LuxemburgGute Autofahrer, böse Radfahrer? Warum Sven Clement mit einer Antwort von Minister Kox unzufrieden war

Luxemburg / Gute Autofahrer, böse Radfahrer? Warum Sven Clement mit einer Antwort von Minister Kox unzufrieden war
 Symbolfoto: Editpress-Archiv/Fabrizio Pizzolante

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Die Luxemburger Polizei hat laut der Antwort auf eine parlamentarische Frage im vergangenen halben Jahr mehrere Verstöße bei Fahrradfahrern festgestellt – Fälle von Autofahrern, die beim Überholen selbiger nicht genügend Abstand gehalten haben, habe sie jedoch keine verzeichnet. Für den Anfragesteller Sven Clement war diese Antwort offenbar nicht ganz zufriedenstellend – dem Tageblatt hat er den Grund dafür erklärt.

In Luxemburg müssen Autofahrer 1,50 Meter Abstand von Fahrradfahrern einhalten, während sie sie überholen. Der Hintergrund ist verständlich: Die Radfahrer sollen geschützt werden, denn kräftetechnisch ist ihnen das Auto eindeutig überlegen. Der Piraten-Abgeordnete Sven Clement wollte kürzlich mittels einer parlamentarischen Anfrage wissen, ob sich die Autofahrer im Großherzogtum auch daran halten. Er fragte nach, wie viele Verstöße gegen das besagte Verbot im vergangenen halben Jahr verzeichnet wurden – und wie viele Protokolle im selben Zeitraum insgesamt gegen Fahrradfahrer ausgestellt wurden.

Henri Kox, Minister für Innere Sicherheit, erklärt in seiner Antwort, dass die Polizei in den vergangenen sechs Monaten keinen einzigen Verstoß gegen die Abstandsregel beim Überholen verzeichnet habe. Bei den Fahrradfahrern sehe es etwas anders aus. Insgesamt 47 gebührenpflichtige Verwarnungen habe die Polizei in dem Zeitraum herausgegeben. 23 Mal seien Radfahrer mit 145 Euro Bußgeld und zwei Punkten wegen dem Missachten einer roten Ampel verwarnt worden, acht Mal wurden Fahrradfahrer mit einem Handy beim Fahren erwischt – die Strafe ist hierbei die gleiche. Zwölf Mal sei die technische Ausrüstung des Gefährts – wie zum Beispiel Licht oder Klingel – nicht ausreichend gewesen. Vier weitere Fahrer seien zudem entweder über ein Stoppschild gefahren, hätten sich nicht den Vorrang von Fußgängern am Zebrastreifen oder ein Fahrverbot gehalten und mussten dafür ebenso 145 Euro berappen und zwei Punkte in Kauf nehmen.

Auf Twitter zeigte sich Clement unzufrieden mit der Antwort des Ministers und beklagte sich über „so viel Ignoranz“. Auf Tageblatt-Nachfrage erklärt er, dass diese Verstöße seiner Auffassung nach durchaus stattfänden – sie würden nur nicht entsprechend kontrolliert und registriert. „Es geht mir nicht darum, Autofahrer und Radfahrer gegeneinander auszuspielen“, stellt Clement klar. Er sei jedoch der Meinung, dass die Abstandsregel in Luxemburg in der Praxis nicht angemessen kontrolliert werde und spricht dabei von „wilful ignorance“ (deutsch: „vorsätzliche Ignoranz“).

