VolleyballErfolgstrainer Ben Angelsberg blickt auf seine Karriere als Vereinstrainer zurück

Volleyball / Erfolgstrainer Ben Angelsberg blickt auf seine Karriere als Vereinstrainer zurück

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Ben Angelsberg erlernte sein Geschäft als Spieler in Diekirch, wo er viele Jahre in der Stammformation spielte und mit seinem Team 2013 den Meistertitel holte. Das Geschäft als Trainer erlernte er bei den Jugendformationen des Verbandes, ehe er die Walferdinger Damen von Marina Antova übernahm. Nun zieht es Ben Angelsberg zurück zum Verband, wo er als rechte Hand von Damen-Nationaltrainer Fabio Aiuto fungieren und ab Mittwoch bei der Silver League am Rand stehen wird. Der Trainer blickt mit dem Tageblatt zurück auf seine Trainerkarriere.

Hineingerutscht
Als 2016 der Walferdinger Vorstand Angelsberg kontaktierte, ging es ihnen vor allem darum, die damalige Trainerin Marina Antova auf der Bank zu unterstützen. „Mein erster Einsatz war beim Challenge Cup gegen die Türkinnen aus Bursa“, erinnert sich Angelsberg. „Diese Zusammenarbeit ging dann über die ganze Saison. Als Marina schwanger wurde, bin ich dann auch in den Trainings eingesprungen. Der Draht zum Team baute sich schnell auf, sodass ich diese Stimmung bald nicht mehr missen wollte.“ Etwas kurios war damals das dritte Finalspiel gegen Diekirch. „Ich hätte es fast verpasst. Auf den letzten Sprung kam ich von einem Junggesellenabschied in die Halle, wo ich meinen ersten Titel als Trainer feiern konnte. Marina verlängerte ihren Vertrag nicht und ich durfte als Headcoach ran.“

Teambuilding
Angelsberg sei sich von Beginn an bewusst gewesen, dass ein Team nur gut sei, wenn es auch in schweren Zeiten zusammenhalte. Der Coach legte daher viel Wert darauf, dass die Spielerinnen neben dem Spielfeld Zeit miteinander verbrachten. „Jede vorgebrachte Idee, und war sie noch so verrückt, versuchten wir gleich umzusetzen. Wir spielten Wasserball gegen die Diekircher Polo-Mannschaft, erlernten die Basic Kicks des Teakwondo. Beim Crossfit und Outdoor Escape Game gingen wir an unsere Grenzen. Hier hat sich das wahre Temperament einiger Spielerinnen gezeigt. Im Nachhinein hat uns dieses Zusammenwachsen in verschiedenen Situationen sehr geholfen. Mehr als ein Titel würde wohl heute auf unserer Liste fehlen.“

Weg vom Amateurismus
Mit Raoul Jungers erhielt Angelsberg einen Assistenten im Trainerteam, der ihm bis zum Schluss treu sein sollte. Um noch professioneller arbeiten zu können, holte sich der Verein weitere Hilfen: „Ein Physiotherapeut nahm fortan auf der Bank Platz und wir leisteten uns einen Scout, der uns half, den Gegner zu analysieren. Eine Zusammenarbeit mit einem Fitness-Center wurde unterschrieben, der uns die Aufbauarbeit doch stark verbesserte.“ Schwierig gestaltete sich jedoch laut Angelsberg, neue Spielerinnen anzuwerben. „Es fehlte wohl noch an Vertrauen in das junge Trainerteam.“

Zufallszuwachs
„Einfach durch Glück“, wie Angelsberg sagt, habe der Verein dann die tschechische Profispielerin Hana Cubonova verpflichten können. „Über die Mutter einer Spielerin kamen wir in Kontakt mit ihr. Ihre Mutter arbeitete in Luxemburg und ebnete ihrer Tochter den Weg nach Walferdingen. So gelang uns durch Zufall, unser Team mit einer der markantesten Spielerinnen durch Mund-zu-Mund-Propaganda zu verstärken. Vom Temperament her sehr ruhig, profitierte die Mannschaft all die Jahre von ihrer Professionalität.“

Schönster Titel
Gerne erinnert sich Angelsberg an das Pokalfinale gegen Diekirch 2018 zurück. „Sie waren unser Hauptkonkurrent zu jener Zeit“, sagt er. „Bis dato stand ich als Spieler in nicht weniger als fünf Pokalfinalen, habe das Feld aber nie als Sieger verlassen können. Der Pokal und ich würden wohl nie Freunde werden, damit hatte ich mich schon abgefunden.“ Im Finale damals führte Walferdingen mit 2:1, doch der vierte Satz schien bereits verloren. „Liz Alliaume packte jedoch unbekannte Abwehrkompetenzen aus, wir wehrten drei Satzbälle ab, ehe der Gegner durch einen Angriff ins Aus uns doch noch zum Satz- und damit Matchsieg verhalf. Endlich durfte ich diesen verdammten Pokal in den Händen halten und hochstemmen.“

