Hongkong25 Jahre nach der Übergabe verschwimmt die Grenze zu China 

Hongkong / 25 Jahre nach der Übergabe verschwimmt die Grenze zu China 
„Aus dem Feuer neu geboren“: Chinas Präsident Xi Jinping in Hongkong Foto: AFP/Selim Chtayti

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Ganz im Norden Hongkongs trennt ein schmaler Fluss die Finanzmetropole von Festlandchina. Von den Hügeln des Hongkonger Stadtteils Lok Ma Chau scheint die Grenze klar: Auf chinesischer Seite die Wolkenkratzer der Millionenstadt Shenzhen, auf der Hongkonger Seite Äcker und Fischteiche.

Am 1. Juli 1997 gab Großbritannien seine langjährige Kronkolonie Hongkong an China zurück. „Ein Land, zwei Systeme“, lautete der Grundsatz, der Hongkong für 50 Jahre weiterhin Autonomie garantieren sollte.

25 Jahre nach der Übergabe verschwimmt nicht nur die politische Trennlinie zwischen den Systemen, auch der tatsächliche Grenzverlauf verschiebt sich. „Die Grenze ist immer unschärfer geworden“, sagt Jasper Law, ein prodemokratischer Hongkonger Politiker, während er auf den Hügeln von Lok Ma Chau steht und nach China blickt.

Die wachsende Vereinnahmung durch China beunruhigt viele Hongkonger. Und sie war ein Auslöser für die Demokratieproteste vor drei Jahren. Das harte Durchgreifen Pekings hat die Integration Hongkongs in die Volksrepublik in der Folge nur noch beschleunigt.

Zwischen 1997 und 2021 wanderten mehr als 1,1 Millionen Menschen aus China nach Hongkong ein – fast ein Siebtel der derzeitigen Bevölkerung der Metropole. In den Schulen wird zunehmend Mandarin gelehrt, was Befürchtungen weckt, die kantonesische Kultur der Stadt könnte verdrängt werden.

Neue Stadt, alte Sorgen

Auch der Grenzverlauf wurde verändert, vor allem in den 2010er Jahren, als Hongkong an das Netz der chinesischen Hochgeschwindigkeitsbahn angeschlossen wurde. Ein Teil der Endstation in Hongkong zählt jetzt zur Volksrepublik, was bedeutet, dass dort chinesisches Recht gilt.

Nach den Protesten von 2019 verhängte Peking das sogenannte Gesetz zur nationalen Sicherheit, das abweichende Meinungen unterdrückt und die Bürgerfreiheiten der Hongkonger weitgehend beschneidet. Gemäß dem Gesetz können Sicherheitsbeamte vom Festland frei in Hongkong aktiv werden und sind gegen die Gesetze der Stadt immun.

Die Corona-Pandemie tat ihr Übriges. Wegen Pekings strenger Null-Covid-Strategie blieb die Grenze weitgehend geschlossen. Für Mediziner vom Festland galten jedoch Ausnahmeregeln, um in Hongkongs Krankenhäusern zu arbeiten. Außerdem wurden Bautrupps über die Grenze geschickt, um medizinische Notfallzentren zu errichten, wofür eigens eine neue Brücke nach Shenzhen gebaut wurde.

Nun will die Hongkonger Regierung das Grenzgebiet in einem Zwei-Dekaden-Plan umgestalten. Hundert Milliarden Hongkong-Dollar (zwölf Milliarden Euro) sind dafür vorgesehen. Ziel ist es, die wirtschaftliche Entwicklung der nördlichen Stadtteile durch eine enge Anbindung an Shenzhen zu fördern. Im Rahmen des Projekts „Nördliche Metropole“ soll eine neue Megastadt bei Shenzhen entstehen – ein weiterer Knotenpunkt eines chinesischen Silicon Valleys, das Peking in Südchina plant. 

In der neuen Stadt sollen 650.000 Arbeitsplätze entstehen und dringend benötigte Wohnungen. An kaum einem anderen Ort der Welt sind Immobilien so teuer wie in Hongkong. Stadtplaner Kenneth To überzeugen die Neubaupläne der Regierung nicht. Ihn stört vor allem, dass nur ein kleiner Kreis die Entscheidungen über die Zukunft Hongkongs trifft. „Das Machtungleichgewicht ist besorgniserregend“, sagt er.

Chinas Staatschef Xi Jinping zeigte sich am Donnerstag bei seinem Besuch in Hongkong zufrieden mit der Entwicklung in den vergangenen 25 Jahren. Hongkong sei „aus dem Feuer neu geboren“ worden, das Prinzip „ein Land, zwei Systeme“ sei „sehr lebendig“, sagte er. (AFP)

Glariana
3. Juli 2022 - 10.36

@Romain C. "Gibt es hierfür keine Sanktionen aus dem Westen?" Weshalb? Weil die Chinesen einige Vertragsklauseln nicht einhalten, die sie mit den Briten haben, die all Verträge brechen?

Romain C.
2. Juli 2022 - 12.21

Gibt es hierfür keine Sanktionen aus dem Westen?