DeutschlandExperten ziehen gemischte Bilanz zu Corona-Maßnahmen

Deutschland / Experten ziehen gemischte Bilanz zu Corona-Maßnahmen
Corona-Teststation in Hamburg: Für einen Corona-Schnelltest müssen die meisten Menschen jetzt selbst zahlen Foto: dpa/Christian Charisius

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Masken wirken, doch dafür müssen sie richtig getragen werden – das ist eine der zentralen Aussagen der Sachverständigen, die die Corona-Maßnahmen in Deutschland bewerten sollten.

Dieser Bericht war mit Spannung erwartet worden, die Ergebnisse sind für die Bundesregierung teils ernüchternd: Wissenschaftler des sogenannten Sachverständigenausschusses haben an diesem Freitag ihre Evaluierung bisheriger Corona-Maßnahmen vorgelegt. Darin kommen sie zu dem Schluss, dass die Wirkungen und Nebenwirkungen einzelner Schutzmaßnahmen in der Corona-Krise kaum einzeln beurteilt werden könnten. Es seien Maßnahmenbündel gleichzeitig ergriffen worden, die man nicht auseinanderrechnen könne, sagte der Bonner Virologe Hendrik Streeck bei der Vorstellung.

Dennoch gingen die Experten auf einzelne Maßnahmen ein. So hätten Lockdowns, Maskenpflicht oder 2G-Regeln eine Wirkung, diese sei aber begrenzt, heißt es in dem Bericht. „Wir haben eine schlechte Datenlage“, kritisierte Streeck. Zur Maskenpflicht schreiben die Experten: „Da die Übertragung des Coronavirus im Innenbereich ungleich stärker als im Außenbereich ist, sollte eine Maskenpflicht zukünftig auf Innenräume und Orte mit einem höheren Infektionsrisiko beschränkt bleiben“. Eine generelle Empfehlung zum Tragen von FFP2-Masken sei aber „aus den bisherigen Daten nicht ableitbar“.

Besser oft testen

Den lange etablierten 2G/3G-Maßnahmen sprechen die Experten bei den derzeitigen Varianten „in den ersten Wochen nach der Boosterimpfung oder der Genesung“ eine hohe Wirkung zu. Allerdings verpuffe bei der Omikron-Variante der Effekt einer Impfung mit den bisherigen Vakzinen, betonte Streeck. Deshalb sei es ratsam, etwa beim Besuch von Veranstaltungen zusätzlich einen Test zu machen.

Streeck sieht auch in Lockdowns ein wirksames Mittel – jedenfalls dann, wenn „erst wenige Menschen infiziert sind“. Je länger ein Lockdown dauere und je weniger Menschen bereit seien, die Maßnahme mitzutragen, „desto geringer ist der Effekt und umso schwerer wiegen die nicht-intendierten Folgen“, so Streeck. Zu Schulschließungen heißt es in dem Papier, deren genaue Wirksamkeit sei „trotz biologischer Plausibilität und zahlreicher Studien weiterhin offen“.

Deutliche Kritik gibt es in der Kommission an der Gesetzgebung des Bundes. Die entsprechenden Regelungen im Infektionsschutzgesetz sollten so gefasst werden, dass sie für alle Erreger gelten, sagte die Juristin Andrea Kießling. „Wir empfehlen auch, dass man den Rechtsrahmen nicht so häufig ändert, wie das in den letzten beiden Jahren passiert ist.“

„Ausgangssperren nicht mehr verhältnismäßig“

Der deutsche Justizminister Marco Buschmann grenzte erste Maßnahmen ein. Es lasse sich „sicher sagen, dass Eingriffe wie Lockdowns, Schulschließungen und Ausgangssperren nicht mehr verhältnismäßig sind“, sagte Buschmann. „Mit diesen Instrumenten wollen wir nicht mehr arbeiten.“ Dagegen würden Masken in Innenräumen sicher „eine Rolle im Schutzkonzept für den Herbst spielen“, sagte Buschmann weiter. Das aktuelle Infektionsschutzgesetz wird am 23. September auslaufen, bis dahin braucht es eine Anschlussregelung.

Das Kabinett billigte am Freitag bereits einen Entwurf des Gesundheitsministeriums, womit unter anderem die Grundlage für weitere Impfungen, genauere Daten und verstärkten Schutz von Risikogruppen in Pflegeeinrichtungen geschaffen werden soll.