AbenteuerDunkle Pfade und ein „stinkender Robert“: So verläuft das Night Survival in Fels 

Abenteuer / Dunkle Pfade und ein „stinkender Robert“: So verläuft das Night Survival in Fels 
Beim „Night Survival“ sind die Teilnehmer auf Routen wie diesen nach Einbruch der Dunkelheit unterwegs  Fotos: Wiebke Trapp

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Bei Dunkelheit auf schmalen Pfaden durch den Wald, mit Karte und Kompass arbeiten oder mit einfachsten Mitteln Feuer machen, das sind Angebote des „Night Survival“. Der Jugendherbergsverband hat sich das Angebot für Familien ausgedacht. Nach eineinhalb Stunden kann das Erlebte bei Stockbrot und Snack an der Jugendherberge in Fels sacken. Christoph Heymann (57) ist der „Guide“ bei diesem Erlebnis.

Der Erlebnispädagoge startet vom Park der Jugendherberge zielsicher in Richtung des dahinter liegenden Waldes. Die Dämmerung hat gerade erst eingesetzt und er macht an diesem Tag eine Ausnahme. Normalerweise findet das „Night Survival“ nach Einbruch der Dämmerung statt. Es geht steil hoch und der Blätterwald wird dichter. Nach dem Trubel der Cafés im Ort und den Gesprächen der Gäste im Park der Herberge, wird es still.

Vier Kilometer lang ist die Strecke, die Christoph Heymann für das Angebot des Jugendherbergsverbandes ausgesucht hat. Eineinhalb Stunden ist er mit den Teilnehmern unterwegs. Wer will, kann sich im völligen Dunkel im Wald orientieren. Es gibt nur kleine Lichter, die er vorher in 100-Meter-Abständen auf dem Weg anbringt. Was die Gruppe von maximal 20 Teilnehmern an so einem Abend erleben will, wird vorher besprochen.

Der Sinn des Ganzen? „Erst mal Spaß“, antwortet Heymann ohne zu überlegen. Dahinter steckt aber noch mehr. „Wir stellen bei unserer Arbeit fest, dass es für viele Kinder eine völlige Ausnahmesituation ist, draußen im Grünen unterwegs zu sein.“ Nicht nur für sie: Erwachsene IT-Spezialisten, die er schon mal geführt hat, waren genauso begeistert. Der abendliche Rundgang richtet sich aber vor allem an Familien mit Kindern.

Heymann kommt aus der „Pfadfinderecke“, wie er sagt, ist zertifizierter Erlebnispädagoge und hat andere Erinnerungen an seine Kindertage. „Wenn da ein Feuchtgebiet im Wald und ich mit meinen Freunden unterwegs war, kam Stunden später ein Anruf vom Förster“, sagt er. „Dann mussten wir unseren Eltern erklären, warum jetzt ein Waldstück unter Wasser steht.“

In durchgetakteten Zeiten und angesichts strengen Naturschutzes und heiß begehrter Grünflächen, ganz zu schweigen vom Wasserschutz wegen der Hitze, ist so etwas heute undenkbar. Nach dem steilen Aufstieg kommt auf dem schmalen Pfad entlang des Hanges ein großes natürliches Steintor in Sicht. Zwei Gesteinsplatten bringen die Form hervor. Darin ist es dunkel. Aber um weiterzukommen, muss man hindurch.

Der „stinkende Robert“

Sich in unbekannte Situationen vorzuwagen, ist Teil des „Night Survival“. Heymann weiß, wie groß das Staunen ist, wenn Kinder und Jugendliche in einer dunklen Situation plötzlich ein Rauschen in ihren Ohren hören. Es ist der Takt des eigenen Blutes. Mit wenig zurechtkommen, mal keinen Plan haben, sich spontan selber organisieren und so die Komfortzone verlassen … sind die tiefer liegenden Erfahrungen des „Night Survival“. Sind wir überzivilisiert?

Das will Heymann nicht bewerten. Was er aber immer wieder beobachtet, ist, dass vielen Kindern und Jugendlichen elementare Erfahrungen im Gelände fehlen. „Vielen fehlt das Erlebnis, draußen allein mit Freunden Zeit zu verbringen“, sagt er. Das gilt genauso für die Erfahrung, zielgerichtet mit Holz, Boden und Stein zu arbeiten. Heymann rupft ein Kraut am Wegesrand. Es ist der „stinkende Storchschnabel“. Er zerbröselt das kleine Pflanzenstück zwischen den Fingern.

Es riecht übel, was dem Heilkraut den Namen „stinkender Robert“ eingetragen hat. In der Volksheilkunde ist die Pflanze als Heilmittel bei Problemen des Verdauungssystems, Hautproblemen, bei Mund- und Rachenentzündungen, Fieber, Gicht, Zahnschmerzen sowie Herpes bekannt. Anekdoten wie diese erleichtern den längeren Aufstieg, der wie jeder Aufstieg in einem Abstieg zum Flüsschen Osterbour endet. Das Gewässer fließt durch das Gelände der Jugendherberge.

Emotional endet der Rundgang meist mit dem Gefühl von Stolz. Vor allem die Kinder sind stolz darauf, dass sie allein im Dunkeln zurechtgekommen sind; sie wissen, was man dafür unbedingt braucht und sie haben etwas geschafft, was sie sich vorher so nicht zugetraut hätten. Hinzu kommt die Erfahrung, dass nicht gleich alles im ersten Anlauf gelingt und dass das kein Drama ist. Das gilt vor allem für Heymanns „Naturrätsel“. Es ist nicht so einfach, die Stücke, die offensichtlich aus der Natur stammen, zu identifizieren. Mehr soll hier über die Mitbringsel, die Heymann in einem goldenen, alten Reisekoffer aufbewahrt, nicht verraten werden. Schließlich gehören Rätsel zu diesem Abend dazu.

Night Survival 

Das nächste „Night Survival“ findet am 19. August statt. Die genaue Uhrzeit wird nach der Anmeldung mitgeteilt. Mehr Infos unter youthhostels.lu. Das Angebot kann auch individuell von Gruppen gebucht werden.