BlütenmeerWanderung durch den „Groussebësch“: Heiden, ein selten gewordener Lebensraum

Blütenmeer / Wanderung durch den „Groussebësch“: Heiden, ein selten gewordener Lebensraum
Die Besenheide an der Waldlichtung „Heedchen“ Foto: Sicona

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Das Natura-2000-Schutzgebietsnetz ist ein Europa umspannendes Netzwerk, das alle wichtigen Naturlebensräume zusammenfasst, die die Mitgliedsländer auf der Basis der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie und der Vogelschutzrichtlinie ausgewiesen haben.

Luxemburg hat insgesamt 48 Habitat-Schutzzonen ausgewiesen, von denen die Größte die Zone des „Mamer- und Eischtal“ mit fast 6.800 ha ist. In den Wäldern zwischen Meispelt und Dondelingen gibt es noch eine der letzten Heideflächen im Gutland. Das beeindruckende Blütenmeer der Besenheide an der Waldlichtung „Heedchen“ erreicht man nach der Wanderung durch den „Groussebësch“ in Meispelt.

Nach nur wenigen Metern des Wanderns über den sandigen Weg tut einem dieser Tage der Schatten gut. Farne zieren die Wegränder, während die Bäume an mehreren Stellen den Weg wie einen Tunnel umgeben. Nach etwa 10–15 Minuten Richtung Dondelerbaach erreicht man eine Waldlichtung. Im August eine einzigartige Blütenpracht.

Das etwa drei Hektar große Areal „Heedchen“ ist eine vom Sicona erstmals im Jahr 1990 renaturierte Heidefläche. Seither wird diese regelmäßig gepflegt, wobei insbesondere etwa 400 Schafe zweimal im Jahr während weniger Tage die Fläche bearbeiten. Die vierbeinigen Mäher fressen jene Pflanzen, die das Gelände überwuchern könnten, während sie die Besenheide meiden.

Wie am vergangenen Donnerstag seitens der Verantwortlichen des Sicona zu erfahren war, hat sich der Aufwand zur Renaturierung und zum Erhalt der Heide gelohnt. Laut einer vom Sicona erstellten Studie ist die Heide nicht nur botanisch interessant. Vielmehr bietet sie spezialisierten Insekten und Spinnen einen wesentlichen Lebensraum. In der Zwischenzeit haben sich dort 477 Arten ausgewählter
Arthropodengruppen wie etwa Spinnen, Käfer, Wanzen, Grashüpfer, Wildbienen, Wespen, Tag- und Nachtfalter „am Heedchen“ angesiedelt. Für zwei Käfer- und Wanzenarten wurde sogar ein Erstnachweis für Luxemburg erbracht.

Das große Vorkommen von besonders spezialisierten Insekten- und Spinnenarten auf der „Heedchen“
spricht demnach für eine erfolgreiche Renaturierung und den Erhalt des so selten gewordenen
Ökosystems.

Historische Verbreitung und Rückgang der Heiden

Heiden als reliktische Zeugnisse vergangener Kulturgeschichte prägten einstmals weiträumig unsere Landschaften. Sie sind durch die Schiffelwirtschaft (Brandfeldbau), eine im Rheinischen Schiefergebirge verbreitete spezielle Feld-Heide-Wirtschaft, entstanden. Bei dieser wurden die Zwergsträucher nach einer Regenerationsphase von 20 bis 60 Jahren teils geplaggt (abgetragen), teils abgebrannt und die Asche auf der Fläche verteilt. Anschließend wurde für zwei bis drei Jahre Ackerbau betrieben. Danach wurde die Fläche wieder sich selbst überlassen und bis zum nächsten Plaggenhieb beweidet.
Die Streunutzung und das Plaggen der Humusschicht führten dazu, dass die Böden stark ausgelaugt wurden. Das Plaggen und Brennen förderte die Besenheide als Rohbodenpionier. Sie konnte sich in Luxemburg auf den trockenen Böden über den basenarmen, sauren Schieferböden im Ösling oder auch über versauerten, podsolierten Böden auf Luxemburger Sandstein ausbreiten. Der regelmäßige Plaggenhieb bewahrte das Heidekraut vor Überalterung und verhinderte das Aufkommen von Gehölzen. Hinweise über die historische Verbreitung von Heiden in Luxemburg liefern die historischen Karten von Ferraris aus der Zeit zwischen 1770 und 1780. Auswertungen ergaben Heideflächen von 15.000-32.000 Hektar. 1904 waren es nur noch 13.000 ha.
Nach 1916 sind auch die letzten Ödlandflächen fast völlig verschwunden; sie wurden in Äcker und Grünland umgewandelt. Fast alle der heute deutlich seltener gewordenen Pflanzenarten der Heiden und Borstgrasrasen wurden vor 100 bis 200 Jahren als weit verbreitet eingestuft. Die Aufgabe der historischen Nutzungsformen, die Überführung der Heiden in produktivere Acker- und Grünlandflächen, sowie produktionssteigernde Maßnahmen und nicht zuletzt die großflächige Fichtenaufforstungen führten zum nahezu vollständigen Verschwinden der Heiden in Luxemburg.

(Quelle: Tuxenia Beiheft Nr. 12 Jahrestagung der Floristisch-soziologischen Arbeitsgemeinschaft (FlorSoz) in Luxemburg 2019)