Ukraine-KriegAusnahmezustand in Ungarn ausgerufen – Orban blockiert weiter Öl-Embargo gegen Russland

Ukraine-Krieg / Ausnahmezustand in Ungarn ausgerufen – Orban blockiert weiter Öl-Embargo gegen Russland
Ungarns Regierungschef Viktor Orban könnte während des Ausnahmezustands Grundrechte einschränken Foto: Atila Kisbenedek/AFP

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Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban hat wegen des Ukraine-Kriegs den Ausnahmezustand in dem EU-Land ausgerufen.

Wie Orban gestern Abend mitteilte, soll der ab Mitternacht geltende Ausnahmezustand das Land vor den wirtschaftlichen Auswirkungen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine schützen. Orban hatte bereits wegen der Corona-Pandemie den Ausnahmezustand ausgerufen, diese Anordnung läuft aber am kommenden Dienstag aus.

„Die Welt steht am Rande einer Wirtschaftskrise“, erklärte der rechtsnationalistische Regierungschef auf seiner Facebook-Seite. „Ungarn muss sich aus diesem Krieg heraushalten und die finanzielle Sicherheit seiner Familien schützen.“ Dies erfordere „Flexibilität und sofortiges Handeln“. Die Regierung rufe daher auf der Grundlage der Verfassung ab Mitternacht den Ausnahmezustand wegen des Krieges aus.

Das neu vereidigte Parlament hatte unmittelbar zuvor die Verfassung geändert, um einen Ausnahmezustand „aufgrund eines Konflikts“ zu ermöglichen. Orbans rechtskonservative Fidesz-Partei verfügt im Parlament über eine Zweidrittelmehrheit. Die ersten Maßnahmen aufgrund der neuen Rechtsgrundlage sollen laut Orban am Mittwoch bekanntgegeben werden.

Die Menschenrechtsorganisation TASZ warf dem Regierungschef vor, einen „dauerhaften Ausnahmezustand“ anzustreben. Dies ermögliche ihm, „die Grundrechte aller Menschen einzuschränken oder einfach außer Kraft zu setzen“. Dem seit zwölf Jahren regierenden Orban wird seit langem vorgeworfen, die Grundrechte, die Gewaltenteilung und die Pressefreiheit in Ungarn einzuschränken.

Derweil blockiert Orban weiter das geplante EU-Ölembargo gegen Russland. Es sei „sehr unwahrscheinlich, dass vor dem Sondergipfel des Europäischen Rates am 30. und 31. Mai eine umfassende Lösung gefunden werden kann“, schrieb Orban in einem Brief an EU-Ratspräsident Charles Michel. Die französische Regierung hält eine Einigung hingegen noch für möglich.

Die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Sanktionen würden zu „schweren Störungen der Energieversorgung“ in Ungarn führen und zu einem weiteren massiven Anstieg der Energiepreise, warnte Orban in dem auf Montag datierten Schreiben. Der ungarische Regierungschef nannte es zugleich „kontraproduktiv“, das sechste Sanktionspaket gegen Russland auf dem Gipfel der Staats- und Regierungschefs zu diskutieren, solange es keinen Konsens gebe.

Die EU-Kommission hatte Anfang Mai einen schrittweisen Importstopp für russisches Öl vorgeschlagen. Für Rohöl soll er in sechs Monaten greifen, für Ölprodukte in acht Monaten. Für Ungarn war zuletzt eine Übergangsfrist bis Ende 2024 im Gespräch.

In den Verhandlungen mit der Kommission hatte Ungarn laut EU-Beamten zuletzt aber eine Ausnahme von dem Embargo über das Jahr 2024 hinaus gefordert. Zudem verlangt die Regierung beispiellose EU-Hilfen für die Abkehr von russischem Öl. Außenminister Peter Szijjarto bezifferte den Geldbedarf auf „15 bis 18 Milliarden Euro“. Ungarn bezieht nach eigenen Angaben 65 Prozent seines Rohöls über die Druschba-Pipeline aus Russland.