„Ich sehe momentan beinahe täglich Videos von Autos, Kleinlastern oder Bussen, die Fahrradfahrer hier doch sehr nahe überholen“, berichtet der Abgeordnete. Dass es keinen einzigen registrierten Verstoß gegeben habe, entspreche also nicht unbedingt der Realität im Verkehr, sagt er. „Mir ist auch bewusst, dass das teilweise auch schwer zu kontrollieren ist.“ Bei anderen Verstößen sei das jedoch ebenso der Fall – beispielsweise stelle man auch Radargeräte zur Geschwindigkeitskontrolle an bekannten kritischen Stellen auf. Das lasse sich auch für die Abstandsregel umsetzen, so Clement. „In Nordrhein-Westfalen in Deutschland wird das zum Beispiel so gemacht, dass die Polizei mit Kreidespray eine abgemessene Abstandslinie auf den Boden zeichnet, da kann man dann feststellen, ob ein Autofahrer beim Überholen die Linie überschritten hat.“ Das sei auch für Luxemburg eine Option, sagt er.

Der Piraten-Politiker erklärt, wenn man als Gesetzgeber ein Gesetz erlasse, müsse man dessen Einhaltung auch überprüfen – und dann seien dabei auch alle gleichberechtigt. Autofahrer sollten sich demnach ebenso wie Fahrradfahrer an die geltenden Regeln auf der Straße halten und dafür ihre Protokolle erhalten.

Auslöser für die parlamentarische Anfrage sei laut Clement übrigens gewesen, dass kürzlich Radfahrer wegen fehlender Reflektoren kontrolliert worden seien. „Dabei geht es ja noch lediglich darum, dass sie sich damit selbst gefährden – aber Autofahrer, die nicht genügend Abstand halten, bringen andere in Gefahr.“ 


Radfahren in Luxemburg – unsere Tageblatt-Serie:

1. Auf dem Weg zum vollwertigen Individualverkehrsmittel: Das will der nationale Mobilitätsplan 2035
2. Acht Thesen, acht Antworten: Beliebte Vorurteile gegenüber dem Rad
3. Bürgermeister Mischo über Escher Radwege: „Habe kein Problem damit, Parkplätze zu opfern“
4. Hauptstädtischer Verkehrsschöffe Patrick Goldschmidt: „Radfahren in der Stadt ist nicht überall so ohne“
5. Der lange Weg zur Mobilität der Zukunft: Blick hinter die Kulissen
6. Wenn eine Luxemburger Stadtplanerin in den Niederlanden lebt: So sieht gute Fahrradinfrastruktur aus
7. Mobilitätsminister François Bausch: „Das alte Lagerdenken muss aufgebrochen werden“
8. Fahrradaktivisten melden sich zu Wort: „Entscheidend sind die Dinge, die man macht“
9. Das Fazit der Fahrradserie: Von Verkehrskrieg und sicheren Wegen

Charly
30. Mai 2022 - 11.45

@JJ Haha ihr Kommentar ist witzig aber sie haben vollkommen recht. Eine Steuervignette würde ich noch hinzufügen. So wie jetzt kann und darf das nicht weitergehen.

JJ
29. Mai 2022 - 8.56

Jaja. Und dann sind da noch die Jungs vom Kurierdienst oder mit ihren Liefertaschen für Pizzas auf dem Rücken. Also mit High Tech den gesunden Menschenverstand ersetzen. Helm,Kameras,Klingel,Führerschein,Rückstrahler,GPS,Radar,Nummernschild,SNCT einmal im Jahr usw. Wir Autofahrer werden diese Radfahrer doch noch in den Griff bekommen.

Jules
28. Mai 2022 - 11.42

Im allgemeinen wird unsere Gesellschaft immer arroganter und respektlos, in allen Bereichen, bei Politikern fängt es an bis zum kleinsten Bürger.

Glariana
27. Mai 2022 - 22.48

@Danielle Tara "An onbedingt och Schellen kontrolleieren" Et ass och keen deen tut, wéi virgesinn, ier een op der Landstrooss iwwerhëlt, do kéint een och masseg Punkten a Goss kasséieren.

Amira
27. Mai 2022 - 22.46

@rczmavicrom "Alle Autos mit Kameras ausstatten die permanent filmen und stichprobenartig ausgewertet werden können!Ach nein das geht nicht wegen ? warum eigentlich?…." Teslas haben 8 Kameras im Einsatz, schließlich gibt's in der Öffentlichkeit keine Privatsphäre.

