246 Seiten und viele offene Fragen: Ein Koalitionsabkommen in Skizzen

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Wann kommt der kostenlose öffentliche Transport? Ist die Erhöhung des Mindestlohns sicher? Wie soll die Cannabis-Legalisierung in Luxemburg aussehen? Ein Überblick zum Koalitionsabkommen. 

Am Montag wurde das Koalitionsabkommen der voraussichtlich nächsten Regierung unterzeichnet. Bei vielen Punkten bleibt der Text sehr allgemein. Die groben Linien, die die Regierung in der vergangenen Woche angekündigt hatte, werden alle im Abkommen thematisiert. Doch auch hier liefert der Text wenige Details und Erklärungen.

Kostenloser öffentlicher Transport

Auch der kostenlose öffentliche Transport steht im Koalitionsabkommen. Neu ist, dass ein Datum genannt wird: Er soll im ersten Trimester 2020 eingeführt werden. Wie bereits angekündigt, soll der kostenlose öffentliche Transport über die Reduzierung der Kilometerpauschale finanziert werden. „Bei der Reform der Kilometerpauschale werden die besonderen Bedürfnisse von Personen berücksichtigt, die außerhalb der Fahrtzeiten arbeiten“, schreibt die Regierung. Ansonsten liefert der Text keine Details über das Ausmaß der Reform. Es wird auch nicht weiter ausgeführt, wer davon betroffen sein wird.

Die Erhöhung des Mindestlohns

Die Erhöhung des Mindestlohns um 100 Euro zum 1. Januar 2019 wird im Koalitionsabkommen festgehalten. Die Regierung schreibt, dass sie die entsprechenden gesetzlichen Änderungen so schnell wie möglich umsetzen will. Wie bereits letzte Woche angekündigt geht sie davon aus, dass sie es bis zum 1. Januar nicht schaffen wird. Deshalb soll die Erhöhung rückwirkend gelten. Das bedeutet, dass die Mindestlohnbezieher ihr Geld erhalten werden, das ihnen vom 1. Januar an zustehen würde, sobald der gesetzliche Rahmen steht. Die Regierung will laut Koalitionsabkommen auch darauf achten, dass die Mindestlohnbezieher mit der Erhöhung nicht auf Sozialmaßnahmen verzichten müssen, die sie momentan beziehen können.

Individualbesteuerung 

Auch die Individualbesteuerung wird, wie angekündigt, im Koalitionsabkommen festgehalten. Bisher werden verheiratete und gepacste Paare auch als solche besteuert. In Zukunft sollen sie einzeln besteuert werden. Wie die Regierung bereits letzte Woche angekündigt hatte, sollen die familiären Verhältnisse, wie beispielsweise die Anzahl der Kinder, allerdings weiter eine Rolle spielen. Laut dem Abkommen sollen Übergangsphasen gelten, damit die Menschen nicht von einem Tag auf den anderen anders besteuert werden. Im Koalitionsabkommen wird nicht festgehalten, welchen Einfluss die Individualbesteuerung auf die Staatsfinanzen haben wird. Es wird auch nicht beschrieben, wie das neue Steuersystem funktionieren soll.

Drittzahlersystem

Wie die Regierung bereits letzte Woche angekündigt hat, soll die Lösung im Streit um das Drittzahlersystem („tiers payant généralisé“) durch ein informatisches System gelöst werden. Bei einem Drittzahlersystem muss der Patient beim Arztbesuch nicht zahlen. Letzterer bekommt das Geld gleich von der Krankenkasse. Das vorgesehene informatische System soll ermöglichen, dass die Krankenkasse den Patienten ihr Geld „sofort“ zurückerstattet. Im Koalitionsabkommen stehen keine weiteren Details darüber, wie dieses System aussehen soll. „Die genauen Modalitäten werden mit dem medizinischen Berufsstand ausgehandelt“, schreibt die Regierung lediglich.

Niedrigere Unternehmenssteuer

Die Unternehmenssteuer wird, wie bereits angekündigt, um 1 Prozent gesenkt. Die Maßnahme soll schon 2019 eingeführt werden. Die minimale Körperschaftsteuer (15 Prozent) soll in Zukunft für Unternehmen mit Einnahmen von bis zu 175.000 Euro gelten. Bisher galt dieser minimale Steuersatz nur bis zu einem Umsatz von 25.000 Euro.

Glyphosat-Ausstieg und Bio-Förderung

Der Ausstieg aus dem umstrittenen Herbizid Glyphosat soll in Luxemburg bis zum 31. Dezember 2020 vollzogen sein. Das Koalitionsabkommen gibt wenige Details zu diesem Punkt. Es steht lediglich im Text, dass ein Programm zur Nutzung alternativer, nachhaltiger Methoden ausgearbeitet wird. Die Regierung hatte letzte Woche auch angekündigt, dass 20 Prozent der luxemburgischen Landwirtschaft bis 2025 biologisch sein soll. Die staatlichen Hilfen sollen für die biologische Landwirtschaft interessanter werden als die für die konventionelle Landwirtschaft. Auch soll der Kauf von biologischen Produkten in den Kantinen gefördert werden. Ob das gesetzte Ziel durch die Maßnahmen erreichbar ist, bleibt unklar. Die Regierung hatte in der vergangenen Legislaturperiode bereits erfolglos versucht, die biologische Landwirtschaft zu fördern.

Cannabis-Legalisierung

Wie genau die Cannabis-Legalisierung in Luxemburg aussehen soll, ist auch im Koalitionsprogramm noch nicht ganz klar. Die Regierung schreibt, dass sie die Produktion, den Kauf, den Besitz und den Konsum „entkriminalisieren, wenn nicht sogar legalisieren“ will. Sollte sie sich für Letzteres entscheiden, würde Luxemburg noch weiter als die Niederlande gehen. Die Regierung spricht von einer „nationalen Produktions- und Verkaufskette“. Das Koalitionsprogramm klärt die Frage nach einer Einwohnerklausel nicht. Klar ist lediglich: Nur Erwachsene werden Cannabis erwerben dürfen.