G7-TreffenDie geschlossenen Sieben: Die Beschlüsse erhöhen den Druck auf Russland

G7-Treffen / Die geschlossenen Sieben: Die Beschlüsse erhöhen den Druck auf Russland
Am Tisch der Großen: Die G7 versuchen sich neu zu erfinden Foto: AFP/Kenny Holston

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Mit einer gemeinsamen Erklärung der Staats- und Regierungschefs ist der G7-Gipfel auf Schloss Elmau zu Ende gegangen. Die Beschlüsse erhöhen den Druck auf Russland.

Der wichtigste Gast reist etwas früher ab. Das Wetter ist schlecht, das Weiße Haus befürchtet Turbulenzen. Also verabschiedet der deutsche Kanzler Olaf Scholz als Gastgeber den amerikanischen Präsidenten Joe Biden und macht sich wenig später auf eine längere Wegstrecke vom Schloss zur Pressekonferenz auf der grünen Wiese auf. Vor den Fahnen der G7-Staaten verkündet Scholz dann seine Bilanz des Gipfels auf Schloss Elmau.

Macron: „Russland darf nicht gewinnen“

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat einen Sieg Russlands in dessen Angriffskrieg gegen die Ukraine ausgeschlossen. „Russland kann und darf nicht gewinnen“, sagte Macron am Dienstag nach dem dreitägigen G7-Gipfel auf Schloss Elmau in Bayern. „Unsere Unterstützung für die Ukraine und unsere Sanktionen gegen Russland bleiben daher so lange wie nötig und so stark wie nötig bestehen.“ So solle entweder ein vollständiger Sieg der Ukraine erreicht werden oder die Möglichkeit, zu von den Ukrainern bestimmten Bedingungen zu verhandeln. „Es gibt keine anderen Optionen, die die G7 oder Frankreich unterstützen.“
Der französische Staatschef sagte zudem, Russlands Präsident Wladimir Putin habe seine zunächst unklare Verhaltensweise abgelegt. Zunächst habe es das Gefühl gegeben, er wolle verhandeln. „Jetzt ist es klar. Der Angriff von Russland auf ukrainischem Boden hat ein Ziel: die Kapitulation der Ukraine.“ (dpa)

Scholz spricht von einem wichtigen G7-Gipfel in einer ganz besonderen Zeit. Das Treffen habe auf beeindruckende Weise die Geschlossenheit und Entschlossenheit gezeigt, der russischen Aggression entgegenzutreten. 125 Tage lang führe Russland nun schon Krieg gegen die Ukraine, sagt der Bundeskanzler. Als Gruppe der wirtschaftlich starken Demokratien verurteile die G7 diesen erbarmungslosen Krieg. Der Gipfel habe die Stärke demokratischer Staaten bewiesen. „Elmau war sehr gut für G7 und die Staaten, die hier miteinander kooperieren.“ Die Zeit sei gut genutzt worden. Es sei auch wichtig gewesen, dass die führenden demokratischen Wirtschaftsmächte nicht unter sich blieben, sondern Länder wie Indien, Indonesien, Argentinien, Senegal und Südafrika an den Tisch holten. Gemeinsam seien neue Konsense formuliert worden – „auf Augenhöhe, denn das ist ja ganz, ganz wichtig“, betont Scholz. Hier die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:

Unterstützung für die Ukraine

Die G7-Staaten sagten der Ukraine im Krieg gegen Russland „finanzielle, humanitäre, militärische und diplomatische“ Unterstützung zu, „solange es nötig ist“. Den Staatshaushalt der Ukraine wollen die G7 allein in diesem Jahr mit 27,9 Milliarden Euro unterstützen.

Auch den Wiederaufbau nach Kriegsende nahmen sie schon in den Blick. Der deutsche G7-Vorsitz will dazu eine internationale Konferenz einberufen und sich mit der EU-Kommission abstimmen. Scholz sprach von einer „gigantischen Aufgabe“ und verglich dies mit dem Marshallplan nach dem Zweiten Weltkrieg.

Die Sanktionen gegen Russland sollen intensiviert und russische Einnahmequellen verringert werden. Dem von vier der G7-Staaten verkündeten Einfuhrstopp für russisches Gold schloss sich die Gruppe als Ganzes noch nicht an; über das Thema soll erst noch in der EU beraten werden. In Betracht ziehen die G7 außerdem den US-Vorschlag, den Preis für russisches Öl zu begrenzen, um Moskau die Finanzierung des Krieges in der Ukraine zu erschweren. Dies könnte über das Verbot von Dienstleistungen beim Öl-Transport oder der Versicherung solcher Lieferungen erfolgen, wenn Öl zu höheren Preisen als festgelegt verkauft wird. Hier gibt es aber durchaus Skepsis zur Umsetzbarkeit.

