Ferienlager für ukrainische Flüchtlingskinder„Ihnen zeigen, dass es eine andere Welt gibt“

Ferienlager für ukrainische Flüchtlingskinder / „Ihnen zeigen, dass es eine andere Welt gibt“
Ania aus Mykolajiw und Mia aus Iwano-Frankiwsk (beide sechs Jahre alt) fühlen sich offensichtlich wohl in Leudelingen Foto: Editpress/Alain Rischard

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Während sechs Wochen organisiert die Vereinigung „LUkraine“ in Leudelingen ein Ferienlager für ukrainische Flüchtlingskinder im Alter von sechs bis zwölf Jahren. Zahlreiche Aktivitäten sollen den Kindern helfen, Abstand von ihren traumatischen Kriegserlebnissen zu gewinnen.

„Freitags ist normalerweise der Tag, an dem wir spazieren gehen, doch Sie sehen ja, heute spielt das Wetter nicht mit“, sagt Elena Berkovitch, die Leiterin des Feriencamps. Als es gerade einen Moment aufhört zu regnen, nehmen die Erzieherinnen alle Kinder mit nach draußen und tanzen mit ihnen im Kreis. Begeistert ahmen die Kinder die Bewegungen der Erzieherinnen nach. Fast alle machen sie mit; nur zwei Jungs scheint die Sache nicht so richtig zu gefallen. Nach tanzen ist den beiden ganz offensichtlich nicht zumute; einer der beiden kickt betrübt einen Fußball vor sich hin. „Ja, einige von ihnen würden lieber den ganzen Tag Fußball spielen.“

Ukrainisch-Lehrerin Tetiana Haidamaka (l.) und die Leiterin des Ferienlagers Elena Berkovitch
Ukrainisch-Lehrerin Tetiana Haidamaka (l.) und die Leiterin des Ferienlagers Elena Berkovitch Foto: Editpress/Alain Rischard

Außer einigen Aktivitäten, wo die Kinder selbst auswählen können, was sie tun, hat jede Altersgruppe einen festen Stundenplan mit Workshops und Kursen. Denn Zweck des Ferienlagers sei es nicht nur, den Kindern eine unterhaltsame Freizeit anzubieten, sondern die Zeit auch sinnvoll zu nutzen. So werden in Workshops diverse Themen behandelt, um den Kindern das Leben in Luxemburg näherzubringen, schreibt „LUkraine“ in einer Mitteilung: Kultur und Geschichte, Symbole und Feste, Umweltschutz, Recycling, …. Natürlich kommen auch Sport, Kreativität, Tanz und Gesang nicht zu kurz. „Am meisten mögen sie allerdings das Basteln“, sagt die Leiterin des Ferienlagers. Zwei Snacks und ein kleines Mittagessen erhalten die Kinder ebenfalls vor Ort.

An der Tür des Pfadfinderheims hängt ein von einigen Kindern gemaltes Bild mit der Aufschrift „SuperU – Super Summercamp Ukraine Luxembourg“. Die Kinder haben den Namen ausgewählt. Ab dem 18. Juli hat die Gemeinde Leudelingen der ukrainischen Vereinigung das Pfadfinderhaus für sechs Wochen zur Verfügung gestellt. Aufgeteilt in drei Gruppen, verbringen dort insgesamt 145 Kinder, im Alter von sechs bis zwölf Jahren, zwei Wochen ihrer Sommerferien.

Die traumatischen Erlebnisse verarbeiten die Kinder in ihren Bildern
Die traumatischen Erlebnisse verarbeiten die Kinder in ihren Bildern Foto: Editpress/Alain Rischard

Traumatisiert wirken die Kinder nicht auf Außenstehende: Die meisten lachen viel und spielen wie andere Kinder in dem Alter auch. Dass sie jedoch alle traumatisiert sind, zeige sich in ihren Zeichnungen, in denen sich ihre Erinnerungen widerspiegelten, sagt Berkovitch. So malten sie z.B. oft Waffen und anti-russische Darstellungen. Ein Bild zeigt z.B. ein ukrainisches Flugzeug, das wegfliegt, während darunter ein brennendes russisches Schiff untergeht. „Psychologische Hilfe im eigentlichen Sinne bieten wir keine an. Wir wollen den Kindern vor allem Ablenkung bieten, ihnen etwas Normalität geben, und ihnen zeigen, dass es auch noch eine andere Welt gibt“, sagt Berkovitch. Denn auch in ihrem neuen Zuhause hier in Luxemburg würden sie den Bildern des Krieges nicht entgehen, wenn nämlich die Eltern zu Hause laufend die Nachrichten aus der Ukraine verfolgten. Berkovitch ist die Einzige in der Gruppe der Frauen, die bereits vor dem Krieg in Luxemburg war, sie kam vor acht Jahren aus dem nordukrainischen Tschernihiw. Alle anderen Mitarbeiterinnen sind ebenfalls Flüchtlinge.

Die Nachfrage in der hiesigen ukrainischen Gemeinschaft nach Ferienplätzen für ihre Kinder sei groß: „Es gibt sogar schon eine Warteliste.“ Laut „LUkraine“ gibt es etwa 1.500 ukrainische Kinder in Luxemburg, die vor dem Krieg fliehen mussten. Einerseits geht es natürlich in erster Linie darum, den Kindern Geborgenheit zu geben, damit sie die Gräueltaten, die sie erleben mussten, für einige Momente vergessen können, und sie sich an ihr neues Leben in diesem Land gewöhnen können. Das Sommercamp biete aber auch den neu angekommenen Eltern, oft Mütter, die allein mit ihren Kindern nach Luxemburg gereist sind, Freiräume, um sich auf die Arbeitssuche oder Sprachkurse konzentrieren zu können, während man sich um ihre Kinder kümmert.

Erzieherin Inna mit der Gruppe der Sechs- bis Siebenjährigen
Erzieherin Inna mit der Gruppe der Sechs- bis Siebenjährigen Foto: Editpress/Alain Rischard

Von 9 Uhr morgens bis 17 Uhr bleiben die Kinder im Camp. Ihr Tag dort ist genau aufgeteilt, jede der drei Altersgruppen (6-7,8-10,11-12 Jahre) hat einen festen Stundenplan. Die meisten der ukrainischen Helferinnen arbeiteten bereits vorher in der Heimat mit Kindern, sei es als Lehrerin, als Sportpädagogin oder Kunsterzieherin. Neben den erwähnten Aktivitäten erteilen ihnen freiwillige Helferinnen Unterricht in Französisch, Englisch und Ukrainisch.

Luxemburgisch-Kurse können sie noch keine anbieten: „Wir würden ja gerne“, sagt Berkovitch, „und wir suchen auch Leute, die das gerne tun würden. Unser Problem ist, dass wir kein Geld haben, um jemanden zu bezahlen.“