Pikanter Ausfall
Eine schwierige Zeit machte Angelsberg in der Saison 2018/19 durch, als kurz vor Ende der regulären Saison die beste Angreiferin des Teams Betty Hoffmann mit einem Bandscheibenvorfall ausfiel. „Mein erster Gedanke war, dass es das wohl wäre mit der Titelverteidigung. Daraus würde Diekirch sicher seinen Nutzen ziehen. Doch ich hatte mein Team wohl unterschätzt. Mit Lara Ernster und Liz Alliaume wurden zwei zurückgetretene Spielerinnen reaktiviert.“ Gegen Diekirch, der Favorit war, schien der erste Satz bei 18:24 bereits verloren. Doch dann kam Liz Beffort zum Aufschlag. „Was schier unmöglich schien, brachte sie fertig: Mit viel Mut zum Risiko und dem Temperament einer Furie hat diese ein Ass nach dem andern aufgeschlagen und drehte allein den Satz. Dies hat unserem Team so viel Aufschwung gegeben, dass wir das Spiel nun problemlos gewannen.“ Und diesen Elan nahmen die Spielerinnen mit ins Play-off, wo sie dem Favoriten nur noch einen Sieg im Best-of-three im Finale zugestanden. 

Die Spielerinnen hörten auf den Erfolgscoach
Die Spielerinnen hörten auf den Erfolgscoach Archivbild: Tageblatt/Wildson Alves

Bittere Tränen
Als „grausame Leistung in diesem wichtigen Spiel“ bezeichnet Angelsberg das Pokalfinale 2022 – eigentlich war der große Favorit aus Walferdingen auf dem Papier nicht zu schlagen. „Doch das Papier ist leider nicht immer so geduldig und diesmal sollte es uns erwischen. Nur einen Satz hatten wir bisher in der Saison verloren.“ Mamer erwischte einen sehr guten Tag – das erkennt auch Angelsberg an. „Mamer hat verdient gewonnen, sie haben sehr gut gespielt und waren sicher auch teilweise an unserer Leistung schuld. Nach dem Spiel war die Enttäuschung groß, der Hallenboden teilweise nass, denn es sind viele Tränen geflossen, bei beiden Teams. Leider waren die Freudentränen auf der falschen Seite.“

Enttäuschung in Wien
„Um eine Enttäuschung reicher wurden wir im Oktober 2021, als der saarländische Verein Holz uns keine Freigabe für unsere neue US-amerikanische Spielerin Amanda Brown gab und dies ohne nachvollziehbare Gründe“, erinnert sich Angelsberg. „Dadurch bekamen wir ihre Lizenz erst nach dem CEV-Challenge-Cup-Spiel gegen Post Wien. Ein klein wenig Entgegenkommen hätte uns vielleicht ein Weiterkommen in die zweite Runde ermöglicht, denn wir waren vom Niveau her sehr nah an den Österreicherinnen dran.“

Gedankenlos
Die fünf Jahre sind für Angelsberg jedoch nicht ohne selbstgeschaffene Probleme abgelaufen. „Ich muss mir an die eigene Nase fassen. Fassungslos steht man neben dem Feld, wenn der Schiedsrichter die Mannschaft kontrolliert und bestätigt, dass man sich auf dem Aufstellungszettel regelrecht verzettelt und die Stammformation total durcheinandergewürfelt hat. Ich hätte mich am liebsten in der Umkleide verkrochen. Natürlich verloren wir den Satz haushoch, das Spiel wurde jedoch gewonnen. Gott sei Dank ist mir dies nie in einem der wichtigen Spiele vorgekommen. Auch stand nie jemand ohne Pass oder Uniform am Flughafen, wenn wir zum Europapokal flogen. Dies wäre sicherlich schlimmer gewesen.“

Steckbrief

Name: Ben Angelsberg
Alter: 35
Vereine als Spieler: Diekirch, Walferdingen
Länderspiele als Spieler: 55
Titel als Spieler: Hallen-Meister 2013, Beach-Meister 2014, 2016, 2017
Vereine als Trainer: Walferdingen
Länderspiele als Trainer: Co-Trainer U19 Herren 2016-2018, Co-Trainer Damen seit 2022
Titel als Trainer: U19 SCA Herren 2018, U19 SCA Damen 2022, Walferdingen 5x Meister 2017-2019, 2021-2022, Walferdingen 3x Pokal 2017-2019