Rosie
27. Mai 2022 - 22.44

Die Polizei muss spezielle getarnte Radfahrer einsetzen, die die Entfernung mit Radar und Laser misst, dann bekommen wir noch mehr Unbelehrbare von der Strasse. Ein paar Dutzend müssten es schon sein, jeden Tag auf schmalen Strassen im Einsatz.

Grober J-P.
27. Mai 2022 - 9.45

Ja, ja, das mit dem Respekt ist manchmal schwierig. Das letzte Mal wo ich mit dem Drahtesel auf öffentlicher Straße unterwegs war, hat ein gestresstes Auto mein Pedal erwischt, bin etwas unsanft im Graben abgestiegen. Auto, wie sagt man, hit and run. Das war meine letzte Radtour auf öffentlichen Wegen, danach nur noch auf den Pisten. Neulich gleiche Strecke, Velo Club unterwegs mindestens 20 Männlein und Weiblein, fast alle zu dritt nebeneinander. Als ich dann nach gefühlten 10 Minuten es geschafft habe zu überholen, mit wütendem Hupen, wurde mir von der halben Mannschaft der Mittelfinger gezeigt. Das zum Respekt. Nächstes mal werde ich versuchen ein Pedal zu treffen. :-)

Romain C.
27. Mai 2022 - 2.24

Dann sind da noch die Elektroroller mit den kleinen Raeder rücksichtslos auf der Straße unterwegs. Das ist sehr gefährlich für die Fahrer und andere Verkehrsteilnehmer.Ich möchte extra Rollerbahnen für diese Vehikel oder sie sollten nur noch auf privatem Gelände unterwegs sein.

jojoschmi66
26. Mai 2022 - 17.57

Eben heute morgen: Eine Gruppe Radfahrer, etwa 6, in voller Montur auf einer kurvigen Landstraße. Zwei fahren ungeniert auf der Mittellinie. Auch bei herannahendem Verkehr ändern sie ihre Linie nicht. Laut Code de la route mußte ich kurz hupen (drohende Gefahr). Und dan ging das Gebrülle los, Fäuste wurden geschwungen usw....... Wann kommt endlich der Führerschein für Radfahrer? Sowie eine Immatrikulationsnummer.

Jemp
26. Mai 2022 - 15.41

Gesetze, die gar nicht kontrolliert werden können, übrigens auch nicht mit Kreidestrichen, sollten sofort abgeschafft werden, weil sie eben idiotisch sind. Wie soll ich als Autofahrer, (genauso als Polizist) messen können ob der Abstand 149 oder 151cm beträgt? Das ist doch völliger Quatsch! Und übrigens, dann müssten Radfahrer ja auch diesen Abstand von Autos halten, was sie aber nie tun. Radwege sind auch oft nur durch eine weiße Linie von der Straße getrennt. Darf man dann dort nicht mit dem Auto vorbeifahren? Solche Beispiele gibt es hunderte. Schafft dieses idiotische Gesetz ab, und verbietet einfach den Radfahrern zwischen Bussen, Lastern und anderen Riesentraktoren herumzufahren. Das kann man kontrollieren!

Danielle Tara
26. Mai 2022 - 15.23

An onbedingt och Schellen kontrolleieren….vir Foussgänger ze warnen wann se ze schnell vun hannen kommen um Foussgängerwee an Leit erfeieren. Merci.

K1000
26. Mai 2022 - 14.24

Gehen die Piraten jetzt schon Wähler bei die grünen klauen ? P.S. : Ich habe noch nie einen Piraten auf dem Fahrrad gesehen ! Aber bei Asterix gehen sie immer unter !!!!

rczmavicrom
26. Mai 2022 - 14.20

Alle Autos mit Kameras ausstatten die permanent filmen und stichprobenartig ausgewertet werden können!Ach nein das geht nicht wegen ? warum eigentlich?....