Ukraine-KriegDiskussionen vor NATO-Gipfel, Ukrainer stemmen sich gegen russischen Vormarsch im Donbass

Ukraine-Krieg / Diskussionen vor NATO-Gipfel, Ukrainer stemmen sich gegen russischen Vormarsch im Donbass
Vollkommen ausgebrannt: das beschossene Einkaufszentrum in Krementschuk Foto: dpa/Efrem Lukatsky

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Am Tag vor dem NATO-Gipfel in Madrid gehen die russischen Angriffe auf die Ukraine mit unverminderter Härte weiter. Deutschland und die Niederlande kündigen eine weitere Waffenlieferung an.

Es ist ein historischer Kraftakt für die Verteidigung der Ukraine: Nach der EU und der G7 will auch die NATO auf einem Gipfel am Mittwoch und Donnerstag mit aller militärischer und finanzieller Kraft auf den Angriffskrieg Russlands antworten. Beim dritten Gipfeltreffen binnen einer Woche plant die westliche Allianz an ihrer Ostgrenze Abschreckung durch Aufrüstung angesichts der Aggression des russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Die anstehenden Beratungen der 30 Alliierten in Madrid stehen auch unter dem Eindruck des russischen Raketenangriffs am Montag auf ein Einkaufszentrum in der ukrainischen Stadt Krementschuk. Nach Angaben der örtlichen Behörden starben mindestens 18 Menschen, 36 Menschen werden noch vermisst. Die G7 verurteilte den Angriff.

Das russische Militär bestätigte in Moskau den Angriff, bestritt aber, dass das Einkaufszentrum in Betrieb gewesen sei. Es habe einen Luftangriff auf Hallen in der Nähe gegeben, wo aus den USA und Europa gelieferte Waffen gelagert gewesen seien. Die Detonation habe dann den Brand „in einem nicht mehr betriebenen Einkaufszentrum“ ausgelöst.

Beim zweitägigen NATO-Gipfel in Madrid wird es insbesondere um zwei Punkte gehen. Neben dem Streit um die Nord-Erweiterung wird an einer drastischen Vergrößerung der schnellen Eingreiftruppe gearbeitet.

Bis kurz vor Gipfelbeginn war ungeklärt, wie der Streit mit der Türkei um die Aufnahme Finnlands und Schwedens beigelegt werden kann. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg traf sich in Madrid vor dem Gipfel mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, Finnlands Präsidenten Sauli Niinistö und der schwedischen Ministerpräsidentin Magdalena Andersson.

Die Beratungen wurden am Abend nach drei Stunden für eine Pause unterbrochen. Laut finnischen Medien wird an einem Dokument gearbeitet, das auf türkische Bedenken hinsichtlich Terrorismus und der Frage nach Waffenexporten eingeht. Die Türkei blockiert die Aufnahme Finnlands und Schwedens, die einstimmig beschlossen werden muss. Sie argumentiert, dass beide Länder „Terrororganisationen“ wie die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK und die syrische Kurdenmiliz YPG unterstützten – was beide Länder zurückweisen.

Die NATO will darüber hinaus und angesichts der russischen Aggression die Zahl ihrer schnellen Eingreifkräfte von rund 40.000 auf mehr als 300.000 erhöhen. Die Alliierten wollen über diesen Umbau der bisherigen NATO-Eingreiftruppe NRF beraten. Sie ist seit Monaten in Alarmbereitschaft. Die Transformation ist Teil eines neuen Streitkräfte-Modells für das gesamte Bündnisgebiet.

Russland rückt im Donbass weiter vor 

Die Kämpfe im Osten der Ukraine gingen auch im fünften Kriegsmonat unvermindert weiter. Dort kämpfen ukrainische und russische Truppen weiter erbittert um die Kontrolle der Trasse von Lyssytschansk nach Bachmut. Dem ukrainischen Generalstab zufolge wurde am Dienstag ein russischer Vorstoß auf die Ortschaft Spirne in Richtung der Stadt Siwersk abgewehrt. Die umkämpfte Straße ist eine der wenigen verbliebenen Nachschubrouten für Lyssytschansk. Die ehemalige Großstadt ist die letzte von ukrainischen Truppen gehaltene größere Ortschaft im Gebiet Luhansk.

Lyssytschansk werde dabei weiter ständig mit Mörsern und anderer Artillerie beschossen, teilte der Generalstab mit. Russische Truppen stehen bereits am Südrand der Stadt. Vertreter der prorussischen Separatisten berichteten zudem von Kämpfen bereits im Stadtgebiet. Die Verbindungen in die benachbarte Region Donezk stehen seit Tagen unter ständigem russischen Beschuss.

Auch in den Gebieten Donezk und Charkiw werden demnach Positionen der ukrainischen Armee mit Artillerie angegriffen. Geländegewinne soll die russische Seite jedoch nicht gemacht haben. Aus der Stadt Dnipro meldete die Ukraine einen neuen russischen Raketenangriff. Rettungskräfte suchten demnach unter Trümmern nach Überlebenden, sagte der Gouverneur der Region Dnipropetrowsk, Walentyn Retsnytschenko. Es seien Teile der Bahn-Infrastruktur und ein Industriegebäude beschädigt worden. Zudem brenne ein Dienstleistungsunternehmen. Eine russische Stellungnahme lag nicht vor.

Deutschland und die Niederlande gaben vor dem NATO-Gipfel bekannt, insgesamt sechs weitere Panzerhaubitzen 2000 an die Ukraine liefern zu wollen. (AFP, dpa, Reuters)