Energiesicherheit

Eines der wesentlichen Themen beim Gipfel ist die Sicherung der Energieversorgung unabhängig von Russland. Bis 2035 wollen die G7-Staaten bei der Stromerzeugung weitgehend oder vollständig aus fossilen Energieträgern aussteigen. Dazu sollen erneuerbare Energien massiv ausgebaut werden. Diejenigen Staaten, die auf Atomkraft setzen, unterstreichen deren Bedeutung für ihren Energie-Mix. Das Ziel, aus der internationalen Finanzierung fossiler Energieträger möglichst rasch auszusteigen, wird angesichts des Ukraine-Krieges in der Abschlusserklärung allerdings relativiert. Es sei nötig, vorübergehend neue Gas-Projekte zu fördern, um von russischem Gas unabhängig zu werden. Dies müsse aber im Einklang mit den Zielen des Pariser Klimaabkommens stehen.

Klimaschutz

Klimaschutzorganisationen sehen in den Formulierungen zu neuen Gas-Projekten eine Rolle rückwärts und warnen vor einem Rückgriff auf fossile Energieträger über einen längeren Zeitraum. Laut G7-Abschlusserklärung reichen die bisherigen Maßnahmen zur Treibhausgasreduzierung nicht aus, um die Erderwärmung auf möglichst 1,5 Grad zu begrenzen, wie es das Pariser Klimaabkommen vorsieht. Bis 2030 müssten die globalen Treibhausgase um 43 Prozent im Vergleich zu 2019 zu sinken, um Klimaneutralität bis Mitte des Jahrhunderts zu erreichen. Angestrebt wird bis Ende 2022 die Gründung eines Klimaclubs von Ländern, die den Kampf gegen die Erderwärmung vorantreiben sollen. Er soll dafür sorgen, dass keine wirtschaftlichen Nachteile durch Klimaschutz entstehen und CO2-Emissionen nicht in andere Länder mit weniger strengen Regeln verlagert werden. Der Club ist Scholz’ Idee gewesen, die Formulierung gilt als Erfolg für ihn. Was daraus folgt, bleib noch offen.

Milliarden gegen den Hunger

Die Staats- und Regierungschefs stellen für den Kampf gegen den globalen Hunger zusätzlich rund 4,3 Milliarden Euro bereit. Damit kommen die G7 in diesem Jahr nach eigenen Angaben insgesamt auf mehr als 13 Milliarden Euro. Laut UN sind umgerechnet 44 Milliarden Euro nötig, um die aktuelle Nahrungsmittelkrise wirksam einzudämmen. Zudem wollen die G7-Staaten mit einem 600 Milliarden Dollar umfassenden Investitionsprogramm dem wachsenden Einfluss Chinas in Entwicklungsländern entgegentreten.

Putin beim G20-Gipfel?

Russlands Präsident Wladimir Putin wird nach Angaben des italienischen Regierungschefs Mario Draghi nicht persönlich zum G20-Gipfel im Herbst nach Indonesien reisen. Das habe der indonesische Präsident Joko Widodo als Gastgeber des G20-Treffens klar gesagt, berichtete Draghi am Dienstag nach dem G7-Gipfel in Bayern, an dem Widodo zeitweise als Gast teilnahm. „Widodo schließt dies aus und war da kategorisch. Er (Putin) wird nicht kommen.“
Unklar sei, ob sich der Kremlchef per Videoschalte an dem G20-Gipfel beteiligen wolle. „Wir werden sehen, was passieren wird“, sagte Draghi. Putins außenpolitischer Berater Juri Uschakow sagte darauf der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge: „Nun, das bestimmt nicht Draghi. Die Einladung ist eingetroffen und wir haben positiv reagiert.“
Russlands Außenminister Sergej Lawrow kommentierte derweil die Möglichkeit, dass Putin beim G20-Gipfel auf den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj treffen könnte, gegen dessen Land er seit mehr als vier Monaten Krieg führen lässt: „Es wird uns wenig interessieren, ob er (Selenskyj) dort irgendwo am Rande des Gipfels auf Bali herumläuft oder nicht“, sagte Lawrow. Selenskyj wurde von der indonesischen Regierung ebenfalls eingeladen, obwohl die Ukraine kein Mitglied ist. (dpa)

Beobachter
29. Juni 2022 - 13.19

Der kalte Krieg 2.0 wird bald sehr heiß werden durch NATO Erweiterung und Truppen Verstärkung.Oder reden die nur und wissen nicht was sie tun?

w.d.
29. Juni 2022 - 11.27

Es ist immer wieder erstaunlich, wie unterschiedlich doch die Wahrnehmung zu diesem Thema bei den Journalisten ist. Die einen verkaufen den G7 als den größten Erfolg auf Erden, bei anderen klingen kritische Worte durch. (Warum lässt man eigentlich nicht mal einen Kommentar der Nachrichtenagentur TASS zu??? Gleiches Recht für alle, oder? ) Ich lasse das mal so stehen. Schaut man sich die dazu mitgelieferten Bilder an, wird ein zeitungslesender Präsident gezeigt, glücklich lachende und hemdsärmliche scherzende Staatschefs...schöne Bilder eben. Was sollen diese Fotos eigentlich vermitteln? Wir packen das, alles kein Problem, gut das wir mal darüber reden? Geld? Rohstoffe, Krisen um Lebendmittel, Sanktionen? Pappalapapp; wir sind die glorreichen Sieben, allerdings mit vertauschter bzw gedrehter Handlung! Unglaubhaft für "den 3/4 Rest der Welt"