RadsportAlex Kirsch: „Es ist alles auf die Tour ausgerichtet“ 

Radsport / Alex Kirsch: „Es ist alles auf die Tour ausgerichtet“ 
Alex Kirsch sagt, dass sein Team die beste Klassikersaison bestritten habe, seit Fabian Cancellara im Team war Archivbild: Anouk Flesch/Tageblatt

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Alex Kirsch startet am Mittwoch bei der fünftägigen Belgien-Rundfahrt (2.Pro). Für den 30-Jährigen ist das Rennen die Generalprobe vor der Nominierung des Tour-de-France-Kaders. Der Luxemburger hat sich in dieser Saison erneut empfohlen und sich in den letzten Wochen gezielt auf die „Grande Boucle“ vorbereitet – nun möchte er seinen Premierenstart in Frankreich feiern. Das Tageblatt hat sich mit Kirsch über die letzten, aber auch die kommenden Tage unterhalten.

Tageblatt: Alex Kirsch, seit etwa neun Monaten wohnen Sie nun in Andorra. Was hat der Umzug in Ihrem Leben verändert?

Alex Kirsch: Wir genießen es unheimlich. Ich kann mir gar nicht mehr vorstellen, auf das Wetter achten zu müssten. Die Sonnentage tun gut. Ich bin der Meinung, dass die Sonne zu einer besseren Lebenseinstellung beiträgt. Ich merke das bei den Einwohnern. Sie sind besser gelaunt und positiver eingestellt. Es gibt weniger Stress. Einige Studien belegen ja, dass vermehrter Sonnenschein guttut. Wir vermissen zwar unsere Familie und Freunde, sind ansonsten aber sehr glücklich mit unserer Entscheidung. 

Ende Mai waren Sie in frischeren Gebieten unterwegs. Bei der Tour of Norway fuhr Kapitän Mads Pedersen bei der letzten Etappe auf das Podest. Wie haben Sie die Rundfahrt erlebt?

Die Norwegen-Rundfahrt war sehr hart. Das hat sich in den letzten Jahren schon gezeigt: Das Niveau ist sehr hoch und das Rennen gut für einen Einstieg nach einer längeren Pause. Nach der Norwegen-Rundfahrt habe ich noch mal sehr hart trainiert, um den Formaufbau zu beenden. Die harte Arbeit ist nun erledigt. Alles verlief nach Plan. 

Auf welches Rennen hat Ihr Formaufbau gezielt?

Es ist alles auf die Tour de France ausgerichtet. Gespräche mit dem Team gab es schon, ich stehe bekanntlich auf der Longlist. Wie jedes Jahr wird die Selektion kurz vor der Tour bekannt gegeben – abgesehen von einigen Leadern. Nichtsdestotrotz gingen die Gespräche in die Richtung, dass ich meinen Platz verdient habe, wenn ich nicht viel schlechter fahren würde, als ich es dieses Jahr getan habe. 

In den letzten beiden Jahren haben sich die Sportlichen Leiter von Trek-Segafredo im Hinblick auf die Tour de France gegen Sie entschieden. Welche Schlüsse haben Sie daraus gezogen?

Vor zwei Jahren war ich nicht sehr enttäuscht, weil es eine taktische Entscheidung war, einen Bergfahrer zu nehmen statt mich. Das konnte ich nachvollziehen. Letztes Jahr war es ganz klar eine Enttäuschung. Genauso eine Enttäuschung wäre es aber für den anderen Fahrer gewesen, wenn er nicht dabei gewesen wäre. Es gibt eben zehn bis zwölf Fahrer im erweiterten Kader, acht dürfen mitfahren. Notgedrungen werden immer welche enttäuscht sein. Wir bereiten uns schließlich Wochen auf das Rennen vor und wenn du dann nicht dabei bist, denkst du erst, dass die Arbeit umsonst war. Ich habe diese Enttäuschung vom letzten Jahr aber nicht schlecht in Erinnerung, es hat mich umso mehr motiviert. Ich habe dadurch einen Sprung nach vorne gemacht und blicke nun optimistisch nach vorne. 

Vor einer möglichen Tour de France stehen noch die Landesmeisterschaften (24. Juni Zeitfahren, 26. Juni Straßenrennen) an. Welchen Stellenwert besitzen die Landesmeisterschaften für Sie?

Es ist kein normales Rennen, immerhin geht es um das Landesmeistertrikot. Ich werde hoch motiviert an den Start gehen, sehe das Rennen aber auch als letzte Vorbereitung. Man hätte nicht die optimale Vorbereitung auf die Tour, wenn man bei den Landesmeisterschaften zu frisch ist. Ich habe das Training so gesteuert, dass es für die Tour passt. In Luxemburg geht es noch einmal darum, sich die letzten Prozente zu holen. 

Im UCI-Ranking belegt Ihr Team aktuell den 16. Platz. In der Saison durften erst acht Siege bejubelt werden. Für ein ambitioniertes Team, wie es Trek-Segafredo ist, ist das sicherlich ausbaufähig. Verspüren Sie erhöhten Druck?

Persönlich verspüre ich keinen Druck, weil ich bisher eine gute Saison gezeigt habe. Es fehlen aber Siege, das stimmt. Dennoch war ich oft bei Siegen dabei (Kirsch war bei vier der acht Saisonsiege Teil des Teams, Anm. d. Red), ich habe ein anderes Gefühl, als es die Statistiken hergeben. Ich finde auch, dass wir die beste Klassikersaison, seit Fabian Cancellara im Team war, gefahren sind. In der Breite und in der Konstanz waren wir stark. Wir hatten immer jemand in den Top 10 oder Top 5. Es hat nur irgendwie das nötige Glück gefehlt, um einen Sieg zu holen.