AusgrabungenLuxemburger Forscher finden 183 Millionen Jahre alten Fisch in Niederkerschen

Ausgrabungen / Luxemburger Forscher finden 183 Millionen Jahre alten Fisch in Niederkerschen
Ausgrabungsleiter Dr. Ben Thuy mit einem sogenannten Leitfossil Foto: Alain Rischard / Editpress

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Während zwei Wochen sucht ein Team von Paläontologen aus dem „naturmusée“ in einer Industriezone nach Fossilien aus der Jura-Zeit. Gleich zu Beginn ihrer Grabungen gelang ihnen ein spektakulärer Fund: ein 183 Millionen alter Fisch aus der Zeit, in der die Region von einem Ozean bedeckt war. Und die Forscher hoffen, noch wesentlich mehr zu finden.

Wenn von Urzeittieren die Rede geht, erwarten die meisten Menschen wohl riesengroße Echsen. Bei dem vor wenigen Tagen in der Bascharager Industriezone gefundenen frühzeitlichen Lebewesen handelt es sich allerdings um einen Fisch, genauer gesagt um einen „Lepidotes“, zu Deutsch Schmelzschupper. „Er hatte Zähne, mit denen er Meeresfrüchte zermalmte“, erklärt Dr. Ben Thuy, Paläontologe, Kurator der paläontologischen Abteilung des „naturmusée“ und Leiter der Ausgrabungen vor Ort.

Dieses Tier lebte vor 183 Millionen Jahren. Um das herauszufinden, brauchte der Wissenschaftler keine speziellen Untersuchungen durchzuführen. Das Alter kann auch anhand sogenannter Leitfossilen, die an den gleichen Stellen gefunden werden, ermittelt werden. Das sind Überreste von Tieren, die schon tausendfach überall auf der Welt gefunden wurden und von denen man genau weiß, wann sie lebten. In diesem Fall sind das Kopffüßler, Vorfahren des heutigen Nautilus. Typisch für das Tier ist sein spiralig aufgerolltes Gehäuse. „Solche fanden wir in Massen hier vor“, sagt Thuy.

„Ettelbrück sur mer“

Dass es sich bei den bisher gefundenen Fossilen um Meerestiere handelt, ist keine Überraschung für die Experten, da vor 200 bis 165 Millionen Jahren der südliche Teil Luxemburgs von einem Urozean – „Tethys“ genannt – bedeckt war, der ungefähr bis an die Grenze zwischen Gutland und Ösling reichte. „Auf Höhe von Ettelbrück war damals der Strand“, erzählt Thuy lachend.

20220511 Bascharage , z.i. Bomicht , fouilles archéologiques , Dr Lea Numberger et Dr Ben Thuy , Foto: Editpress/Alain Rischard
20220511 Bascharage , z.i. Bomicht , fouilles archéologiques , Dr Lea Numberger et Dr Ben Thuy , Foto: Editpress/Alain Rischard Foto: Editpress/Alain Rischard

Seit Beginn dieser Woche arbeitet Thuy mit seinem Team von Paläontologen auf einem rund 600 Quadratmeter großen Gelände in Bascharage. Zu Werke gehen sie dabei mit einem Bagger, aber auch mit kleinen Geologenhämmern. „Mit kleinen Pinseln arbeiten Paläontologen nur im Film“, sagt Thuy lachend. Insgesamt haben sie zwei Wochen Zeit, ehe alles wieder für den Bau einer Halle zugeschüttet wird. Sie sind zuversichtlich, dass ihre Ausgrabung ertragreich sein wird. Bereits in den 1990er Jahren wurde in der Nähe der Flügel eines Flugsauriers gefunden. Bei kürzlichen Sondierungsarbeiten wegen des erwähnten Neubaus waren auch bereits Überreste von urzeitlichen Meerestieren entdeckt worden. Zurzeit findet übrigens auch eine Ausstellung* über urzeitliche Meeresbewohner im „naturmusée“ statt. Dass sie zeitgleich mit dieser Grabung stattfindet, sei allerdings purer Zufall, sagt Thuy.

Sondierungsgrabungen werden von Archäologen vor dem Bau von Gebäuden unternommen, um sicherzustellen, dass sich keine kulturgeschichtlichen Überreste an der Stelle befinden, die vorher noch ausgewertet werden müssen. „Unsere Arbeit beginnt dort, wo die der Archäologen aufhört“, erklärt Thuy. Archäologen graben in Schichten bis maximal 1,30 Meter, Paläontologen etwas tiefer. Die vom Bagger ausgehobene Grube, in welcher Lepidotes gefunden wurde, hat eine Tiefe von rund zweieinhalb Meter. „Weiter graben wir nicht. Die Schichten, die uns interessieren, liegen nicht sehr tief.“

Die Funde aus der Zeit seien auch von aktuellem Interesse. Vor 200 Millionen Jahren kam es aufgrund eines Klimawandels zu einem Massenaussterben. Der Temperaturanstieg betrug damals zwischen drei und vier Grad, weswegen Fossilien aus der Zeit helfen, Umweltprozesse von heute zu verstehen. Der gute Zustand der Fossilien lasse sich dadurch erklären, dass es in den unteren Schichten des Ozeans wenig Sauerstoff gab, was den natürlichen Zerfall unterband.

Paläontologen bei der Arbeit
Paläontologen bei der Arbeit Foto: Editpress/Alain Rischard

Ben Thuy und sein Grabungsteam sind sich sicher, dass sie noch mehr an dem Ort finden werden. Alle Anzeichen sprechen dafür. „Wir befinden uns hier auf dem Gebiet einer sogenannten Lagerstätte, d.h. Sedimentablagerung, die besonders fossilienhaltig ist.“ Die Ablagerungen, die die Forscher interessieren, befinden sich in der Ölschiefer-Schicht. Thuy schlägt mit dem Geologenhammer einen Stein auf und lässt uns daran riechen: Der Stein riecht in der Tat leicht ölig. „Öl gibt es allerdings hier keines“, sagt er lachend. „Dafür reichte der Druck in dieser Tiefe nicht aus.“ Der erwähnte Ozean sei auch nur etwa 70 Meter tief gewesen.

Die Wissenschaftler schließen neben den Funden von Meerestieren auch solche von größeren Tieren nicht aus. „Es müssten eigentlich auch Reptilien hier zu finden sein“, meintThuy. Ihre Funde werden die Forscher am 24. Mai im „naturmusée“ präsentieren.

* Die Ausstellung „Lost Ocean – ein Fossilien-Tauchgang in das Meer der Ungeheuer“ ist noch bis zum 29. Mai dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr im „Musée national d’histoire naturelle“, 25, rue Münster in Luxemburg-Stadt, geöffnet.

St. Flatschert
15. Mai 2022 - 19.22

@ JJ / Dabei weiss doch jeder dass die Geschichte erst vor 2000 Jahren begann !!!!!!!

JJ
15. Mai 2022 - 9.56

Das sagt mal jenen "Hirnis" die glauben die Erde sei 6000 Jahre alt.

HeWhoCannotBeNamed
14. Mai 2022 - 10.32

Passendes Shirt, denn wo Urzeit-Fische sind, sind auch Gojiras nicht weit...