt „Talent4Luxembourg“. Im April dieses Jahres hat die Handelskammer einen Zehn-Punkte-Plan vorgestellt, um die steigenden Verteidigungsausgaben besser für die heimische Wirtschaft nutzen zu können. Nun widmen sich die Interessenvertreter der Unternehmer einem weiteren heißen Thema: der Gewinnung neuer Talente. „34 Empfehlungen zur Stärkung der Attraktivität, Entwicklung und Bindung von Talenten in Luxemburg“ lautet der Untertitel des Katalogs, den Handelskammer-Direktor Carlo Thelen an diesem Dienstagmorgen der Öffentlichkeit präsentiert.

Fachkräftemangel ist ein globales Phänomen. Überall fehlt es an gut ausgebildeten Arbeitskräften, in Luxemburg, in der Großregion, in ganz Europa. Geburtenrückgang und die Alterung der Bevölkerung werden den Pool an verfügbaren Arbeitskräften in den kommenden Jahren stetig verringern, während der Bedarf an Fachkräften weiter zunimmt. Dementsprechend hart ist der Konkurrenzkampf zwischen Unternehmen, um die besten Mitarbeiter zu rekrutieren. Seine spezifische Situation bringe Luxemburg an sich in eine gute Ausgangslage, sagt Thelen. Zum einen ist das Medianalter hierzulande im europäischen Vergleich relativ niedrig. Die Hälfte der luxemburgischen Bevölkerung ist jünger als 39,7 Jahre – gesamteuropäisch beträgt dieser Wert 45 Jahre. Grund dafür ist die stetige Einwanderung. „Wir waren immer ein Immigrationsland“, sagt Thelen. 2024 wanderten 9.281 mehr Personen ins Großherzogtum ein als aus. „In anderen Ländern gibt es das nicht. Die Herausforderung ist, das zu halten.“

Abhängigkeit von ausländischen Arbeitskräften

In ihrer Analyse des Budgets 2026 zeigte sich die Handelskammer besorgt über die Zukunft des „Luxemburger Modells“. Das hat auch Auswirkungen auf die Talentgewinnung. „Sobald das Wirtschaftswachstum nicht mehr da ist, geht die Anziehungskraft zurück“, sagt Thelen. Außerdem belege Luxemburg den zweitletzten Platz im europäischen Vergleich, was das reale Renteneintrittsalter angeht. „Die Leute riskieren zu fehlen“, so der Direktor. Eine weitere Sorge der Handelskammer: Die Zahlen der Grenzgänger aus Deutschland und Belgien gehen zurück. Dabei ist die luxemburgische Wirtschaft von ausländischen Arbeitskräften abhängig. Knapp die Hälfte des Arbeitsmarkts besteht aus Grenzgängern, beinahe drei Viertel aller Arbeitnehmer haben keine luxemburgische Staatsangehörigkeit.

335.000


neue Arbeitskräfte werden bis 2040 benötigt

Die Generalinspektion der Sozialen Sicherheit (IGSS) schätzt den Bedarf an neuen Arbeitskräften in den kommenden 15 Jahren auf 335.000. 155.000 davon sind neue Posten, der Rest Rentner, die ersetzt werden müssen. Eine eindrückliche Zahl, die mehr als zwei Drittel des aktuellen Arbeitsmarkts ausmacht. „Es ist daher dringend geboten, konzertiert zu handeln, um schnell und effektiv eine konkrete nationale Talentstrategie und ambitionierte Initiativen umzusetzen“, sagt Karin Scholtes, Vorsitzende der Arbeitsgruppe Talentförderung der Handelskammer. Sie sieht dabei im Einsatz von Künstlicher Intelligenz eine große Chance, um die Produktivität zu steigern – was wiederum die Infrastruktur finanzieren könnte, die es braucht, um die neuen Arbeitskräfte aufzunehmen.

Insgesamt 34 Empfehlungen hat die Arbeitsgruppe der Handelskammer ausgearbeitet, unterteilt in sechs Kategorien. Luxemburg soll als international attraktiver „Talent Hub“ positioniert werden, sagt Muriel Morbé, Leiterin der Abteilung Talente und Kompetenzen. Eine zentrale Rolle soll dabei die Vereinfachung von Prozeduren spielen. Die Handelskammer schlägt vor, einen sogenannten „Talent Desk“ einzurichten, eine zentrale Anlaufstelle, die neuen Arbeitskräften die Integration erleichtern soll. Eine weitere konkrete Empfehlung ist das sogenannte „Spouse Programme“. Arbeitskräfte sollen in Zukunft nicht nur als Arbeitskräfte, sondern auch als Familienmenschen gesehen werden. Ein Programm soll den Ehepartnern von ausländischen Talenten dabei helfen, ebenfalls einen Job in Luxemburg zu finden.

Die sechs Richtlinien der Handelskammer

1. Eine Talentübersicht erstellen, um den Bedarf an Fähigkeiten zu ermitteln und vorhandene Fähigkeiten zu stärken;

2. Luxemburg als attraktiven internationalen Talentstandort für Talente und ihre Familien positionieren;

3. administrative Verfahren vereinfachen und beschleunigen, im Zusammenhang mit der Ankunft und Aufnahme internationaler Talente;

4. ein Umfeld schaffen, das die Ansiedlung und Integration von Talenten und ihren Familien fördert;

5. die Erfahrung von Talenten über 45 und über 55 Jahren als strategische Ressource wertschätzen;

6. die für die weitere Diversifizierung der Wirtschaft erforderlichen Kompetenzen stärken (zum Beispiel Verteidigung, KI, Gesundheitstechnologien).

 Blättert man durch den Katalog mit den Empfehlungen der Handelskammer, fällt jedoch eine zentrale Leerstelle auf: Das Wohnraumproblem, Sorge Nummer eins der Luxemburger, wird in weiten Teilen ausgeklammert. Zwar unterstreicht Scholtes in ihrem Vortrag die wichtige Rolle, die Logement als Faktor bei der Attraktivität des Standorts Luxemburgs spielt, die Arbeitsgruppe habe sich jedoch nicht spezifisch mit der Wohnungsnot beschäftigt. Auf die Frage, ob Luxemburger Unternehmer wieder Unterkünfte für ihre Mitarbeiter bauen und finanzieren müssen, nach Vorbild der alten Arbed-Häuser, berichtet Scholtes von Arbeitgebern, die bereits heute Wohnungen anbieten, um Arbeitskräfte anzuziehen. Ein Modell für die Zukunft also? „Da könnte man darüber diskutieren.“