Universität LuxemburgFeste sind zum Feiern da: Die fünf Jahre des Zentrums für digitale Geschichtsforschung

Universität Luxemburg / Feste sind zum Feiern da: Die fünf Jahre des Zentrums für digitale Geschichtsforschung
Vor fünf Jahren ging es in der „Maison des sciences humaines“ los Foto: Editpress/Hervé Montaigu

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Angefangen hat das Abenteuer mit einer Handvoll Historikern – heute arbeiten im Zentrum für digitale Geschichtsforschung mit der unmöglichen Bezeichnung C2DH rund 120 wissenschaftliche Mitarbeiter an 50 Projekten. Eine Erfolgsgeschichte.

Was bedeutet C2DH? Mit dieser Frage läuft ein aufgeregter Reporter vom Escher Marktplatz in die „Uelzechtstrooss“ und von dort aus nach Belval, auf der Suche nach dem Institut mit dem unmöglichen Namen.

Die akademische Sitzung zum fünften Jahrestag der Gründung des historischen Instituts begann bereits ungewohnt: Mit einem humorigen Kurzfilm, in dem ein ausgezeichneter Pit Simon die Gäste zum Lachen brachte, ihnen dennoch klar vor Augen führte, was der Auslöser zur Schaffung des Institutes war.

Die Idee stand schon im Regierungsprogramm von 2013, angeregt von Ben Fayot, dem die Schaffung einer derart strukturierten Forschung über Luxemburgs Geschichte schon lange ein Anliegen war. „Es hat ein paar Jahre Vorarbeit gekostet“, sagt Erna Hennicot-Schoepges in der Reportage. Die frühere Hochschulministerin und Präsidentin der „Amis de l’université“ ist ebenfalls einer der Macher der heutigen Uni.

Den politischen Willen für das interdisziplinäre digitale Zentrum brachte letztendlich der aktuelle Regierungschef Xavier Bettel auf. Er hat nicht nur die Idee aufgegriffen, mit dem Geschichtsforschungszentrum ein drittes Standbein für die Uni zu schaffen, er hat ihm auch mehrere kleine Forschungseinheiten unterstellt, mit dem Risiko, die bis dahin autonom arbeitenden Direktoren zu verärgern.

Heute steht das „Zentrum für digitale Geschichtsforschung“ auf der Weltkarte der Forschung über zeitgenössische Geschichte. Dies dank seines rührigen Direktors Andreas Fickers, der laut eigenen Ansagen bis Juli „keinen Fuß mehr auf den Boden“ kriegt, genauso wie der digitalen Erfassung der Forschungsarbeiten, die mit der modernen Technologie weltweit erkundet und weiterverarbeitet werden können.

Visionen und Tatsachen

„Wir hatten eine Vision“, sagte Prof. Dr. Andreas Fickers, Leiter des C2DH, in seiner in vier Sprachen gehaltenen Festrede. „Aber wir hatten auch viel Unvorhergesehenes, wir hatten Phasen der Freude, genau wie auch Zeiten der Unsicherheit und der Zweifel. Das hat uns stark gemacht“, sagte er über ein Projekt, das er als Expedition und Abenteuer beschrieb. „Jetzt sind wir im Basislager angekommen“, ging es in der Sprache der Alpinisten weiter. Weitere „Expeditionen“ sollen folgen. Eine davon ist die Pandemie, aus der wir uns gegenwärtig mehr oder weniger befreien. Sie habe gezeigt, wie schwierig manche Antworten auf komplexe Fragen sind.

„Geschichte darf sich nicht manipulieren lassen“, kehrte Fickers zur Erstaufgabe seines Institutes zurück und forderte eine radikale Ausrottung aller Vorurteile. Seine Rede endete mit einer klaren politischen Forderung: einer Neuüberdenkung des Archivgesetzes, dessen Rigidität die Arbeit der Geschichtsforscher erschwert. „Was wir im Ausland problemlos bekommen können, ist hierzulande ein echter Hindernislauf.“

Eine Botschaft, die der zuständige Hochschul- und Forschungsminister Claude Meisch sehr wohl verstanden haben dürfte. Seine Rede war natürlich ein Loblied auf das Geburtstagskind. Dabei sprach er sowohl die internationale Anerkennung an als auch die Tatsache, dass das Zentrum die historische Auseinandersetzung nicht auf das Universitätsmilieu beschränkt, sondern sich durchaus hinaustraut in die Öffentlichkeit.

„Es ist die Geschichte unserer Väter, es sind die Erzählungen, die uns begleitet haben”, sagte auch Rektor Stéphane Pallage und ging damit auf eine emotionale Facette der Geschichtsschreibung ein, die hierzulande immer noch sehr stark ist. Die Herausforderung an die jungen Historiker sei es nun, diese Hürde zu überwinden und Platz zu machen für eine kritische Auseinandersetzung mit der jüngsten Vergangenheit. Die besondere Eigenschaft des C2DH sei dabei die digitale Erfassung der Forschung.

Wie komplex dieses Gebiet ist, zeigte sich ganz besonders im Referat der geladenen Wissenschaftlerin Dr. Johanna Drucker, Professorin für bibliographische Studien an der University of California, Los Angeles. Sie hat verdeutlicht, wie Wissenschaftsfelder wie Geschichte, Kunst, Architektur, Politik ineinandergreifen und sich gegenseitig befruchten. Sie erklärte aber auch, wie die digitale Dimension aus der Geschichtsforschung gewissermaßen eine exakte Wissenschaft macht, weil sie die historische Arbeit in eine gewisse Norm zwingt.

„Eine offene wissenschaftliche Plattform für das digitale Zeitalter“, schreibt Andreas Fickers im Begleitheft zum Geburtstag, das einen Überblick über die verschiedenen Forschungsfelder gibt – mit einem QR-Code, über den man noch weiter vordringen kann: digital, wie es sich fürs Zentrum gehört.