Esch-Schifflingen„Metzeschmelz“ wird das neue Stadtviertel für 10.000 Einwohner heißen

Esch-Schifflingen / „Metzeschmelz“ wird das neue Stadtviertel für 10.000 Einwohner heißen
So soll das Metzeschmelz-Viertel einmal aussehen Cobe/Ville d’Esch

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Das neue Stadtviertel auf dem Standort des früheren Esch-Schifflinger Stahlwerks wird „Metzeschmelz“ heißen. Am Montagabend (27.6.) wurde der Gewinner des Ideenwettbewerbs zur Namensfindung im früheren Zentralatelier der Hütte gekürt.  

2028 sollen die ersten Menschen in das neue Stadtviertel „Metzeschmelz“ einziehen. Zwar ist der Standort mit einer Gesamtfläche von 63 Hektar in etwa nur halb so groß als Belval, dennoch entsteht auf dem Gelände des früheren Stahlwerks Esch-Schifflingen in den nächsten 20 bis 25 Jahren ein neues Viertel für bis zu 10.000 Einwohner. Entworfen wird es wie schon Belval durch die Entwicklungsgesellschaft Agora, die zu 50 Prozent dem Luxemburger Staat und zu 50 Prozent ArcelorMittal gehört. Den Architekturwettbewerb hatte die dänische Firma Cobe gewonnen. 2028 soll zudem die schnelle Tramverbindung zwischen der Hauptstadt und Esch hier ankommen. Die Straßenbahn wird in einer zweiten Bauphase zu einer innerstädtischen Tram, die via Boulevard Grande-Duchesse Charlotte den Beneluxplatz erreicht und dann über die Beleser Straße in Richtung Raemerich, Belval bis zur Endstation in Beles fährt. Auch erhält das Viertel einen CFL-Bahnhof.

Die Bürgermeister Georges Mischo und Paul Weimerskirch mit der Gewinnerin Liliane Bimmermann (v.l.n.r.)
Die Bürgermeister Georges Mischo und Paul Weimerskirch mit der Gewinnerin Liliane Bimmermann (v.l.n.r.) Foto: Editpress/Tania Feller

„Es ist unser Anspruch, dass es ein Viertel wird, das konzeptuell die Stadt beziehungsweise das Stadtviertel von morgen darstellt“, hatte Landesplanungsminister Claude Turmes („déi gréng“) im Tageblatt-Interview vor einem Jahr das Projekt umschrieben. Er meinte damit ein autofreies Viertel, das nachhaltig gebaut und nachhaltig organisiert sein wird – Stichwort Klimaneutralität, Klimaadaption und Kreiswirtschaft. Ein Zukunftsmodell für Luxemburg, wenn man so will. 30 Prozent der bewohnbaren Fläche sollen für erschwinglichen Wohnraum genutzt werden und eine Reihe von Installationen als Industriedenkmäler erhalten bleiben.

Namensfindung

Nun brauchte das Viertel einen offiziellen Namen, nachdem zuerst vom Quartier Alzette oder Uelzecht die Rede war. Daher wurde ein Ideenwettbewerb ausgeschrieben, mit dem Resultat, dass das Gebiet in Zukunft nach dem „ursprünglichen Namen“ des Stahlwerks benannt wird. Mit der Metzeschmelz (spätere Arbed Esch-Schifflingen, im Volksmund auch Schifflinger Werk genannt) und der Brasseurschmelz (spätere Arbed Terre Rouge) begann vor 150 Jahren die Verlagerung des wirtschaftlichen Schwerpunkts des Landes in den Süden. Und demnach der demografische Aufschwung der Stadt Esch und des Erzbeckens.

Die Schifflinger Hütte wurde 1871 in Betrieb genommen. Sie wurde zur Hälfte von Metz & Cie, Forges d’Eich und von der Société anonyme des mines du Luxembourg et des forges de Sarrebruck, deren Hütte sich in Burbach im Saarland befand, betrieben. Die Hüttenherren waren Victor Tesch (1812-1892) für Burbach und Norbert Metz (1811-1985) für die Forges d’Eich. Die beiden waren familiär miteinander verbunden. Das Werk hatte wegen der Besitzverhältnisse keinen eigenen Firmennamen. Die Anlage sollte aus vier, in Zwillingsgruppen aufgeteilten Hochöfen bestehen. So wurden die wichtigsten Produktionsanlagen verdoppelt, was im Falle von Meinungsverschiedenheiten eine einfache Aufteilung ermöglicht hätte. 145 Jahre nach der Eröffnung der Metzeschmelz legte ArcelorMittal im Februar 2016 das Stahlwerk Esch-Schifflingen definitiv still. 

Seitdem wird am neuen Stadtviertel der Zukunft geplant. Damit es einen Namen bekommt, wurden die Bürger aufgerufen, im Rahmen eines Wettbewerbs Vorschläge einzureichen. Rund 500 Einsendungen gab es insgesamt, davon übrig blieben 365 (267 aus Esch, 98 aus Schifflingen). Die Dopplungen mussten herausgefiltert werden, und auch die „Frechheiten“, wie es Eschs Bürgermeister Georges Mischo (CSV) ausdrückte. Und von denen gab es einige, selbst wenn Mischo über die allermeisten den Mantel des Schweigens legt. „Quartier Blöd“ war so eine gewesen, noch relativ harmlos.

Die Pioniere der Stahlproduktion kamen ebenfalls zu Ehren: Quartier Sidney Thomas oder aber Quartier Henry Bessemer. Thomas erfand das Verfahren zur Erzeugung von Eisen und Stahl aus phosphorreichem Eisenerz. Bessemer ist durch die Erfindung der Bessemerbirne quasi der Vater der Massenproduktion von Stahl. Die Geschichte der Stahlhütte kam in vielen Namensvorschlägen vor. „Op der …“ oder „An der Metzeschmelz“ wurde mehrfach eingesandt, „Quartier Drotstrooss“ oder „Quartier Feierstëppler“ waren weitere Ideen aus der Bevölkerung. Letztere Bezeichnung landete beim Wettbewerb auf dem zweiten Platz, sodass sich Paul Büchler aus Schifflingen über einen Gutschein für eine Übernachtung für zwei Personen in den „Escher Bamheiser“ freuen kann.

Platz drei (150-Euro-Einkaufbon) ging an Kevin Gilbert Fausto Pütz aus Esch für den Vorschlag „Quartier Stolwierk“. Zu kompliziert durfte der Name nicht werden, um Besucher von außerhalb nicht mit einem Zungenbrecher zu überfordern. Und er sollte sich auf beide Gemeinden, nicht bloß auf eine, beziehen. Selbst wenn sich das Areal zu 91 Prozent auf Escher Territorium befindet. Also fiel die Wahl auf Metzeschmelz. Der Name wurde gleich 16 Mal eingereicht, sodass zum Schluss das Los über den Hauptgewinn, einen E-Roller, entscheiden musste. Glückliche Gewinnerin war dabei Liliane Bimmermann aus Schifflingen. Die Jury bestand aus den Bürgermeistern Paul Weimerskirch und Georges Mischo, zwei Vertretern der Opposition (Carlo Feiereisen für Schifflingen, Laurent Biltgen für Esch) und einem Repräsentanten der Agora. 

Nach der Namensfindung ist die nächste Etappe die Unterzeichnung des Kaufvertrags zwischen ArcelorMittal und Agora im September, wie Agora-Präsidentin Marie-Josée Vidal unterstrich. Man wolle den partizipativen Charakter des Projektes beibehalten, so Vidal abschließend.