Vor GipfelUkraine stürzt EU in ein Dilemma – Asselborn will Balkan nicht „links liegen lassen“

Vor Gipfel / Ukraine stürzt EU in ein Dilemma – Asselborn will Balkan nicht „links liegen lassen“
Jean Asselborn vor dem Außenministertreffen am Montag auf Kirchberg Foto: Screenshot

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Was wird aus dem Westbalkan? Vor dem EU-Gipfel drängen Österreich und Luxemburg auf eine ausgewogene Erweiterungsstrategie.

Die Ukraine soll rein, der Westbalkan aber auch: Mit dieser Forderung haben mehrere Länder, allen voran Österreich, den Druck vor dem entscheidenden EU-Gipfel zur Erweiterungspolitik am Donnerstag in Brüssel erhöht. „Wir dürfen nicht den Eindruck erwecken, dass es eine Zwei-Klassen-Gesellschaft gibt“, warnte der österreichische Außenminister Alexander Schallenberg bei Beratungen mit seinen EU-Amtskollegen in Luxemburg.

Seine Regierung erwarte „beim EU-Gipfel ein klares Signal Richtung Osten, aber auch Richtung Südosten“. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass die Ukraine und Moldau „auf der Überholspur“ seien. Unterstützung kommt aus Luxemburgs: Außenminister Jean Asselborn betonte, die EU dürfe den Balkan nicht „links liegen lassen“.

Für eine Annäherung an den Westbalkan sprach sich auch die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock aus. Die EU stehe vor einem „historischen Moment“, sagte sie. Die Ukraine oder Moldau nicht einzuladen, wäre „eine fatale Entscheidung“.

Man dürfe aber auch Länder wie Albanien oder Nordmazedonien nicht vergessen, die seit Jahren auf Beitrittsgespräche warten. „Auch auf dem Westbalkan müssen wir endlich nächste Schritte gehen“, schrieb sie auf Twitter, „sonst geht Russland sie nämlich.“ Baerbock fordert aber auch EU-Reformen. Es sei Zeit, die EU weiterzubauen und von der Einstimmigkeit in der Außenpolitik wegzukommen, so die Grünen-Politikerin. 

Unklar ist, wie die verschiedenen Forderungen auf einen Nenner gebracht werden sollen. EU-Ratspräsident Charles Michel versucht zwar, die Debatte zu entzerren: Unmittelbar vor dem EU-Gipfel am Donnerstag hat er einen Westbalkan-Gipfel einberufen.

Niemand wagt eine Vorhersage

Doch was passiert, wenn sich die Staaten dort nicht auf konkrete Schritte einigen können? Wird dann auch der Kandidatenstatus für die Ukraine und Moldau blockiert? In Brüssel wagt niemand eine Vorhersage, selbst die EU-Kommission ist sich des Ausgangs nicht gewiß.

Am Freitag hatte die Brüsseler Behörde empfohlen, der Ukraine und Moldau den begehrten Kandidatenstatus zu verleihen. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen begründete die Entscheidung damit, dass die Ukraine bereits 70 Prozent der EU-Regeln übernommen habe.

„Die Ukrainer sind bereit, für die europäische Perspektive zu sterben“, sagte von der Leyen. „Wir möchten, dass sie gemeinsam mit uns den europäischen Traum leben können.“ Allerdings müsse das Land noch Reformen umsetzen, vor allem in Sachen Kampf gegen die Korruption bleibe viel zu tun.

Aber auch bei den Grundrechten gibt es offenbar einigen Nachholbedarf. So hat die Ukraine am Montag das Verbot der größten Oppositionspartei bestätigt – wegen angeblich zu großer Nähe zu Russland. Außerdem wurde der Zugang zu russischen Büchern und russischer Musik beschränkt.

Normalerweise muss ein EU-Kandidat die Grundfreiheiten und Minderheitenrechte garantieren. Nach den 1993 verabschiedeten „Kopenhagener Kriterien“ gehört dies sogar zu den Voraussetzungen für den Beitrittsprozess. Die wirtschaftlichen Kriterien müssen dagegen erst im Zuge der Verhandlungen umgesetzt werden. Bis zum Start dieser Verhandlungen können noch Jahre vergehen, heißt es in Brüssel.

w.d.
21. Juni 2022 - 12.25

Was mag in den Köpfen nur für Gedanken herum schwirren, wenn solche aberwitzigen Vorschlägen zu EU Gipfeln überhaupt diskutiert werden? Damit wird doch die Unregierbarkeit nur noch weiter verstärkt! Aber dagegen hilft ja "die EU weiterzubauen und von der Einstimmigkeit in der Außenpolitik wegzukommen". Ein wirkliche demokratische Methode, die die EU sonst an anderen Staaten ach so gerne kritisiert. Es ist wirklich wahr, dass man ab einem bestimmten Level den Boden und die Realität unter den Füssen und aus dem Blickfeld verliert.

Loll
21. Juni 2022 - 7.59

Dieses Erweiterungsgetue über Balkanländer macht null Sinn und wird unerträglich. EU steht sowieso vorm Abgrund.