Von einem Schuldenberg, der keiner ist

Von einem Schuldenberg, der keiner ist
(Jean-Claude Ernst)

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Mit dem Verweis auf die Schulden kann man den Luxemburgern richtig Angst machen. Im Lëtzebuergeschen bedeutet „Schold“ genau wie im Deutschen „dette“ oder „culpabilité“; im Unterbewusstsein tendieren wir zur Vermischung; wer Schuld macht, lädt irgendwie auch Schuld auf sich.

So treiben erprobte Politiker es denn auch recht ungeniert, je nach Interessenlage, wenn die öffentliche Schuld zur Debatte steht. Sie lässt sich leicht als hoch und zu hoch darstellen, wenn es versteckte Gründe dafür gibt. Zum Beispiel, um ein „Sparpaket“ durchzusetzen.

Weil die Dramatisierung der öffentlichen Schuld – die nicht identisch ist mit der Schuld des sogenannten Zentralstaats! – einer schändlichen Manipulation der Wählerschaft gleichkommt, sei hier und jetzt versucht, aufklärend zu wirken.
Als Messlatte für eine Erstbeurteilung der öffentlichen Schuld gilt ihre Summe relativ zum Bruttoinlandsprodukt, also in Prozent. Im konkreten Fall entsprechen die 12 zurzeit geschuldeten Milliarden etwa 23% des BIP, welches nach der Hochrechnung 51,164 Milliarden erreichen soll.

Diese Quote bleibt nicht nur weit unter der vertraglich in der EU zugelassenen Marke von 60 Prozent; sie ist die zweitniedrigste überhaupt in der Union. Allein Estland steht noch besser da. Aber Deutschland: 65%, und Frankreich: 96%, und Belgien: 107%, um nur die Nachbarn zu nennen, sind Luxemburg gegenüber dicke Schuldärsche, nicht einmal die dicksten, wie unsere Grafik (Quelle: Eurostat) so eindrucksvoll aufzeigt.

Schauen wir uns die 23 Prozent öffentliche Schuld/BIP genauer an. Kein einziger Eurocent rührt aus dem laufenden Haushalt des Zentralstaates; das ganze Geld wurde für Investitionen eingesetzt. Das Total unterteilt sich grosso modo folgendermaßen:

(Größere Ansicht)

Für die integrale Finanzierung der Investitionen reichen die jährlichen Überschüsse des Zentralstaates (siehe Tageblatt vom 8. Dezember) nicht aus. Es war 2008 auch nicht möglich, die 2,4 Milliarden zur Rettung der BGL aus der Portokasse zu nehmen.

Die zusätzlich zu den Überschüssen aufgenommenen Anleihen runden die Finanzierung der Infrastruktur und Bauten ab, die für die Lebensqualität der jetzigen und künftigen Generationen bereitzustellen sind. Volumen und Tempo der Investitionen sind aus unserer Sicht nicht ausreichend. Luxemburg entwickelt sich mit rasender Schnelle in Richtung der Million Einwohner; wir werden noch bitter über das zu klein Geplante klagen.
Dem Kapitel Schulden fügen wir morgen das dazu Passende an, indem wir die öffentlichen Aktiva betrachten, welche – das sei hier schon verraten – weit höher sind als die öffentliche Schuld.

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