Digitale Fotos sehr analogCarlo Sowa präsentiert zweite Ausstellung: Die Ästhetik des Verfalls

Digitale Fotos sehr analog / Carlo Sowa präsentiert zweite Ausstellung: Die Ästhetik des Verfalls
Carlo Sowa während der Vernissage im „Streik“ am Escher Boulevard Kennedy Foto: Robert Schneider

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Eigentlich wollte er seine Werke nicht zeigen, ließ sich dann von Freunden aber doch überreden und lud vergangene Woche zur Vernissage seiner erst zweiten Ausstellung ins Escher Café Streik, am Sitz des OGBL. Dass er mit seinen bearbeiteten Digitalaufnahmen einen Nerv getroffen hat, verdeutlichten die zahlreichen Verkäufe, die er gleich zur Eröffnung abschließen konnte.

Zwar ist Sowa, wenn er in den alten Werks- und Produktionshallen der Schmelzen rund um Esch unterwegs ist, auch mit einer leistungsfähigen Kamera ausgestattet: Die meisten seiner Werke, die er bis Mitte Juni zeigt, entstanden aber mit seinem Mobiltelefon. Technik möge er nicht besonders, so der Künstler während der Vernissage: Statt sich lange mit den richtigen Einstellungen des Geräts zu beschäftigen, lässt er lieber die Atmosphäre der Orte im Verfall, die beeindruckende Größe etwa eines seit Jahren nicht mehr genutzten und durch die schieren Dimensionen beeindruckenden Stahlwerkes auf sich wirken und fängt die Gefühle, die solche Industrieruinen bei ihm auslösen, schnell, spontan aber mit erstaunlicher kompositorischer Präzision ein. 

Nach elektronischer Weiterverarbeitung der so entstandenen Werke lässt er diese auf Leinwand bannen und bietet sie weit entfernt von öder Massenware, wie sie etwa auf Instagram oder anderen digitalen Verbreitungsmaschinen trivialer Selbstdarstellung üblich ist, nur knapp über dem Selbstkostenpreis sehr analog an (drüber wischen bringt nichts und Hammer und Nagel müssen schon bereitgehalten werden um die Werke zu „teilen“) und verbreitet so – mit großem Erfolg, wie die laufende Ausstellung zeigt – die Einblicke in die Industriegeschichte, die oft auch Teil der Biografie der Betrachter sind, auf eine äußerst demokratische Weise. 

Nicht nur Zeugen der Eisen- und Stahlproduktion, deren Verfall eine ganz eigene Ästhetik entwickelt, auch andere ehemals wichtige Orte des menschlichen Zusammenseins im Süden des Landes, wie etwa die ERA (ehemaliges Freiluftbad am Rande der Escher Hütte) werden zu seinen Motiven. Somit hat seine Arbeit auch einen dokumentarischen Anspruch, der durch die künstlerische Aufarbeitung, gegenüber den mittlerweile von vielen systematisch festgehaltenen Aufnahmen der gleichen Motive, einen offensichtlichen Mehrwert darstellt. 

Zwischen 70 und 150 Euro müssen für einen „echten Sowa“, von denen der bescheiden auftretende Künstler maximal drei Abzüge verkauft, zurzeit investiert werden. Noch …